## Title: Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm und Ida Jähns in Berlin. Dresden, Montag, 11. März 1844 ## Author: Weber, Caroline von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A046212 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Den 11. März. Endlich komt doch auch einmal wieder ein Brief von der faulen Schreiberin aus Dresden, werdet Ihr sagen, und Ihr habt auch gar nicht unrecht ein bischen zu zürnen, denn es ist recht lange her dass ich mir es täglich vornehme zu schreiben, aber Wollen und Vollbringen ist zweyerley. Nun aber sitze ich hier ganz fest vor dem Papier, und nun soll’s los gehen. – Zuerst eine kleine Andeutung meiner unschuldigen Wintervergnügungen, wie da waren „schlimme Augen, Brustkrampf, Kopfschmerz, Schwindel, Hipochondrie pppp.[“] Dann Mittheilung der Hoffnungen für den Sommer. Maxens Ankunft, Jähnsens Besuch, Einzug im Lämchen pp nicht wahr, das klingt besser? Ins Lämchen ziehe ich desswegen wieder, weil dieses Frühjahr der liebe Klapperstorch mit dreyfacher Bürde in unsern Haus einkehren wird, und daher mein kleines Hausgärdchen, umgeben von 9 schreienden Kindern, und umhangen von 1000 Windeln, kein angenehmer Erholungsplatz sein könnte. Auch bin ich froh doch ein wenig aus Ehrhardts Nähe zu kommen, mit welchem ich mich jetzt täglich ein wenig zanke, weil er mich gern völlig unter den Pantoffel krigte, und es gern sehe wenn ich mit niemand umginge als mit Leute wo er es erlaubt. Gewöhnlich sind die aber so langweilig dass man in ihrer Nähe lieber schliefe als wachte, und dazu kann ich mich doch unmöglich verstehen. Auch muss ich dies Frühjahr eine ernstliche Brunnenkur brauchen, weil mein letzter Brustkrampfanfall so stark war, dass der Artzt schleunig Sempfdaig auf Brust und Waden legen lies. Ueberhaupt lieben Kinder fängt das alte Haus an recht baufällig zu werden, und ich fürchte Maxens Reise nach England mit ihren Aengsten und Sorgen, wird nicht dazu beytragen meine Gesundheit zu befestigen. Aber was ist zu machen? man muss es geduldig hinnehmen. Die Comitee der Belgischen Bahn hat dem Max ein recht schönes Engagement anbieten lassen, wie es gewiss wenig so jungen Leuten geboten wird, aber den Max zieht es zu sehr nach der Heimath, hier glaubt er das Gelobte Land zu finden. Gebe es Gott! Auch fürchte ich der arme Max wird diesmal bey seinem Aufenthalt hier, viel weniger Freude finden als er hofft, denn fast all seine jungen Freunde sind fort, und auch Metz geht, grade in der Zeit, nach Hause um seines Bruders Hochzeit mit feyern zu helfen. Es wäre recht schön wenn Ihr ende May komen könntet! Da ist Max noch da, und auch die Jahreszeit ist die schönste. Ihr müsst aber keine Zugvo[e]gel sein und gleich wieder fort ziehen sondern hübsch ein Weilchen, einmal ohne grosse Partien still bey mir im Lämchen sitzen. Sitzen? Der Wilhelm? ach Gott! Partie!! ist die Losung! ohne die kann der nicht leben. Gut! da mag er sie nur wenigstens allein machen, und mir die Frau lassen. Die sitzt lieber als dass sie immer mit Siebenmeilen Stiefel läuft. — Na, wir wollen sehen. Hat Euch Max schon geschrieben dass er Mitte April nach Berlin komen will? Dass Ihr ihn eher sehen werdet als ich? Er will sich da gleich all die Empfehlungsbriefe, welche er für England bedarf selbst holen. Behaltet mir ihn nur nicht zu lange, damit er doch wenigstens zu seinem Geburtstag bey der Mutter ist. Sagt ihm auch nichts von meinen Verlust, denn