Caroline von Weber und Gottlob Roth an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Montag, 27. März 1826

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erhalten London d: 8t Aprill 1826.
betw ----------- 11 --------------
durch No 18.

Mein innig geliebter Carl!      heute wäre also der bestimte GeburtsTag des Oberon? trotz dem daß ich weiß, er ist heute nicht, habe ich doch diesen Tag mit einer heiligen Scheu angefangen, und recht herzlich für den guten Erfolg der Oper gebetet[.] Du schreibst mir nicht wann nun die Aufführung bestimt ist? willst Du mich in Ungewißheit laßen, oder weist Du es selbst noch nicht? Auch ob ich die Partitur wirklich dem Schlesinger schiken soll hast Du mir nicht geschrieben*, und ich gebe sie natürlich nicht ehr her als bis Du es mir befielst. Je öfter ich Deine beiden lieben Briefe lese, je mehr sehe ich, wie durch und durch meine arme Männe betrübt war als er sie schrieb. Verdenken kann ich Dir’s nicht mein Leben, aber bitte bitte laß den Muth nicht sinken, der liebe Gott wird diese Leidens Periode gnädig an uns vorüber führen. Ich will mich nicht von Deiner Betrübniß ansteken laßen, sondern die errungene Hoffnung fest halten[.] Nichts ist vollkomen auf der Welt, und jeder muß sein Pündel Sorgen tragen. — Also die Austern sind so gar gut? ey da muß ich des guten Herrn Smarts Einladung nach England mit zu gehen wohl annehmen, blos der Austern wegen. Aber glaube mir wenn sie Dir schmeken habe ich den grösten G[e]nuß davon.      Der saubere Herr Wolf! hast Du ihn denn nicht zur Thür hinaus geworfen? Die Unverschämtheit geht doch gar zu weit.      ja ja! Das Wäschen mögte ich wohl sehen, wenn’s schon der Männe gefällt muß es hübsch sein. Auf die Zeichnung von Costüm der Elfen freue ich mich recht, nach der Beschreibung muß es gar lieb sein. uiberhaupt mögte ich wohl auf ein paar Stunden in London sein, wenn es los geht, villeicht wäre ich dann bald meiner Sorge überhoben wenn Du mir nur schriebst, ob Du glaubst daß es gut gehen wird, dem Feldherrnblik kann man schon vertraun. Von dem Herrn der den Oberon macht, hast Du mir noch kein Wort geschrieben, wird er gut sein? nun in Deinen nächsten Briefen werde ich darüber schon mehr lesen. Dein Auftrag an Dr Engelhard soll gleich besorgt werden*. stichle nur nicht auf meine schöne Handschrift, Du siehst ich gebe mir alle Mühe Dich zu beschämen, auch ist meine Hand wieder gut, so daß sich die Schrift […] in all ihrer Schönheit entfalten kann. Nicht wahr Alter Du bist doch froh wenn Du die Hünerfüße siehst? Ich hätte mir auch nicht getraut heute wieder zu schreiben wenn ich das nicht dürfte. Schon meinen gestrichen Brief hätte ich auf diesen Bogen schreiben sollen den mir der gute Rothe beschrieben zuschikte aber er kam zu spät ich hatte schon Abe[n]ds vorher geschrieben die Unpäßlichkeit die Rothe erwähnt, ist natürlich der Husten bey den guten Leuten wird gleich alles hoch genomen. | herzlich froh bin ich aber das unser Freund wieder auf den Beinen ist. Gester[n] hatte ich große Mittag Gesellschaft. Kellers Humel Hauptman Fräuleins. wir waren recht heiter und haben um die Zeit Deines Frühstüks Deine Gesundheit getrunken. Humel scheint nicht ganz frey von Neide zu sein, über die Ehre die Dir in Londen wiederfährt, wenigstens wollen es die Andern bemerkt haben, es wird wohl außer ihm noch Manche geben die dies Gefühl theilen. Kaßkel kam auch gester[n] her, und theilte herzlich meine Freude. Daß Du seiner so herzlich in Deinen Brief erwähnst machte ihn ganz glüklich. Bey der Lüttigau war ich wegen den Tafft, traf sie aber nicht zu haus, morgen will ich noch einmal hin gehen. haben Dich die Engländer schon besucht die Dir Grüße von Kari bringen? ich hätte ihnen gern Briefe mitgegeben, aber es ging gar so schnell.      In diesen nächsten 14 Tagen werde ich wohl meinen kleinen Lex entwöhnen, denn bey Marie stellen sich Zeichen ein, die es nöthig machen Ich freue mich nicht grade drauf. Da werde ich wohl auch einige Zeit auf Englische Weise leben, nehmlich des Nachts.

