## Title: Carl Baermann sen. an Friedrich Wilhelm Jähns. München, Donnerstag, 9. Oktober 1879 ## Author: Baermann, Carl sen. ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A044169 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Mein lieber Herzensfreund! Recht erfreut war ich von Ihnen wieder Nachricht erhalten zu haben, und doppelt erfreut als dieselbe was Ihre liebe geehrte Familie betrifft so sehr erfreulich für Ihr Vaterherz sein muß, und daß auch was Sie selbst betrifft im Ganzen genommen doch der Art ist, daß man Gott nicht genug danken kann Sie lieber Freund noch so geistig frisch u. rüstig zu sehen. Sie schreiben mir zu meiner großen und aufrichtigsten Freude, daß Sie nichts hindert Ihre so hochverdienten Arbeiten fortzuführen u. so Gott will auch glücklich zu vollenden; um wie viel glücklicher sind Sie als ich, der ich mich fast von allen aufregenden u. anstrengenden Arbeiten seit längerer Zeit schon enthalten muß, und höchstens einmal Kleinigkeiten zusammenpfusche. Doch laßen wir diese traurigen Erörterungen meiner Leiden die weder für Sie erfreulich noch für mich besonders erheiternd sind, und die ich eben in Geduld u. Ergebung hinnehmen muß, weil es eben doch nicht zu ändern ist. – Was meine Familie betrifft so befindet sich, einen einzigen sehr traurigen Fall ausgenommen, alles wohl u. gesund. Meine Tochter Therese hat nämlich vor 2 Monaten ihr allerliebstes Töchterchen Johanna 3 ½ Jahr alt an der Dyphterie verloren, worüber sie bis jetzt noch ganz untröstlich ist. Das Dämonische dabei ist, daß Therese mit Johannchen vorher 6 Wochen bei meiner Tochter Fany auf Besuch war, und 14 Tage nach ihrer Rückkunft von dieser scheußlichen Krankheit befallen wurde. Da diese Krankheit sehr ansteckend ist, so hab ich gleich die ganze Obermayersche Familie in mein Haus genommen bis ihre Wohnung gehörig ausgereinigt wurde, u. Gottlob ist bis heute alles gut geblieben. Was Sie über das Textbuch von Peter Schmoll geschrieben haben ist wohl sehr interressant, doch glauben Sie wirklich daß diese Oper in München 1802 gegeben wurde? Ich konnte nichts hierüber erfahren, ja man behauptet sogar das Gegentheil, u. ich glaube fast, daß das Textbuch nur in München gedruckt, u. die Oper in Augsburg gegeben wurde. Da es Sie interressirt zu wißen ob das Thema Adagio 2/4 Tackt As dur in der Lachner'schen Suite von ihm selbst ist, so bin ich gestern zu Lachner selbst gegangen u. ließ ihn Ihren Brief lesen, worüber er sehr erfreut war und mich ersuchte,: Ihnen ausdrücklich seine Freude u. seinen besten Dank mitzutheilen, für die rege Theilnahme die Sie seinen Werken schenken, denn die verzeihliche Schwäche haben wir doch Alle, daß es uns erfreut wenn wir mit unseren Funken im Herzen Feuer anblasen können, Nicht wahr? Um aber wieder auf das Thema zu kommen, so ist dasselbe einem Lied entnom[m]en, welches Lachner zu Heines Dichtung „Das Königskind“ (: so glaube ich heißt das Lied :) componirt hat, und bei der Ausgabe der „Suite“ vergeßen wurde zu bemerken. Nun lieber bester Freund leben Sie wohl und Gott erhalte Sie noch recht lange so frisch u. kräftig zur Freude Ihrer hochverehrten Familie, welche ich bestens zu grüßen bitte, und zur Freude Ihrer zahlreichen Freunde u. Verehrer und zur ganz besonderen Freude Ihres alten treuen Freundes Carl Baermann senior Blumenstraße 5/1 München den 9t Ocktbr. 1879 Verzeihen Sie das schlechte Geschreibsel heute, allein ich hatte eine schlaflose Nacht und bin ziemlich dämlich davon.