## Title: Anton Bernhard Fürstenau an Gottlob Roth in Dresden. London, Freitag, 10. März 1826 ## Author: Fürstenau, Anton Bernhard ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A042564 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ London d. 10t März 1826. Theurer Freund! Schon längst hätte ich die angenehme Pflicht erfüllt, Ihnen einige Zeilen zu schreiben, wenn nicht die ersten Tage zu schnell dahin geflogen wären. Doch ist es mir auf der andern Seite lieb, bis jetzt gewartet zu haben, um Ihnen vom ersten öffentlichen Erscheinen unseres geliebten Capellmeisters etwas mitzutheilen. Im Voraus muß ich Ihnen sagen, daß er sich Gottlob recht wohl befindet; freilich hat die Reise, aber auch vielleicht die hiesige drückende Luft einige Müdigkeit bei ihm verursacht, indessen bin ich auch nicht davon befreit, u. die jetzt sich immer mehr sich einstellenden warmen Tage, wirken desto wohlthätiger auf unsere Körper. Ich werde mich nun auch sehr freuen, wenn ich recht bald höre, wie es mit Ihrer Gesundheit gehet, u. wünsche von Herzen eine uns beruhigende Nachricht darüber zu erhalten. – | Am Mittwoch den 8ten wurde also im Oratorium der Freischütz gegeben und von Weber dirigirt; nachem wir gleich am ersten Tage unserer Herkunft, Abends mit Kemble’s ins Theater gingen, wurde schon der Capellmeister mit Jubel empfangen, um desto eher können Sie denken welcher Lärm am Die Mittwoch war. Das ganze Haus, welches ganz herrlich, ich möchte sagen prachtvoll dekorirt u. mit Gas beleuchtet ist, war gedrängt voll u. den letzten Augenblick vor Weber’s Erscheinen, herrschte eine allgemeine Stille; indessen bei seinem Erscheinen war es, als bräche das Haus zusammen. Die Damen schwenkten mit den Schnupftüchern, u die Herren mit den Hüten, so daß Weber erst nach einer Viertelstunde Lärm die Ouvertüre anfangen konnte, welche gleich wiederholt werden mußte, so wie die nächsten Musikstücke. Sie können sich in Deutschland durchaus keine Idee von dieser Aufnahme machen, u. man muß dabei gewesen sein, um es zu glauben zu können. – Der Freischütz, /: freilich nicht alle Nummern wurden gegeben :/ machte der ersten Theil aus, Judas Macabäus von Händel den 2ten, u der dritte bestand aus ein Compositum von mehreren Componisten. Die Oratorien fangen um 7 Uhr an, u. dauern bis 12–1 Uhr in der Nacht; so ist es auch | mit dem Theater u. andern Conzerten. Heute, als Freitag den 10ten, ist noch einmal der Freischütz, u. so wird der Jubel wieder von neuem angehn. Auch ich spiele heute zum ersten Male u. bin begierig wie es ausfallen wird. Sir Georg Smart ist außerordentlich gefällig gegen mich, welches ich freilich nur Herrn von Weber zu danken habe. Mit der Pariser Aufnahme war Herr Capellmeister auch sehr zufrieden, er hat sich freilich nicht öffentlich gezeigt, doch alle Componisten u. Theater-Direktoren waren außerordentlich aufmerksam u. er hat allein bereits für Paris schon 3–4 Bestellungen u. ich sehe aus allem, daß man sehr wünscht, daß Hr. v. Weber möchte auch längere Zeit dort wohnen. Freilich ist das Clima dort vortrefflich u. fast alle Componisten, durch die herrliche Einrichtung alle reich geworden u. es ist unter allen doch kein Weber. Das Zusammentreffen von Weber u. Rossini war sehr interessant u. man kann nichts anders sagen, als daß er ganz außerordentlich freundlich war; doch müssen wir wohl nicht glauben, daß es ihm Ernst war. – Ich sehe, ein Blatt ist schon voll, u. Sie werden mein ganzes Geplauder überdrüssig sein, u. so leben Sie denn | wohl; so wohl als ich es wünsche, u. laßen Sie mich bald hören, was es in Dresden neues giebt. – Viele Grüße an Ihren lieben Bruder, Frau Schwägerin, die Frau von Weber, u. tausend Grüße an alle Collegen von Ihrem aufrichtigen FreundA. B. Fürstenau No: 103 great Portland Street London. NB. Der Herr Peschel, der Fagottist, gab mir einen versiegelten Brief mit, an der Grenze mußte ich denselben erbrechen, wollte ich nicht riskiren 1 £ Sterling Strafe zu zahlen, u. da auch einer von den Fagottisten Kummer darin war, mußte ich denselben auch erbrechen; ich bitte es den Herren zu sagen u. an welchen die Briefe gerichten [sic] sind, ist nicht in London, u. fragen Sie doch gefälligst ob ich den Brief auf die Post geben soll. Stets der Ihrige Fürstenau