## Title: Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London. Hosterwitz, Samstag, 20. Mai 1826 ## Author: Weber, Caroline von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A042786 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ To charles Maria v. Weber No 91 Portland Street. Portland Place. by Sir george Smart per Hollande London erhalten London d: 29t May btw ----------------- 30. 1826 durch No: 32. No 25 den 20ten May. morgens Schon wieder ein Brief? wird mein Alter sagen, gewiß was Wichtiges! Aber damit ists nichts — will mir nur einen guten Tag machen, weil unser grüner Winter uns alle in die geheitzten Stuben bannt und wir alle anfangen recht vertrißlich zu werden. Wenn ich aber mit meiner guten Männe plaudere dann mags drausen imerhin graublen und stürmen. Vorgestern brachte ich meinen Brief selbst in die Stadt weil unser Rothe ohnehin hinein muste weil das Jubeleum des alten Listing gefeyert wurde, und die Kapelle ihm ein Fest gab. Die Herrn hatten auch zusamengeschoßen und einen silbernen Becher machen laßen (für 20 Thaler) Ich hatte im Sinn in Deinen Nahmen den alten Herrn eine Taße zu schiken, aber Rothe redete es mir aus: Du könntest das imer noch thun wenn Du wolltest, meinte er. Ich wäre nicht so ängstlich gewesen und hätte auf Deine Güte hin gesündigt — bey Tische soll es sehr lustig zugegangen sein, für das Eßen bezahlte die Person 1 Thaler 4 groschen ohne Wein. Herr Hunt hatte die Speisen bestellt und ich denke: er hat auch am meisten davon gegeßen. Die Gesundheit der Herrn Kapellmeister wurde natürlich getrunken, und Dir eine glükliche Rükkehr gewünscht. bey der Lüttigau war ich auch. Die war recht herzlich, und  freute sich sehr über alles Gute was Dir wiederfährt. Sie grüßt Dich herzlich. von da ging ich zu Tieks, wo viel vom Theater geplaudert wurde, besonderst von Marschners Heyraths Geschichte. Mell Wollbrük hat die Mirah gesungen, und wäre beynah ausgepocht worden. Die Leute fürchten Herr Marschner wird es durchsetzen seine Braut hier zu engagieren darum sind sie doppelt strenge gegen Mell Wollbrük die ihnen villeicht nicht so sehr mißfallen hätte, wenn Marschner nicht so gehaßt wäre. In 4 Wochen soll schon Hochzeit sein —. Beker hat für Devrient den Max im Wallenstein gespielt und hat ganz mißfallen, die Gley machte die Tekla — scheußlich. ein paar Tage später, nach Devrie[n]ts Zurükkunft, wurde Tell gegeben, und Dewrient wurde empfangen | und jede Rede ihm applaudiert. Tiek hat den Leuten durch seinen Haß den besten Dienst geleistet, und ich denke, wenn die Lieblinge sehen, was seine Gunst ihnen beim Publicum schadet, werden sie bald abspringen Es ist einzig wie alle Welt auf Tiek erbittert ist. Nächste Woche wollen sie mich hier besuchen, auch die Fürstenau und Kellers werden komen — kurz an Abwechslung fehlt es mir trotz allen üblen Wetter nicht. Die arme Fürstenau hatte gestern recht sicher auf einen Brief von ihren Mann gerechnet, sie ist noch immer besorgt wegen seiner Unpäßlichkeit, ich bin nun schon gewöhnt nur alle 8 Tage Briefe zu bekomen, und habe mich in mein Schiksal ergeben —. Ich weiß gar nicht was sie auf den Posten mit unsern Briefen machen; die letzten 2 sind dem Winkler mit dem Paquet von Dir von Hamburg aus zugeschikt worden — darum habe ich auch so lange warten müßen. Schon deßwegen, weil die Briefe so unortendlich komen darfst Du nicht wieder nach England gehen, es ist gar so peinlich wenn man mit dieser unentlichen Sehnsucht so lange zappeln muß. Wenn nur meine gute Männe nicht bös auf mich ist! habe die ganze Nacht gegrübelt, ob ich Recht gethan habe Dir von meiner Unpäßlichkeit zu schreiben — nun hilft es aber nichts mehr: (der Bauer ist mit dem unterthänigen Sespekt zum Teufel) vorgestern habe ich in der Stadt bey den Fräuleins gegeßen — na, das war nicht extra! zum nächstenmal bin ich bey Kellers oder Tieks. Der Herr Hauptmann läß[t] gehorsamst erinnern, an die Samerey. Er verspricht sich viel Freude davon. daß er Dich herzlich grüßen läßt, versteht sich. Kanst Du den guten Kellers nicht eine Kleinigkeit mitbringen? nur ganz wenig, aber doch ein Andenken aus Londen. | Wenn ich bedenke daß dieser nichtssagende Brief einen spezies Thaler kosten soll, so mögte ich ihn wohl lieber nicht abschiken, aber dann denke ich wieder, das Dir ein Lebens, und Gesundheits Zeichen eben so lieb ist als mir, und Du das Geld gern giebst. Ist es aber wohl erhört daß mir am 20 May beym Schreiben die Finger erstarren vor Kälte? ach man mögte tesperat werden! — Eben war Schmidel da, er grüßt Dich bestens, und versicherte mich, mit der grösten Wichtigkeit: Daß der König oft sehr theilnehmend von Dir spräche — Es mögte ihm sonderbar vorkomen daß ich daß so ohne Theilnahme hin nahm und nur — so! darauf antwortete. Gleich darauf erzählte ich ihm Deinen Empfang im Theater, da machte er ein recht dumm Gesicht —, ja die guten Leute denken wunder wie wichtig so ein paar Worte von ihrem Gott sind, aber ich mache mir auch gar nichts draus. Du erzeichst ihm Ehre ihm zu dienen, er kann Dich nicht mehr ehren, als Du es schon von der ganzen Welt bist. Die Mutter hat mir auch wieder geschrieben, daß sie vom Tanzi nichts geerbt hätten als, eine alte Tante die Louis nun auch ernähren muß. Die Mutter ist einmal darüber wieder trostlos, denn die alte Person soll ein Teufel sein, und hälts mit Lenchen — ach man hat doch lauter Sorgen! Die werden nie zufrieden sein. Hat die Mutter ihr Geld noch nicht zu bekomen? — doch das wirst Du schon schreiben. — So behüte Dich denn Gott mein Theures Leben. behalte mich lieb. Die Kinder küßen Dir die Hand. Ich umarme Dich innig. ewig Deine Treue Dich unentlich liebende Lina. Rothe und alle Bekante grüßen Dich.