## Title: Friedrich Wilhelm Brauer an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Dresden, Mittwoch, 13. November 1867 ## Author: Brauer, Friedrich Wilhelm ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A043259 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Dresden d. 13. Nov. 1867. Mein lieber Freund wie bin ich heute in Verlegenheit durch Ihren Brief gerathen, ich weiß ja gar nicht was ich Ihnen darauf antworten soll! – Sie haben zwei Hefte von gleichem Inhalt von meinem damaligen Notenschreiber geschrieben; darauf kann ich Ihnen nur mit Bestimmtheit sagen, daß alle beide gewiß mein Eigenthum sind**Für Webers ist nie etwas geschrieben worden., wenn ich auch ganz aus dem Gedächtniß verloren hatte, zwei besessen zu haben. Welches von beiden Heften nun aber das nach dem Manuscript copirte ist, weiß ich jetzt durchaus nicht anzugeben. Die Sache wird sich ohngefähr so verhalten: Die erste Abschrift wurde in der Zeit gemacht, wo Frau v. Weber auf der Johannisgasse wohnte, d. i. zwischen 1832 und 1834. und zwar nach dem grünen Hefte, die zweite muß dann wohl entstanden sein, als Meierbeer dieses mein Liederheft mit zur Benutzung bekam und ich dasselbe so lange nicht zurück erhielt. Wann und nach welcher Vorlage aber diese zweite Abschrift entstand, weiß ich durchaus nicht mehr, eben so wenig kann ich wissen, | welche von beiden in Ihren Händen befindlichen Abschriften die erste sein mag, jedoch möchte ich annehmen, daß es diejenige sei, in welcher die Compositionszeiten angegeben sind. Aber wie gesagt, ich bin ganz confus geworden und weiß jetzt durchaus keinen bestimmten Anhalt zu geben. Die Sachen haben so lange bei Webers, gelegen und sind mir dadurch so wenig vor die Augen gekommen, zudem hat mein Gedächtniß in den letzten 2 Jahren so bedeutend gelitten, daß mir so mancherlei unklar darin geworden ist und ich mich also auch gar nicht verwundere, auch diese Angelegenheit verwischt zu sehen. Es thut mir in der That herzlich leid, diese Verwirrung angerichtet zu haben, aber ich kanns nicht ändern. Sie werden Ihre Correctur nun nach Ihrer besseren Einsicht machen müßen und wer sollte hier wohl des Rechte sicherer treffen als Sie?! Also machen Sie sich keine Scrupel weiter und gehen getrosten Muthes an die Arbeit. Vielleicht kommt doch noch einmal das grüne Heft irgend wo zu Tage, dann können ja etwaige | Kleinigkeiten nachcorrigirt werden. Mir erscheint es immer als eine sehr mißliche Sache die ersten Ausgaben nach zufällig aufgefundenen Manuscripten zu ändern, denn in der Regel werden die ersten Ausgaben vom Componisten mit vieler Sorgfalt behandelt und oftmals etwas beim Druck geändert, was zufällig im Original stehen bleibt. Sie besitzen eine so große Gefühlssicherheit in Bezug auf Webers Arbeiten, daß Sie unbedenklich darnach verfahren können. Nun Gott gebe Ihnen Kraft! zürnen Sie aber auch wegen diesen unerquicklichen Zeilen nicht Ihrem alten Freunde F. W. Brauer