Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: 27. September bis 7. Oktober 1818
Am 27. Sept. Der Schutzgeist.
Am 29. Der Freimaurer.
Hierauf: Hedwig, die Banditenbraut. Dem. Vohs, Mitglied des Theaters zu Augsburg, gab als Gast die Hauptrolle. Schon als Tochter unserer verdienstvollen Werdy, war sie uns herzlich willkommen, sie zeigte aber auch in ihrem Spiele viele gute Anlagen, die besonders in der Scene des 3ten Akts, wo sie Rudolf von seinem Mordvorhaben mit inniger Beredsamkeit zurückzubringen strebt, recht lebendig hervortraten und rauschend anerkannt wurden.
Am 3. October. Paolo e Virginia.
Am 4. Kabale und Liebe. Unser Gast gab die Rolle der Luise, über deren große Schwierigkeiten wir uns nur auf das zu beziehen brauchen, was der so tiefe Kritiker, dem auch diese Blätter manchen gediegenen Aufsatz verdanken, in dem Taschenbuche Minerva für 1819, bei Gelegenheit der Kupfer zu diesem Trauerspiele, welche den gedachten Jahrgang schmücken, gesagt hat. Dem. Vohs verdiente und erwarb sich besonders in der Scene mit der Milford im 4ten Akt, wo auch das treffliche Spiel von Mad. Hartwig in dieser Rolle sie sichtbar erwärmte, lebhaften Beifall, und löste die ganze Aufgabe auf eine für sie herzlich einnehmende Weise.
Am 6. Zum erstenmale: Die böhmischen Amazonen. Romant. Gemälde in 4 Akten, von van der Velde.
Die Leser dieser Blätter kennen den geehrten Verfasser als einen der hinreißendsten Erzähler. Um so gespannter waren wir daher auf die Entwickelung eines neuen Talents im dramatischen Fache. Es schien aber kaum, als ob das Publikum gleiche Vorliebe mitgebracht hätte, denn es legte einen ziemlich strengen Maßstab an diesen ersten Versuch. Zu läugnen ist es allerdings nicht, daß der Dichter ein sehr schwieriges Süjet zur Grundlage seines Drama’s wählte. Das Weib ist das Symbol der Milde und Zartheit, das Schwert nur in der Hand des Mannes am rechten Orte. Liebe zum Geliebten oder Gatten und zu seinem Kinde die schönste Mitgabe der Jungfrau und dann der Hausfrau. Heraustretend aus diesem Erbtheile legt das Weib seine schöne Eigenthümlichkeit ab, und schreitet, ein Zwittergeschöpf, über, in ein Gebiet, wo es sich nie seiner selbst angemessen bewegen, nur Widerwillen und Verdammung erwarten kann. Und doch baute der Verf. die ganze Fabel seines Stücks auf diese Grundzüge. Was als Erzählung interessirt haben würde, konnte es deshalb nicht auf der Bühne, weil diese ¦ außen das lebendige Bild feststehend aufstellt, während jene fortschreitend es nach und nach entstehen läßt, und nur im Innern es nach der Individualität jedes Lesens greller oder gemilderter bildet. Es ließ sich mit diesem Stoffe nichts zweckmäßiges für das Drama beginnen, als ihn komisch behandeln, parodiren, und dadurch das Empörende des Mannweibes, in den Neckereien des Komus sich als recht ergötzliches Zerrbild zu Warnung und Erbauung umgestalten zu lassen, und fast scheint es, als habe der Dichter der Amazonen dies auch gefühlt, indem er in der Kascha die lustige Seite dieser geharnischten Weiber, und wir dürfen wohl sagen, gar trefflich angedeutet hat, auch mit eben so vielem wahren Humor am Schlusse – der gewiß zu den vorzüglichern und ungewöhnlichern dadurch gehört – dem Knaben Domaslaw den ihm zur Ungebühr beschiedenen Rocken einer der Heldinnen nach der andern anbieten läßt, bis er zuletzt höchst bedeutsam in den Händen der früherhin wüthendsten, der männertödtenden Sarka bleibt. Aber eben durch dieses Einmischen des Komischen in die sonst heroische Handlung, und zwar vom ersten Moment des Stücks an, wo sich Kascha sehr lustig beim Säbelputzen in die Finger schneidet, machte nun auch der Dichter das Publikum gewissermaßen ungewiß, ob er die ganze Sache ernsthaft oder komisch gemeint habe, und da man in der Regel leichter im Ernst das Scherzhafte auffaßt, als umgekehrt, so fühlten sich auch die Zuschauer mehr geneigt, das Ganze, selbst in seinen wahr gemeinten Stellen, für Parodie zu nehmen, und also auch eben da zu lächeln, wo es der Dichter recht ernst genommen hatte, namentlich in der wohl etwas zu langen Unterredung Sarka’s mit Raspo, die doch aber auch auf der andern Seite wieder nicht lang genug ist, um das Fortschreiten der völligen Gemüthsumstimmung der erstern ganz ins Klare zu stellen. Ein Vorzug, den wieder die Erzählung vor dem Drama hat, weil sie frei in der Zeit ist.
Was die Darstellung selbst betrifft, so ward sie von den Darstellenden mit Fleiß und Aufmerksamkeit ausgeführt. Die Kostüm’s waren recht gut gewählt, nur wären auch den Rittern Schilde zu wünschen gewesen.
Hierauf folgten die Vier Jahreszeiten, mit der von Herrn Werdy in der Rolle des Winter gewohnten Virtuosität gegeben.
Am 7. October. Zum erstenmale: Der Verräther. Lustspiel in 1 Akt, von Hollbein. Dem. Vohs gab das Clärchen.
Sodann: L’inganno felice. Musik von Rossini.
Editorial
Summary
Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: 27. September bis 7. Oktober 1818, dabei besonders über “Die böhmischen Amazonen” von van der Velde
Creation
–
Responsibilities
- Übertragung
- Albrecht, Christoph; Fukerider, Andreas
Tradition
-
Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 2, Nr. 249 (19. Oktober 1818), f 2v