Wohl hast du Recht mein Carl daß es ein großes Glük für eine Frau ist eine so gute Männe zu haben, bey dem sie in Freud und Leid Rath, Trost, und Hülfe findet. Die Einsamkeit und Hülflosigkeit ist unentlich peinlich.      Nun muß ich noch raportieren wie ich meine Finanz Minister Stelle verwaltet habe. Die Sicherheit die ich erhielt ist nehmlich folgende: Ich bekam als Pfand zwey Tausend funf hundert Thaler in Statspapiren mit der Erlaubniß nach abgelaufenem Termin selbe verkaufen zu können, wenn sie nicht eingelöst werden und sollte an der Sume dann noch etwas fehlen eine Verschreibung auf ein Haus was 18000 Thaler werth ist. Ich denke daß ist sicher, auch würde mir Engelhardt nicht dazu gerathen haben, wenn es nicht wo wäre, denn das ist ein Sicherheits Comissarius.      Von Ballabene habe ich wegen der Zinsen noch keine Antwort — villeicht macht es sich aber doch noch.      Wenn Du so viel verdintest daß Du nun ruhig sein willst so wird mich diese Reise doppelt glüklich machen. Denn dann habe ich die Aussicht Dich sobald nicht wieder an eine Reise, oder an die Arbeit denken zu sehen. |

Abends. Ich wurde heut morgen von vielen Besuchen abgehalten weiter zu schreiben, bin aber nun den ganzen Abend recht kindisch gewesen[.] Ich weiß nun daß der Oberon nicht ist, aber habe den ganzen Abend eine Art Fieber gehabt. Nicht wahr die Mukin ist recht dumm? Wie sichtlich der Liebe Gott uns beschützt davon habe ich erst heute wieder eine Probe gehabt. Wir spielten Karten, und Gott weiß wie eine weiße Bohne unter die Marken kömt. Max sieht sie, und bettelt darum, sie in seine Kaufmanns Bude zu thun, ich gebe sie ihm mit der Warnung sie ja nicht in Mund zu nehmen. über ein Weilchen ruft er mich, und deutet in Angst auf seine Nase da sehe ich nur noch ein kleines spitzchen der Bohne heraus guken. Die Zahlhaas krigt gleich vor [Sch]rek Krämpfe, aber gott lob! Ich hatte so viel Gegenwarth des Geistes ihm gleich oben die Nase zu zu halten damit er sie nicht höher schnupft, und mit einer Haarnadel machte ich sie nach und nach heraus. Du kanst denken wie ich erschroken war, aber trotz meiner Freude über den guten Ausgang, habe ich doch den Max tüchtig durchgeprügeld so weh es mir that. Einen Denkzettel muste er haben. Wie danke ich Gott daß es so gut abgelaufen ist! Das Intermezo hat mich auch ein bischen von der Angst um die Oper abgebracht. Jetzt ists halb 10 Uhr und es wäre nun überstand[en] ich wünschte es um Deinetwillen. Wenn dieser Brief zu Dir kömt [ist] das Loos gefallen — nun gott wird alles zum Guten lenken[.]

