Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Hosterwitz
Marienbad, Donnerstag, 29. und Samstag, 31. Juli 1824 (2. Folge, Nr. 10)

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Ach! meine herzliebe Weibe, was hat mich dein lieber Brief No: 6 vom 21 und 23t huj: den ich Gestern Abend erhielt, betrübt und beunruhigt. Nein, das ist nicht auszustehen mit dieser Post Unordnung. ich schreibe dir regelmäßig alle 3te Tag. habe d: 16t No: 5., den 19t No: 6. d: 22t No. 7, d: 25t No. 8, und gestern früh d: 28t No: 9. an dich abgeschickt. wahrscheinlich bekömst du nun meine paar Briefe auf einmal, aber was hilft das, wenn man schon die Unruhe ausgestanden hat, über die man troz aller Vernunftgründe, doch niemals ganz Herr wird.      dazu komt nun noch die fatale HufGeschichte des HanselT, die unser ganzes schönes Projekt mit dem Abholen fast vereitelt; denn wenn du auch den Mayer allenfalls, der sicher ist, nimmst, so fällt doch der eigentliche Zwekk, einige Tage in Töplitz zu bleiben, und Parthien in die Gegend zu machen weg, da dieß mit fremden Pferden gar zu viel kosten würde, und wir eher später einmal 4-5 Tage dazu anwenden können.      der fatale unrichtige Gang der Briefe macht auch daß man sich gar nicht verständigen kann, weil ich nicht sicher bin, daß mich eine Antwort auf diesen hier noch trifft. ich bin ganz uneins mit mir, und konfus.      Mein Reisegesellschafter geht bis Dresden ich kann also die ganze Reise mit ihm machen.      das ist aber wieder ganz gegen die Regel und das was ich mir vorgenommen hatte.      So drey Tage hintereinander zu fahren, ist wieder so fatiguirend und erhizzend, daß ein Theil der guten Folgen der Kur vernichtet wird, und von der anderen Seite wird mich die Sehnsucht nach Euch und die daraus entspringende Ungeduld doch nicht ruhen laßen, und die Gelegenheit fest zu halten gebieten. kurz, ich bin rabiat! und cunziphunz — !! ich denke immer daß heute noch ein Brief von dir nachfolgen soll, der mich beruhigt und den Empfang der Meinigen anzeigt; denn du weißt wohl daß ich immer mehr [in] Angst um dich bin, als um mich. — — doch nun zu andern Dingen. Ich höre mit Vergnügen daß du mit den Leuten zufrieden bist. der Himmel erhalte uns diese Ruhe.      Glaub es gerne daß du dießmal mehr Geld brauchst. das laße aber ja deinen geringsten Kummer sein, du weißt das an nichts in der Welt mein Herz weniger hängt, als an diesem nothwendigen Uebel.      Schwarz will also künftiges Jahr wieder kommen?* Nun, kommt Zeit, kommt Rath. —  Mit deinem Kreuzweh bin ich gar nicht zufrieden. frage doch ja Weigl um Rath.      habe recht herzlich lachen müßen daß der kleine Schelm schon dein dikkes Baucherl bemerkt*, und freue mich unendlich daß er so munter überhaupt ist.

G’schicht dir schon recht daß du verdrüßlich warst über meine liebe grüne Stube, warum hast du nicht gefolgt. das wirst du noch oft hören müßen.      jezt muß ich ins Bad. guten Appetit ihr Vielgeliebten. Mir fehlt es nicht daran. |

d: 31t Gestern kam ich nicht dazu mit dir zu plaudern, mein geliebtes Herz. dachte immer es sollte ein Brief von dir kommen, es war aber nits. die Briefe die du mir schiktest waren von Gänsbacher und Biedenfelt. wie kamst du den[n] aber dazu? mir scheint du läßt sie dir zur Ansicht schikken, und behältst die Verdächtigen zurück.

Ey! Ey! Vorgestern Abend war ich bis 1/2 11 Uhr auf dem Ball beim Fürsten Lynar, wo es recht angenehm war. Gestern im Theater Preciosa! drükkend voll. — Nun! Scheußlich — das muß ich dir alles erzählen. dann Gestern Abend ein furchtbares Gewitter, wo der ganze Himmel immer im Feuer stand. da hab ich unaufhörlich an dich gedacht. an deine Angst, an das kleine ! ppp      Auf diesen Brief werde ich nun wohl keine Antwort mehr bekommen. es kommt freylich darauf an wann du ihn bekommst.      ich bin noch immer entschloßen d: 11t abzureisen.      Mein Reisegefährte scheint abspringen zu wollen. Meinetwegen. es giebt jezt immer Gelegenheiten, und ich nehme mir dann Zeit.      kann die Pferde Geschichte gar nicht vergeßen. das kann Monate dauern. — —  Biedenfeldt trägt mir an, ein Melodram, oder Oper, für ihr Theater* zu schreiben, oder ihm die Pintos zu überlaßen.      So viel hat die Kur noch nicht bewirkt, daß die geringste Arbeitslust in mir erwacht wäre. im Gegentheil; So sehr mich die Sehnsucht zu Euch zieht, so sehr graut mir vor dem mich erwartenden Joch.      Ich kann und mag mich also vor der Hand auf gar nichts einlaßen.      Gänsbachers Brief war vom 25t Juny, und sollte mir von der Gräfin Firmian gebracht werden. Er wußte da noch von nichts gewißem, und schikt den Kreditbrief zurükT. der Unglückliche; am Ende verrinnt all sein übergroßes Glük in Nichts.

Ich weiß gar nicht recht was ich thun soll. ob ich dich auffordern soll nach Töplitz zu kommen, oder nicht. weißt du was? thue was du willst, was dir Spaß macht, und nachdem du dich munter fühlst.      auf jeden Fall hoffe ich mit Gottes Hülfe d: 12 oder 13t in Töplitz zu sein.      Sage nur niemand wann ich komme. möchte gar zu gerne noch bis Ende August Ruhe haben.      Nun ade! ich weiß nichts mehr. will den Brief erst Nachmittag wegtragen, vielleicht komt noch was von dir. ach! ich bin grämlich — —

Nachmittag.      Brief ist keiner gekommen, also marsch! auf die Post. So Gott will schließt das volle Duzend die dießjährige Correspondenz zwischen uns. Wenn nur die Kur auch recht ordentliche Folgen hat, und ich meinen Husten, Kurzathmigkeit, und gereizten Neffen los werde. — Nun, wie Gott will! man hat doch dann das seinige gethan.

Gott segne dich mein innigst geliebtes Weib, und mein herzlieber Max. ich gebe Euch gute gute + + +, und Millionen gute Bußen. bald, bald sehe ich Euch wieder.      In treuster Liebe Euer Carl.

Grüße alle bestens.

Apparat

Zusammenfassung

klagt über unregelmäßigen Gang der Post und Schwierigkeit, Reisepläne abzustimmen, Privates, Bericht über Theaterleben in Marienbad; Auftrag von Biedenfeld, Oper oder Melodram zu schreiben: Gänsbacher in Schwierigkeiten; gesundheitliche Probleme Webers, Sehnsucht nach Familie und Klage über ausbleibende Arbeitslust

Incipit

Ach! meine herzliebe Weibe, was hat mich

Generalvermerk

Die hier fehlende Adressenseite ist vermutlich identisch mit dem Adressenfragment mit Poststempel vom 4. August 1824 aus Plauen.

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Verbleib unbekannt

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. ohne Adr.)
    • am linken Rand der Rectoseite Echtheitsvermerk von Max Maria von Weber: „Eigenhändiger Brief von | Carl Maria von Weber an seine | Gattin Caroline.      M. M. v. Weber K Sächs Staats Eisenbahn Direct

    Provenienz

    • Antiquariat Hans Schneider (1992)
    • Max Maria von Weber

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • vollst. Faks. als Beilage ohne Ü bei Guy de Charnacé: Lettres de Gluck et de Weber. publiées par M. L. Nohl. Traduites par Guy de Charnacé. Paris, Henri Plon, 1870
    • Kopie: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
      Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 182

      Quellenbeschreibung

      • Abschrift von unbekannter Hand

      Provenienz

      • Weber-Familiennachlass

Textkonstitution

Übertragung nach Faksimile

  • „… ich bis 1/2 11 Uhr“bis dreifach, Rest vierfach unterstrichen
  • „… Gestern im Theater Preciosa !“dreifach unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… also künftiges Jahr wieder kommen?“Schwarz der vom 6. bis 12. Juli am Dresdner Hoftheter gastiert hatte, kam erst im Juli 1826 erneut nach Dresden.
  • „… schon dein dikkes Baucherl bemerkt“Caroline von Weber war mit Alexander von Weber schwanger.
  • „… oder Oper, für ihr Theater“Gemeint ist das neu gegründete Königsstädtische Theater in Berlin, an dem Biedenfeld als Theatersekretär angestellt war.

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