## Title: Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Dresden, erhalten Mittwoch, 14. August 1833 ## Author: Weber, Caroline von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A046100 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Dem Herrn Herrn Fried. Wilhelm Jähns Wohlgeboren in Berlin. Lieber Jähns! Erst vor ein paar Tagen habe ich mein liebes Loschwitz verlassen, und so wenig mir auch die Sonne da gelacht, so war es doch nur die Nothwendigkeit, wegen dem Unterricht der Kinder, die mich von meinen lieben Sorgenfrey herrein treiben konnte. Ein paar Tage vor meinem Ausfluch aufs Land, erhielt ich Ihren Brief mit dem freundlichen Erbieten; ich ging zu Winkler (als dem neuen Vormund der Kinder, dem Dichter der Oper, und Meyerbeers persönlicher Freund) um seine Meinung zu hören. Ich theilte ihm Ihren Wunsch, die Oper zu beenden, mit, ohne jedoch Ihren Namen zu nennen. Er stimmte dafür, erst noch einmal Meyerbeers letzte Entschliessung abzuwarten, die auf eine, etwas derbe Anfrage, von ihm, erfolgen müsste, und dann über die Oper weiter zu verfügen. Kaum hier angekommen höre ich nun „Meyerbeer habe sich schriftlich verbindlich gemacht, nach Beendigung der Oper welche er jetzt für Paris schreibe, sogleich die Pintos zu vollenden, und sie selbst in Dresden in Scene zu setzen[“] —. Nach dieser Erklärung wäre es unmöglich gewesen ihm die Oper zu nehmen, und glauben Sie mir lieber Freund, es ist für Sie um so besser. Diese Oper zu beenden ist eine höchst gefährliche, und undankbare Arbeit bey der ein junger Componist sich keinen Ruhm erwerben kann. Denn, gefällt sie, so bleibt, in den Augen der Menge, dem Weber das Verdienst, und gefällt sie nicht, so trügen gewiss nur Sie die Schult. Drum lassen Sie es sich lieb sein dass der Himmel es so gefügt, und dass Sie nicht durch so einen Gewaldtstreich auf die Heissen Bretter geschleudert wurden, auf denen schon mancher den wohl erworbenen Ruhm verlohr. Bauen Sie langsam, lieber Jähns, aber sicher. Ohne ein starkes Funtament steht kein grosses Gebäude. Machen Sie die Welt erst mit Ihrem Namen recht vertraut, ehe Sie das klippenvolle Meer der Oper durchschiffen; setzen Sie nicht alles auf eine Karte. Ich erlaube mir lieber Freund so mit Ihnen zu sprechen, weil eine langjährige Erfahrung mir zur Seite steht, und weil ich innigen Antheil an Ihnen nehme als Künstler, und als Mensch. O könnten Sie dies Alles aus Webers Munde hören! und noch Vieles, was nur der Künstler vom Meister gern hört und annimmt. — Doch aus dem Munde der mütterlichen Freundin werden die wenigen, so gut gemeinten Warnungs-Worte keinen Stachel haben, und den Weg zu Ihrem Herzen finden wenn ich Sie nicht verkannte, und das glaube ich nicht. Schreiben Sie mir bald, ich werde daraus sehen ob ich Recht oder Unrecht habe. Die Kinder, Mariannchen, die wieder bey mir ist, Brauer, und Rothe grüssen Sie herzlich. Wir sprechen recht oft von Ihnen, und beneiden Sie manchmal um Ihren frohen Lebensmuth. Bey uns geht alles seinen stillen und einförmigen Gang. Die Kinder waren in Loschwitz, in ihren Gott vergnügt, und das Schulgehen will noch gar nicht schmecken. Auch mich drückt die Luft, und ich sehne mich wieder hinaus auf den lieben Berg. Ach wie schade dass Sie das liebe Häuschen mit seiner herrlichen Aussicht nicht gesehen haben! Nun vielleicht kommen Sie noch einmal zu uns, und dann soll es unser erster Gang sein. Wahrscheinlich werde ich wohl nun aber erst in Ihre Heimath kommen, denn ich sehne mich gar zu sehr den guten Lichtenstein zu sehen, und ihm meine Kinder zu bringen dass ich seine Meinung höre, über ihre Fähigkeiten und ihren Charakter. Es sind hier viele brave Männer von Verstand und Einsicht, die es auch herzlich gut mit uns meinen, aber aus Lichtenstein spricht Webers Geist, Webers Herz zu mir. Es geht ihm doch wohl? ich hörte neulich er sei wieder bedeutend krank gewesen — ich bitte, erkundigen Sie sich doch, und geben mir Nachricht. Nicht wahr Sie sind auch erfreud über seine persönliche Bekanntschaft? Haben Sie seine liebe Frau und Tochter auch kennen gelernt? Das sind lauter liebe Menschen, in deren Nähe einem wohl wird. Doch nun genug für heute Sie schreiben mir bald, nicht wahr? Gott sei mit Ihnen! Denken Sie freundlich unserer wie wir stets Ihrer gedenken. Carolina v. Weber.