Wien d. 9. März 1822.
Mein verehrter Freund,
Ich ersuchte den Bon Haus, ehedem Instruktor des KronPrinzen von NeapelFerdinand (II.) Karl, späterer König beider Sizilien (1810–1859)., und jüngerer Bruder dessen der in Palermo lebt, um eine Uebersicht von seiner Gemähldesammlung für Ihr Notizenblatt. Er stellte mir beiliegendes Verzeichniß zu, was nicht wie ich wünschte, raisonnirend, sondern etwas troken ausgefallen ist. Indessen hat es für Liebhaber doch auch einiges Interesse zu wissen, wo dieses oder jenes Gemählde zu finden ist. Wenn Sie etwas darüber druken lassen, so bitte ich um ein Blatt für den Bon Haus.
Am 7. dirigirte v. Weber im Kärnthnerthortheater zum Benefiz der Mslle. Schröder den Freischüz. Das Haus war zum Erdrüken voll, der Jubel ungemein groß. Weber wurde herausgerufen, den Kranz, der ihm angeboten wurde, lehnte er bescheiden ab, er wurde ihm aber nach der Vorstellung in seine Wohnung überbracht. Auch Blätter mit einem GedichtZu den Gedichten vgl. den Kommentar zu Webers Brief vom 7. bis 9. März 1822 an seine Frau. flogenaus den obersten Logen aufs Parterre, wovon ich aber keines habhaft werden konnte. Der Sinn davon ist: Das Wahre und Schöne, wenn auch eine Zeitlang verkannt, komme durch das Genie doch immer wieder zu EhrenFranz von Schobers Gedicht Wohl kann die Zeit der Wahrheit sich entwöhnen
; vgl. Weber-Studien, Bd. 8, S. 455–457. Erstmals gedruckt wurde es in der Dresdner Abend-Zeitung vom 18. März 1822.. – Man kann darin eine Anspielung auf die Rossinische Musik finden. Ich wünsche, daß wir in der Oper von Partheysucht zwischen Germanisten und Italienern frei bleiben. Jedem Verdienste seine Krone! Weber ist gut, Rossini ist gut, x, y, z sind gut, warum soll der eine den andern ausschließen?
Am 14. giebt Weber ein Concert zu seinem VortheilDas Konzert wurde auf den 19. März verschoben und heute dirigirt er den Freischüz, zum 2tenmahl. Ihren Brief habe ich ihm sogleich zugestellt. Bei seiner Frau können Sie die Gedichte auf ihn lesen.
Ihr
Gr.