WeGA, Briefe, Digitale Edition Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm und Ida Jähns in Berlin<lb/>Dresden, Donnerstag, 23. September 1847 Weber, Caroline Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Frank Ziegler Eveline Bartlitz

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Machine-Readable Transcriptions of Texts from the Carl Maria von Weber Complete Edition (WeGA)

dankt für die Vermittlung mit Schlesinger, dem sie nicht traut; er irrt, wenn er glaubt, das Privilegium auf 100 Jahre bekommen zu können; persönliche Mitteilungen über Max und Nettchen und ihre Enkelin Marie Wie gut seit Ihr doch dass Ihr mir die Briefe

D; Dresden; Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek; Mscr. Dresd. App. 2097, 102

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Dresden den 23.9. Meine lieben Kinder.

Wie gut seit Ihr doch dass Ihr mir die Briefe welche ich in meiner Noth und zu Eurer Plage an Euch schreibe für etwas anrechnet. Ich muss Euch ja nur immerfort danken dass Ihr Euch für mich herumbeisst und zankt, und gren was Gutes für uns herauspressen mögtet. Aus einliegenden Brief an Herrn Schlesinger, welchen ich desshalb nicht siegle damit Ihr ihn lesst werdet Ihr sehen wie die Sachen stehen, und was Ihr ferner zu unsern Nutzen und Fromen thun könnt. Ich glaube nicht dass in den ersten Brief welchen Sie nun Herrn Schlesinger geben müssen, etwas von der Partitur steht, denn wir hatten ja verabredet dass nichts davon erwähnt werden sollte. Sobald er den Revers, welchen ich Sie bitte, mit hinweglassung von § 3 abschreiben zu lassen, unterschrieben ist, wird auch die Partitur angekomen sein, aber ehr in keinen Fall, denn wenn er sich jetzt weigern sollte wo der Stein des anstosses entfernt ist, so hat er bestimt böses im Sinn. — Sie glauben nicht guter Jähns wie alle Welt gegen Schlesinger eingenomen ist, und in welch’ schlimen Renomee er steht. Als ich in meinen Gesuch an die Regierung als Verleger der Partituren ihn nannte, sagte mir der Geheimrath Schaarschmid, dass dieser Name die Sache sehr erschweren würde und dass ich mich lieber mit einen Sächs. Verleger in Unterhandlung setzen sollte. Kistner in Leipzig würde das Geschäft auch gern unternehmenVgl. Caroline von Webers Briefe an Kistner vom 19. Juni, 6. Juli und 17. Juli 1847. aber es komt mir rechtlich vor zuerst Herrn Schlesinger zu fragen, damit er sich hernach nicht über mich zu beklagen hat. Es würde auch eine Weitläufigkeit dadurch vermieden wenn Partituren und der übrige Verlag zusamen bliebe weil ich sonst auch in meinen Gesuch die Sache trennen müsste. Wenn aber Schlesinger meint er bekäme das Privilegium auf 100 Jahre wie er denkt, so irrt er sich sehr, und er steht mit dieser Forderung der Sache so im Wege dass gewiss nichts daraus wird. Es wird ihm gehen wie dem Hund in der Fabel. Ach Gott was ist es schlimm mit Leuten zu verkehren denen man nicht traut! Doch nun meine lieben Kinder möge die fatale Geschichte ruhn, nun kome ich zu Euch, und da wird mir wohler. Denkt nur meine Lieben wie fatal es der armen Mama ergangen ist. Am Dinstag reisste ich früh mit Nettchen und Marichen hier ab nachdem Max am Montag früh, nicht ganz wohl, von uns geschieden war. Unsere Reise war vom Wetter begünstigt und Marichen lachte und krähte vor Vergnügen. Als wir schon um 5 Uhr, in Chemnitz ankamen fanden wir unser Logie mit Blumen geschmückt und all unsere Bekante da uns zu empfangen. Es wurde ein schöner Kasten getrunken und als wir allein waren ging es noch bis spät in die Nacht ans Auspaken und wieder einrichten. Auch der Mittwoch war noch ein mühevoller Tag, und am Donnerstag früh um halb 9 Uhr kömt ein Brief von Max worin er uns mittheilt dass er krank sey, und schon Dinstag Abend wieder nach Dresden zurückgereisst wäre um sich von Baumgarten kurieren zu lassen. Meinen Schreck könnt ihr