## Title: Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Dresden, zwischen Mittwoch, 12. und Sonntag, 30. Juni 1839 ## Author: Weber, Caroline von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A046150 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Erst muss der andere Brief gelesen werden. Erst ein wenig zur Ruhe gekomen, und noch sehr angegriffen von der Krankheit sowohl, wie von den unangenehmen geschäften, die mit einen Umzug verbunden sind, mag es mein erster Brief sein, den ich in dem neuen Logie schreibe, in welchem ich Ihnen, guter Jähns, recht offen und ehrlich, wie ich das immer zu thun gewöhnt bin, Alles sage was ich auf dem Herzen habe, und was mir bisher meine Tage recht getrübt hat. Sie glaubten ich zürne Ihnen darüber dass der Irthum wegen den schon gedruckten Musikstük, Unanehmlichkeiten mit Schlesinger für mich herbey führen könnten? Nein, guter Jähns! da müsste ich sehr unbillig sein, wenn ich Ihnen das zur Last legen wollte, dafür können Sie ja nichts; dass mich aber Ihre ganze Handlungsweise bey der ganzen Sache, und besonders Ihr letzter Brief, an Ihrer Freundschaft, an den offenen und wahren Handeln des Mannes, der mich Mutter nannte, irre gemacht hat das leugne ich nicht —. Ich bitte Sie guter Jähns, stellen Sie sich einmal an meine Stelle und fragen Sie sich was Sie von mir denken würden, wenn ich mich hätte dazu brauchen lassen, Sie jahre lang mit einen solchen Geschäft hinzuhalten; wenn ich, auf so vielfältig wiederholtes Bitten um zurücksendung der Manuskripte, Sie immer mit leeren Ausflüchten hingehalten hätte; wenn ich dadurch Ursache geworden wäre, dass Sie die Musikstüke nicht anderweitig hätten besser verkaufen können; und endlich durch den grössten Wiederwillen an der ganzen Sache, Sie dazu gebracht hätte, alles um einen Spottpreis zu verkaufen? — ja zuletzt leihen Sie Ihre Feder noch den habsüchtigen Juden um eine Handschrift Webers heraus zu pressen, und mich zu veranlassen ein Zeuchniss für ihn auszustellen, was ich mit guten Gewissen nicht geben kann weil ich von der Sache nicht überzeugt bin —. Soll ich nun nicht glauben lieber Freund, Sie hätten bey All dem mehr Herrn S. Vortheil, als den Meinigen vor Augen gehabt? wenn nun noch dazu kam, dass vor einiger Zeit ein Berliner zu Bekannten von mir, soll gesagt haben „Sie guter Jähns, läsen meine Briefe in Berlin vor, und rühmten sich, alle Manuskripte Webers durch meine — Güte erhalten können —[“] soll ich da nicht tief, tief betrübt werden? und verdenken Sie mir es, wenn ich an der Wahrhaftigkeit Ihrer Gesinnungen Zweifel hegte? Dass Sie meine Briefel vorgelesen, und mich dadurch falscher Beurtheilung preissgegeben, kann, und will ich von Ihnen nicht glauben, Sie hätten ja, für den Flitter der geschmeichelten Eitelkeit, das ächte Gold meiner Freundschaft hingegeben, und hätten meine Liebe zu Euch nicht gut vergolten. Nein, gewiss das haben Sie nicht gethan!, und Sie sollen sich desshalb auch nicht vertheidigen. Bald komme ich selbst nach Berlin, dann wird sich alles finden. Schreiben Sie mir bald, was Ida und Max macht, und verzeihen Sie mir das entsetzliche geschreibe dieses Briefes. Ich bin noch sehr angegriffen und meine Hand zittert indem ich Ihnen wehe thun muss. Ihr seit mir ja beide so lieb, dass es mir ist, als müsste ich alles wieder zerreissen was Euch betrüben könnte – doch der Stachel im Herzen frist unter sich, darum heraus damit, auch wenn es weh thut. Gott sey mit Euch!! Im Spätherbst, oder zu Weihnachten, bringe ich Max nach Berlin. Lebt wohl bis dahin und gedenkt freundlich der Mutter Weber im Juni 1839.