## Title: Friedrich Wilhelm Jähns an Marie Lipsius in Leipzig. Berlin, Sonntag, 12. Juni 1887 ## Author: Friedrich Wilhelm Jähns ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A045196 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Berlin 12. Juni 87. S. W. Markgrafen Str. 24. Mein hochverehrtes theures Fräulein! An dem Bleistift, in dessen Farbenton auch jetzt noch diese Epistel spielt, sehen Sie, daß mein allgemeines körperliches Befinden aus Nierenleiden, u. allen fast denkbaren damit zusammenhängenden Leiden vor wie nach über mich unnachsichtlich die Herrschaft ausübt u. mich von allem, was ich sonst mit besonderer Lust u. Liebe trieb, als eine Correspondenz mit wahren Pflegern u. Förderern der Kunst, fast ganz ausschließt. Mühselig auf das Papier gekrizzelte unleserlich hingeworfene Zeilen sind u. bleiben mein steifes Gebahren bei Abfassung von etwas Geschriebenem in Worten. Mit der Note geht es noch zuweilen u. meine schwerfällige und ungeschickte macht mir, wenn sie vom | Stecher in sauberer Form endlich mir entgegentritt, noch immer eine wehmüthige Freude. Seit dem Tode meiner theuren, im November vor. Jahres hinübergegangenen Gattin ist für mich aller anderer Zusammenhang mit der Welt so gut wie ganz gelöst. So nehmen Sie denn die 3 beikommenden Notturnos op. 61 von mir als ein Zeichen, daß, wenn ich auch schon fast gestorben schien, ich dies für meine Freunde niemals sein werde, so lange ich athme, u. nur als ein solches Lebenszeichen nehmen Sie meine kleine Sendung auf, die am 5. dieses Monats erschien, zufällig an Weber's Todestage. Noch lege ich ein vor einiger Zeit erschienenes Symphonisches Adagio op. 59 hinzu, was vor mehreren Jahren, ich glaube 1884, ursprünglich zu 4 Händen erschien, wo es freilich bedeutender wirkt und auch spielbar leichter ist. – | Nun verzeihen Sie dem Sünder im Schweigen wie Reden, wenn Letzteres auch nur mit bleierner Note, Ihrem treulichst herzlich ergebenen Freunde F. W. Jähns. Prof.