## Title: Friedrich Wilhelm Jähns an Ernst Pasqué in Darmstadt. Berlin, Dienstag, 16. Mai 1871 ## Author: Jähns, Friedrich Wilhelm ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A043654 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Berlin 16. Mai 1871. Hochgeehrtester Herr Hofrath. Beikommend erlaube ich mir, Euer Hochwohlgeboren meinen „Carl M. v. Weber in seinen Werken“ zusenden mit der herzlichen Bitte, denselben freundlich von mir annehmen zu wollen als geringes Zeichen meines warmen und bleibenden Dankes für so viele Mühe und Aufopferung, die Sie meinem Werke so gütig zugewendet. Auch das ist eine freudige, eine Licht-Seite desselben gewesen, daß mir im Laufe der Beschäftigung damit so mancher treffliche Mann näher getreten ist, dem mich zu befreunden mir eben so viel Freude gewährt, als es mich mit gerechtem Stolze erfüllt hat; denn freilich der Schatten-Seiten waren mancherlei und jetzt erst fürchte ich sie ernstlich. Wie manchem Kritiker, mir bekanntem, wie unbekanntem, wird dies und jenes, vielleicht das Ganze nicht gefallen (zumal, wenn ihm Weber überhaupt nicht gefällt.) – und was werde ich da wohl noch zu lesen bekommen! Bis jetzt ist es damit für mich noch erfreulich gegangen, ja weit, sehr weit über meine Erwartung hinaus; aber das Gros der Urtheile kommt ja erst. – Nun ich muß es über mich ergehen lassen – bin ich doch nicht besser als Andre, die es auch gut mit der Sache gemeint haben. Sehen auch Sie geehrtester Herr Hofrath, deshalb mehr auf meinen guten Willen, wenn sich Ihnen vielleicht aufdrängen sollte, daß meine Kraft zu der Größe des Unternehmens nicht ausgereicht hätte. – Sollte ich aber mit meiner Leistung einigermaaßen Ihre Zufriedenheit erwerben können, so würde mir dies zu großer Freude gereichen, denn die Anerkennung der Besten, die dergl. unpartheiisch zu beurtheilen verstehen, ist allezeit der beste Lohn, zumal äußere Vortheile, namentlich pekuniäre fast niemals, und so auch hier, damit verbunden, ja, wie hier, nur große Kosten damit verknüpft sind, die freillich die Liebe zu der gestellten Aufgabe gerne bringt. Die Subscriptionen haben wenigstens die Herstellungskosten, die sehr hoch waren, gebracht. Manche, ja viele der eingeladenen Institute und Personen versagten die Subscription, die ich von dieser Seite fast mit Gewißheit erwartet hatte, so z.B. Seine königl. Hoheit Ihr Großherzog und dessen öffentliche Bibliothek zu Darmstadt; noch steht die Subscription bis 1. Juni offen. Meinen Sie, daß da noch etwas zu thun sein könne? Für alle Fälle lege ich noch einige Subscriptions-Einladungen bei. Oder glauben Sie, daß es vortheilhafter für mich sein würde, Sr. Königl. Hoheit dem Großherzoge ein prächtig eingebundenes Exemplar einzusenden? – Würden Sie in diesem Falle Ihre mir schon erwiesene große Güte bis dahin ausdehnen, mir hiebei Mittel u. Wege zu bezeichnen, wie dies von mit zu bewerkstelligen wäre? – Weber stand ja einst dem Großherzoge Ludwig dem I nahe und wurde nach Dedication seines Abu Hassan mit Beweisen größter Gnade erfreut und ausgezeichnet, wie das alles mein Buch pag. 127 u. 128 unter Anmerkung a erzählt, von dem ich freilich das Meiste Ihnen, hochgeehrter Herr Hofrath, verdanke. – Dadurch wäre für die Annahme eines Ihm von mir übersendeten Exemplars Seine Königl: Hoheit vielleicht zu interessiren!? – – Verzeihen Sie diese neue Anliegen, die ich bitte kurz bei Seite zu werfen, wenn Sie deren Nutzlosigkeit einsehen. Besonders aber – und darum bitte ich auf das Allerdringendste – sehen Sie die Übersendung meines Buches nicht etwa an als einen Vorwand, Sich für diese Anliegen zu interessiren. Ich sende es gewiß und wahrhaft als den aufrichtigsten, wenn auch schwachen Beweis meines herzlichsten Dankes, der eine bleibende Stätte bei mir einnimmt. Während des Schreibens ist mir jener Gedanke erst ganz gelegentlich gekommen und ich wundere mich selbst, daß ich ihm Ausdruck gegeben. Können Sie aber dem Werke sonst auf eine Weise freundlich das Wort reden, darum Sie zu bitten, das hat von Anfang an in meiner Absicht gelegen, und so geschieht es denn hiemit mit der Bitte um Ihr ferneres freundliches Wohlwollen, welches allzeit vom höchsten Werthe sein wird Euer Hochwohlgeboren unwandelbar verpflichteten F. W. Jähns. Königl: Professor der Musik u. Musikdirector. Berlin: Krausen-Strasse 62. Ehe Sie auf das Buch weiter eingehen, bitte, vor Allem zuvörderst die Einleitung zu lesen. Sie legt ihnen nicht nur meine Ansicht von Weber's künstlerischer Stellung klar, sondern auch Einrichtung und Ausführung, wodurch die Orientierung in dem weitschichtigen Buche wesentlich und auf kürzestem Wege vermittelt wird.