## Title: Caroline von Weber an Ida Jähns in Berlin. Dresden, Mittwoch, 15. November 1837 ## Author: Weber, Caroline von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A046125 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Dresden den 15 Nov. 1837. Meiner Ida. Zuerst ein Wörtchen zu Dir, meine gute, liebe, herzens Tochter! Wie sehr Du mich durch jede Zeile Deiner Hand erfreust, wie gern ich sie lese, die so natürlichen und traulichen Ergüsse Deiner guten kindlichen Seele, kann ich Dir nicht beschreiben. Du bist noch Eins von jenen Wesen, welches sich in dem Getreibe der Welt den einfach, wahren, weiblichen Sinn erhalten hat, welcher den Gatten, und den Kreis aus erwählter Freunde beglückt und erfreut; Das zu vergleichen ist, einem guten reinen, warmen einfachen Hauskleide, in dem es einen so wohl und behaglich wird, dass man sich gar ungern davon trennen mag, und mit immer gleichen wohlgefallen zu ihm zurückkehrt. Du hast Dir diesen Sinn erhalten, meine Ida, in einer Zeit, wo alles nach äussern Flittertand strebt, wo Jeder bemüth ist seine glänzenden Eigenschaften der Welt zur Schau zu stellen, wo die Frauen alles lernen, nur das nicht wie sie ihren Mann beglücken, und mit einen bescheidenen Brode zufrieden leben sollen. Doppelt lieb müssen wir Dich Alle dafür haben, denn es ist warlich nicht leicht so gegen den Strom zu schwimmen. Dass Dein Wunsch dem Meinen nur entgegen kam, kannst Du mir glauben, obgleich ich ausser Weber und den Kindern nur ein Wesen, und das nur aus besonderer Veranlassung, geduzt habe. — Ich halte dies trauliche Wörtchen für ein Ordenszeichen der Liebe, Achtung, und Freundschaft, welches ich nicht Vielen geben, noch von Vielen entfangen mögte. Dir gebe ich es mit ganzer Seele, und es ist mir als hätte mein Herz nie anders zu Dir gesprochen. Indem ich nun aber die vollen Rechte einer Mutter in Anspruch nehme, mache ich so — gleich meine Autorität geltend, indem ich Dir Befehle das Pantöffelchen zur Hand zu nehmen und Deinen gestrengen Herrn dafür tüchtig r’unter zu machen dass er gar so gut, und gewissenhaft ist — — Erlaubt mir lieben Kinder Euch, (die Entwürfe der Euryanthe betreffend) einen Vorschlag zu machen der Euer zartes Gewissen von jeder Last befreien wird. Nehmlich Wilhelm Jähns, soll die Entwürfe bis zu Alexanders Volljährigkeit behalten, und sie gleich einen guten Vormund, schirmen und wahren, und sie erst dann, den Kindern, als Erbe des Vaters zurück geben, oder, wo Gott für sei! bei seinen Ableben, sollen sie den Kindern zurück gegeben werden. – Na, ist’s so Recht? die Hand her, es mag so bleiben. Die Beschreibung Deines lieben Jungen hat mir grosse Freude gemacht. Gott erhalte Euch Euer Glück!! Aber mit Kummer lese ich, dass Du noch immer nährst —. ist das nicht zu lange für Dich kleine zarte Frau? schadest Du Deiner Gesundheit nicht? Die Mutterliebe verleitet oft sich mehr zuzumuthen als der Körper aushalten kann, aber der hinkende Bote kommt dann nach. Sei ja recht vorsichtig liebe Ida und erhalte Dich Deinen Mann und dem lieben klein Max. Mein grosser Max hat leider wieder einmal den Husten, aber nicht so schlimm als früher. Alex der recht fleisig ist, hat seine stille Liebe, Ida und den kleinen Max gezeichnet, er will es aber erst später schicken. Grüssen, soll ich Euch aber 1000 mal von den Kindern. Kommen Briefe von Euch so fallen sie mit Heisshunger darüber her und ich muss oft ein Machtwort sprechen dass sie sie nur nicht zerreissen. Den armen Brauer hat in der letzten Zeit viel Unglück getroffen. Ihm ist der Vater gestorben. Der Ernährer von noch 3 unversorgten Kindern und bey dem Begräbniss hat sich der arme Mensch so erkältet, dass er sich noch denselben Tag legte, und 3 Woche tödlich krank war — — In dem Hause ist nun viel Noth, denn Brauer muss der Erhalter der ganzen Familie sein, und kann doch jetzt gar nichts verdienen — Ja Kinder, dankt Gott für Euer Loos! es giebt viel Leiden, die ihr nicht kennt. Liebend umarmt Euch Eure Mutter.