denken!! Augenbliklich lief ich zur Post bestellte einen Platz warf meine Kleider in den Koffer, und um 9 Uhr fuhr ich schon zum Thor hinaus unsern Dresden wieder zu. Mit Herzklopfen ging ich nach unserer Wohnung und fand auch Max mit heftigen Kopfschmerzen und Uibelkeit geplagt. Der Artzt war sorglich, jeden Tag zweymal gekomen, hatte aber schon am Donnerstag erklärt dass keine Gefahr vorhanden, und nur die grösste Ruhe und Diät nothwendig sey. So hab ich denn bis heute meinen Max gepflegt, und ihn nun eben mit schweren Herzen entlassen. Das arme Nettchen hat indess Todesangst ausgestanden und wäre gar zu gern auch gekomen wenn es angegangen wäre. Nun bin ich also ganz allein, und ich beschwöre die Geister meiner Lieben herauf, und samle die Bilder schöner Vergangenheit vor meiner Seele. Ach meine Kinder, wie war es sonst anders um mich! wie heiter und glücklich verflossen mir Tage und stunden, wie freute ich mich wenn ich die Augen öffnete auf das was der Tag Erfreuliches bringen würde. Wenn sich Abends die jungen Leute bey uns versamelten und unter Scherz und Gesang die Zeit verging dann dachte ich wohl zuweilen so hübsch wird es wohl nicht immer fortgehen! Ach, und mit einem Schlag versank alles. Heiterkeit, Gesang, Witz und Laune alles alles ist verschwunden und mein Leben vergeht still und öde ohne die Hoffnung dass es einst wohl wieder besser werden könnte Leider hat Nettchen von allen, was wir verloren, auch gar nichts in unser Haus zurück gebracht, und macht durch ihre Nähe das Leben nur noch trockner und ungeniessbarer. Die arme Frau dauert mich, denn sie kann ja nichts dafür dass sie in einen Boden verpflanzt wurde in dem sie nicht Wurzel schlagen kann. Sie fühlt sich ewig beengt und heimlich, spielt eine Rolle deren sie nicht gewachsen und richtet dadurch noch das zu Grunde was sie hat, und sein könnte. Du lieber Gott! ich hatte nicht gedacht dass gerade Max eine solche Wahl treffen würde! Nun, man muss Geduld haben und das Leben tragen wie es kömt, und was es bietet. Marichen ist jetzt meine grösste Freude. Das Kind gedeiht, und wird jeden Tag liebenswürdiger. Der kleine Engel hat nun schon 2 Zähnchen und steht kerzengrade ganz allein Ach wenn nur Max wieder einmal wird zu Hause sein können und das liebe Kind ihn kennen lernt dann wird er wieder Freude an seiner Häuslichkeit haben und das Wirthshausleben, wo er wieder sich ganz als Jungesell fühlte, vergessen lernen. Glaubt mir nur meine lieben Kinder dass ich oft, recht oft jetzt der schönen Zeit unserer Freundschaft gedacht habe, und es oft nicht begreifen konnte, wie die böse Spinne der Zwietracht diese schöne Blume hat überweben können mit ihren hässlichen Gespinst. Gott lob! dass die garstige Hülle fiel und drey Herzen welche sich angehörten von jeher, aus dem Gewirre wieder zu einander fanden.

Seit wir wieder vereint sind hat der Hass der Mad. Ehrhardt so zu genomen dass sie mich nun gar nicht mehr grüsst und die Gesellschaft meidet wo sie mich treffen könnte, Ja ich kann der guten Frau nicht helfen! Mit ihr werde ich mich wohl nie versöhnen können, denn sie hat kein Herz, oder villeicht gar ein böses Herz.

All Eure Bekanten hier habe ich von Euch gegrüsst, und wieder Grüsse für Euch empfangen. Herr Messerschmid hat noch nichts bey mir abgeholt, soll ich ihm das Tagebuch schicken, oder wollen Sie es wieder haben? Ich habe jetzt vieles darin gelesen was mich interessiert hat.

Doch nun für heute genug. Bald werdet Ihr sagen müssen wenn so dike Briefe komen „Herr halt ein mit Deinem Segen!Gott sey mit Euch Ihr lieben guten Menschen. Grüsst und küsst mir die Kinder und behaltet mich lieb.geht es Ida wieder besser?Euretreue MutterCarolina v. Weber

beykomender Brief an Sie guter Jähns ist ein offizieller den gewisse Leute lesen dürfen. Bitte machen Sie den Brief an Schlesinger mit einer kleinen Oblate zu.