er würde erschreken, und dadurch bekomen wir doch nichts wieder. Der Wilhelm will so gut sein mir einen Klavierauszug der zweiten Auflage des Freischützen zu senden? aber ich mag keinen davon sehen. Ich habe mich über die Sache zu viel geärgerd und Schlesinger soll kein Exemplar davon in meinen Händen wissen. Der Mensch ist doch durch und durch ein Schuft! Mindlich ein mehreres darüber. Will Wilhelm so gut sein einmal zu Meyerbeer gehen und wegen den Noten fragen so wird mir das recht lieb sein. Vielleicht erfährt er bey der Gelegenheit etwas von der Oper. Liszt hat mich hier besucht und viel über Webers Monument mit mir gesprochen. Er erbot sich gleich, um einen Font zu bilden, einige Conzerte dafür zu geben. Nur wünschte er dass die Sache nicht kleinlich würde. Er meinte, man müsste zu diesen Zweck eine Comitee von den ersten Männern bilden, wie Meyerbeer, Mentelson pp. Er wollte sich denen gern anschliessen und ein thätiges Mitglied sein. Wilhelm mag das einmal dem Meyerbeer erzählen. Max weiss von der ganzen nun angeregten Sache noch nichts, und ich behalte mir vor ihn alles selbst zu sagen und auseinander zu setzen, was in einen Briefe zu weitläufig wäre. Alex hat Euch zwar auf seinen Irrfahrten vom Rittergut Strauch aus, geschrieben, den Brief aber mit nach Dresden gebracht, und da ist er nun, weil ich ihn nicht allein fortschiken wollte, ein wenig altbaken geworden. Hoffendlich aber wird er noch geniessbar sein. Wilhelm soll mir doch auch einmal schreiben wie denn die Devrient in Berlin gefallen hat. Hier hört man die wiedersprechendsten Gerüchte. Ich fürchte Ihre Zeit ist vorbey! Also meine Ida hat nun 2 Pagen? einen sentimentalen, und einen Humoristischen? nun, das ist gut! so hat man für jede Stimmung etwas. Mir war der Humor zuweilen etwas fatal. Wie wirst Du nun aber den armen Alex einrangieren? Der komt wohl ganz ins Hintertreffen? das wird ihm gar nicht gefallen, aber der Unaufmerksame hat es nicht besser verdient. Da fällt mir aber ein, dass es gut sein wird wenn ich dem Wilhelm extra ein paar Zeilen schreibe worin ich ihn bitte wegen der Noten zu Meyerbeer zu gehen, und wenn es angeht sie [sich] geben zu lassen, welches ohne ein Wort von mir, wohl nicht geschehe, weil er sehr ängstlich ist. Doch nun auch genug für heute meine Lieben. Möge dieser Brief Euch so froh und heiter finden als ich es wünsche. Schreibt mir bald wieder, und lasst mich wissen dass ihr mich noch lieb habt. Herzlich umarme ich Euch meine Kinder. Die Mutter Weber. Brauer und Max grüssen herzlich. Ich habe mir eben erlaubt Alexens Brief zu lesen und daraus ersehen dass er sehr grosse Rosinen in der Tasche hat. Dass aber aus einer Reise jetzt durchaus nichts werden kann, weil er, so bald das Portrait fertig ist, ein Bild für die Ausstellung anfangen muss und sich keine Zeit zu einer Reise gönnen darf. Er hat sich ein schönes Luftschloss gebaut, aber es war nur Luft. [separate Beilage für F. W. Jähns:] Da fällt mir noch ein lieber Jähns dass Sie mir wohl die Gefälligkeit erzeigen könnten einmal zu Herrn Meyerbeer zu gehen, ihm die schönsten Grüsse zu bringen, und anzufragen ob er die Musikalien von Weber wohl noch braucht, oder ob er die Güte haben will sie Ihnen zu übergeben damit Sie sie uns wenn Sie im Frühjahr hieher komen, mitbringen ko[e]nnten. Es sind einige Sachen darunter welche Brauer gehören und die der gerne wieder haben mögte. Nochmals grüsst Euch herzlich Eure Weber.