Böttiger, Winkler, pp alle laßen herzlich grüßen. Mit Tiek geht es beßer aber er kann noch nicht aus gehen. Nostitz schikt fleisig sich nach Dir zu erkundigen, überhaupt ist die Theilnahme Allgemein[,] hier geht das Gerücht wir hätten bey Ballabene 20000 Thaler verlohren Du kanst daraus schließen für wie reich uns die Leute halten nun meintwegen! Wenn die Männe gesund ist, dann bin ich auch überschwänglich reich. Wenn ich jetzt noch recht bitte Dich ja zu schonen, so ist es wohl schon fast z[u spä]t, denn das Meiste ist gethan wenn Du diese Zeilen liest aber könnte ich doch an ihrer Stelle zu dir reisen! ich sollte es wohl eigendlich nicht sagen daß ich mich unentlich nach Dir sehne, um dich nicht etwa zu treiben; aber wenn ich’s  auch nicht sage, Du weist’s doch, nicht wahr Alter? Laß Dich nur ja nicht gleich wieder engagieren bitte bitte! Denke an Dich an uns, und daß es die höchste Zeit ist nun auch das Leben einmal ruhig zu genißen.

Herzens liebe Männe ich beschwöre Dich binde Dich nicht wieder an eine gewiße Zeit, und sey nicht bös daß ich so zudringlich bettle, ich meine es so gut, ich habe ja nichts auf der Welt als Dich und die Kinder, erhalte Dich uns, durch Ruhe und Schonung. Gott segne Dich +++ 1000 Küße von Deiner Lina.

[Brief von Gottlob Roth an Weber:]

Hochwohlgeborner Hochverehrter Herr KapellMeister!

Ew: Hochwohlgeboren sind glüklich in London angekommen; sind mit einem Enthusiasmus empfangen worden, der Kaiser und Könige beglücken würde; was bliebe mir wohl noch zu wünschen übrig, als Augenzeuge Ihrer Triumphe seyn zu können, so aber sitze ich hier zwischen 4 Mauern, und würde mich doppelt unglüklich fühlen, wenn ich Hochdero theure Familie nicht so nahe hätte, welche ich so bald es die Witterung erlaubt besuche, und mich an ihrem Anblick  erfreue. Beinahe wäre ich vom Kopf bis zu den Füßen zu Waßer geworden, doch jetzt ist Alles bis auf wenige Spuren verschwunden, und nur des Abends am Pedale zu bemerken. Noch konnte ich für Hochdero herzlichen Theilnahme und für das tröstende und wohlthuende Gefühl welches mir Ihre Gegenwart bei meinem Krankenlager gewährte*, Ihnen meinen innigsten Dank nicht sagen, und schon bin ich im Begriff meine Schuld zu vergrößern, in so fern ich die von Ihnen mir so liebevoll angetragene Sommerwohnung zu Hosterwitz während Ihrer Abwesenheit förmlich in Besitz nehmen werde. Ich erwarte zwar von der Landluft sehr wohlthätige Folgen, aber nur dann wenn ich Sie nach vollendeter Reise recht wohl und beglükt begrüßen kann, werde ich erst völlig wieder aufleben.      Sehr gern hätte ich mir als ehrlicher Hausspion eine Belohnung bei Ihnen erworben; die Gnädige Frau sind mir aber, wie ich bemerkt habe, mit selbsteigener Meldung Ihrer gehabten Unpäßlichkeit zuvorgekommen und haben mir so meinen zu hoffenden Gewinn entzogen. Doch was zu loben ist, muß gepriesen werden, Hochdero Frau Gemahlin zeigt sich gegenwärtig viel standhafter als ehedem; Max und Alexander waren immer recht munter und wohl, und sind es den Himmel sey Dank noch gegenwärtig. Sie, Hochverehrten nicht länger von Ihren gewiß sehr dringenden Geschäften abzuhalten, würde ich nun schweigen, wenn ich Ihnen nicht die Ankunft des H. KapellMstrs Hummel, welcher am 2t Osterfeiertag bei Hofe spielen wird; vor allem aber die freudige Theilnahme meiner H. Collegen, an die Ihnen von allen Nationen dargebrachten Huldigungen, zu berichten hätte,und meinerseits gehorsamst bitten mögte; meinen lieben Freund Fürstenau recht herzlich von mir und den Meinigen so auch von seinen H. Collegen zu grüßen, Ihm meinen verbindlichsten Dank für sein liebes Andenken zu sagen, und die dringenste Bitte hinzuzufügen, uns ja recht bald mit neuen erfreulichen Nachrichten zu beglücken. Fortuna und der rauschenteste Beifall wird Ihn wo er sich nur zeigt dafür belohnen, schon hoffe ich wird er die Beweise meiner richtigen Prophezeihung in beider Gestalt empfangen haben. Mein Bruder ist statt meiner bei Mdme Fürstenau gewesen; Mutter und Kind befinden sich recht wohl. Sollten die Briefe der H: K. – und P. noch nicht abgegeben worden seyn, so dürfen sie nur nach der gegenwärtigen Residenz des Königs, zu Windsor adreßirt werden. Begebenheiten von einigem Intereße haben sich Hier nicht ereignet. Freund Fürstenau lebe recht gesund und wohl! er vergeße mich nicht! ich werde Ihn auch recht lieb haben.

