WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition 2. Reaktion von Christian Gottlob Siegert auf Bemerkungen Webers zum <q>Waldmädchen</q> Christian Gottlob Siegert Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Solveig Schreiter

Version 4.9.1 vom 5. Februar 2024

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Machine-Readable Transcriptions of Newspaper Articles about Music and Theatre Performances in the early 19th Century

Reaktion auf die Bemerkungen Webers zu Kritiken der Freiberger Aufführung des Waldmädchens am 24. November 1800; Siegert beschuldigt Weber geringer Instrumentalkenntnis und weist auf Schwächen in dessen Komposition hin; er zieht zur Bekräftigung seiner Argumente außerdem die Rez. zu den 6 Variationen op. 2 in der AMZ heran Letztes Wort auf die Beylage zu Nr. 7. der Freyb. gem. Nachr. S. 69 Gnädigst bewilligte Freyberger gemeinnützige Nachrichten für das Chursächsische Erzgebirge 2 26. Februar 1801, Beilage 9 87-88

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Deutsch zwischen 12. und 26. Februar 1801 Text eingefügt und ausgezeichnet Datei neu angelegt
Letztes Wort auf die Beylage zu Nr. 7. der Freyb. gem. Nachr. S. 69.

Lange gieng ich mit mir selbst zu Rathe, ob ich mir die Mühe nehmen und auf Ihre neue Beschuldigung, mein Herr Componist, gegen welche ich mich beym hiesigen Publiko auch ohne deren Widerlegung, gerechtfertiget glaube, etwas erwiedern sollte. Endlich hielt ich es denn aber doch für nöthig, Sie wenigstens auf die vielen Widersprüche, in welche Sie sich dabey verwickelt haben, aufmerksam zu machen. