## Title: Giacomo Meyerbeer an Georg Joseph Vogler in Darmstadt. Basel, Montag, 2. September 1811 ## Author: Meyerbeer, Giacomo ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A040339 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Sr Hochwohlgebohren des Großherzoglich hessischen geistlichen Geheimenrath Abt Vogler etc in Darmstadt. Basel d 2t September 1811 Theuerster Vater und Lehrer Aus meinem vorigen Briefe von Heilbronn werden Sie ersehen haben, daß wir zum Musikverein nach Schafhausen reisen wollten. Diesen Plan haben wir auch ausgeführt, und sind am Tage der Aufführung dort angekommen . Von der Güte derExecution, und den übrigen Détails behalte ich mir vor Ihnen mündlich zu erzählen, nur so viel muß ich Ihnen auf Verlangen des Herrn Tollmann heute schreiben, daß Ihr Gloria aus der D moll Messe gegeben, und unter allen übrigen Musikstücken am besten executirt wurde. Dieses herrliche Produkt hat auch hier wie überall allgemein ergriffen, und nur noch das Bedauern erhöhet welches Ihre Schweitzer Freunde empfinden, daß sie in der Hoffnung getäuscht worden sind, Sie dieses Jahr bei sich zu sehen. Sie hätten dort gewiß in den Zirkel treuherziger Biedermänner, die alle die Kunst lieben, und Sie | theuerster Vater verehren, recht herrliche Momente erlebt. Auch mir ging es dort wohl. Ich hatte das unvermuthete Glück unsern lieben Karl Maria von Weber dort zu treffen, der jetzt die Schweitz bereiset, und schon bei seinem Eintritte in dieselbe von dem helvetischen Musikverein zum Ehrenmitglied ernannt ist. Daß wir uns einiges zu erzählen hatten, kennen Sie sich bester Lehrer wohl denken. Das böhmische Fuhrwesen (wie Sie es nennen) ward sogleich organisirt und hatte guten Fortgang. Zu Winterthur sahe ich ihn wieder. Dort giebt er Konzert. Er hat mir aufgetragen Sie theuerster Vater tausend mal in seinem Namen zu grüßen. Sobald er Ihnen nur irgend etwas erfreuliches melden kann, schreibt er Ihnen gleich. bis jetzt ist seine Laage noch die alte, denn aus dem Engagement in Wisbaden ist nichts geworden. Unter meinen übrigen neuen Bekanntschaften war mir die des Herren Nägeli in Zürich die interessanteste. Er sieht eben so pompos und hochfahrend aus als er schreibt. Doch war er gegen mich ungemein höflich und zuvorkommend, wozu wohl mein Prädikat als voglerischer Schüler das meiste beitragen mogte. Nach alle dem was ich von ihm gehört habe, ist er ein ächter Verleger, und | durchaus nichts mit ihm zu machen. Als einen Beitrag zur Karakteristik dieser Race muß ich Ihnen bei meiner Zurückkunft einen den Brief eines Musikhändlers aus Berlin mittheilen, den ich jetzt erhalten habe, worin er mir den Vorschlag macht meinen 98st Psalm in Partitur herauszugeben. Da es aber, (meint der gute Mann) bei den jetzigen Zeiten eine gefährliche Sache mit den Partituren herausgaben sei, so schlägt er mir vor eine Anzahl Exemplare auf meine Kosten zu nehmen – Dabei fällt mir auch ein, daß ich vergessen habe Ihnen einen Brief von Simmrock zu zeigen den ich schon einige Zeit vor meiner Abreise erhalten habe, worinn er mir schreibt, daß er zu der Partitur-Herausgabe von Gott und der Natur über 200 Platten brauche; welches bei jetzigen Zeiten zu gefährlich sei etc. für die Herausgabe des Klavierauszuges allein, danke ich; und so unterbleibt nun leider das Ganze. -. Mit dem Gelübde des Jephtas bin ich noch nicht weiter gerückt, allein bei dem Wiedersehen des Jephta und der Sulima habe ich einen neuen Coup ausgesonnen, den man im wörtlichen Sinne einen Coup nennen darf, denn er kann der Sulima ein Loch im Kopfe einbringen, wenn man die Scene lebhaft spielt. – Für heute zwingt mich Raum und Zeit aufzuhören, also leben Sie wohl Ihr treuer Schüler und Sohn Meyerbeer. Alles Schöne im Hause.