Sie Hochverehrter Herr KapellMeister beschütze und erhalte der Höchste, und führe Sie recht bald und vollkommen gestärkt in den Kreis der Ihrigen zurük! Empfangen Sie geneigtest meine und meiner Anverwandten freundlichste Begrüßungen nebst den herzlichsten Wünschen für Hochdero Wohlergehen, so wie die erneuerte Versicherung der höchsten Verehrung und unveränderlichen Liebe des Ew: Hochwohlgeborn
treu ergeben[e]r
Roth.

Editorial

Summary

ist in Unruhe über den verschobenen Premierentermin, fragt nach den Sängern; hat Gäste gehabt; Geldangelegenheiten; darauf Geschichte von der Bohne, die sich Max in die Nase gesteckt hat, und Tratsch

Incipit

heute wäre also der bestimte Geburts Tag des Oberon?

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. Caroline von Weber 10

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
    • Siegelspur
    • PSt: F P O | A P - 8 | 1826
    • auf Bl. 2v Nachschrift von Gottlob Roth

Text Constitution

  • “[…]”deleted text illegible
  • S“s” overwritten with “S
  • “herzlich”crossed out
  • bringen“brachten” crossed out and replaced with “bringen
  • T“D” overwritten with “T
  • “Sch”supplied by the editors
  • “en”supplied by the editors
  • “ist”supplied by the editors
  • “u spä”supplied by the editors
  • “… wieder engagieren bitte bitte !”vierfach unterstrichen
  • “haben”added above
  • “… dargebrachten Huldigungen, zu berichten hätte”Text der Rothe-Nachschrift bis hier am unteren Rand der Adressenseite, Fortsetzung am oberen Rand
  • “… ergeben e r Roth .”Brief von Roth auf Bl. 2v links und rechts von der Adresse

Commentary

  • “Auch ob ich … mir nicht geschrieben”Vgl. Brief von Weber an Caroline vom 6. bis 7. April 1826.
  • “… Engelhard soll gleich besorgt werden”Engelhardt verfasste auf Webers Wunsch hin (vgl. seinem Brief vom 12. März 1826 an die Ehefrau) den Brief nach Darmstadt mit der Bitte um die Erteilung eines Verlagsprivilegiums für den Oberon für Hessen-Darmstadt.
  • “… Gegenwart bei meinem Krankenlager gewährte”Im Tagebuch sind vier Krankenbesuche Webers vor seiner Abreise nach London (16. Februar) erwähnt: am 18. Januar sowie 9., 11. und 12. Februar 1826.

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