## Title: Giacomo Meyerbeer an Karl Theodor Winkler in Dresden. Berlin, Samstag, 21. Juli 1827 ## Author: Meyerbeer, Giacomo ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A045533 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Sr Wohlgebℓ Herrn Hofrath Winkler in Dresden. Hochgeehrtester Herr Hofrath! Mein Bruder Heinrich hat mir einen Ihrer geschätzten Briefe mitgetheilt, in welchen Sie Ihr Befremden äußern, daß das Königstädter Theater die Uebersetzung, meiner Opera Margarethe von Anjou, auf mein Nachsuchen, Herrn von Holtey übertragen hat, während diese Arbeit früher für Sie bestimmt gewesen sei. Bedarf es nun auch keiner Versicherung, daß ich Niemand auf der Welt lieber, als gerade Sie, geehrter Herr und Freund, zu meinem Mitarbeiter wählte, so will ich mich doch über den abgenannten Punkt deutlicher erklären, da es aller Dings befremdend scheinen muß, wenn ich die Gelegenheit vorüber gehen ließe, eines meiner Werke in den Händen des Mannes zu wissen, wo sich zu einem ausgezeichneten Talente, selten Beweise persönlicher Freundschaft für mich gesellen; indeß werden Sie sich erinnern, daß ich Ihnen schon von Paris aus Pläne und Vorschläge für die Uebersetzung dieser Opera machte, worauf Sie mir erwiederten, daß dieses Unternehmen, eben nicht rathsam sei, da bereits eine deutsche Margarethe in Frankfurth erschienen sei. Der Brief der mir dieses mittheilte, traf in dem Augenblick in Paris | ein wo der Herr von Holtei gegen wärtig war, und veranlaßte mich, diesem meine Absichten für das Werk mitzutheilen, die er auch annahm und ausführte, und mich so bewog, seine Uebersetzung dem Königstädter Theater als Passendste u Beste zu empfehlen. Ihre damals abschlägige Antwort, mußte mich die Hoffnung aufgeben lassen, daß Sie mir bei dieser Gelegenheit Ihre Muse weihen wollten. — Der unumwundenen Erklärung, folgt jetzt eine eben so offenherzige Frage; Liegt es denn noch in den Planen der Frau von Weber, daß ich die angefangene Opere unseres verklärten Freundes vollende? ich gestehe, daß ich bis jetzt geglaubt habe Sie würde mir Ihren Wunsch, Ihre Absichten selbst ein mal schriftlich darüber mittheilen, ja dies sogar für nothwendig erachten um selbst ernst an das Werk zu gehen. Meine Verbindungen in Paris, verpflichten mich meine neue Opere, dort Ende des Herbstes fertig abzugeben, u dann war es mein Vorsatz an die Vollendung der drei Pintos zu gehen; eine mündliche Rücksprache mit Ihnen, geschätzter Freund, wäre dazu unerläßlich, und so bin ich entschlossen, wenn mir Frau von Weber, ihre Absichten mitgetheilt hat, einen kleinen Aus | flug, nach dem lieblichen Dresden zu machen, meine Frau erwartet, ihre Entbindung im künftigen Monath, und sobald diese vorüber, werde ich eilen mir die Freude Ihrer persönlichen Bekantschaft zu verschaffen. Leben Sie bis dahin wohl u glücklich, und empfehlen mich unbekannter Weise Ihrer Frau Gemahlin angelegentlich [eigenhändig:] Ihr Verehrer und ergebenster Freund J. Meyerbeer Berlin den 21ten July 1827.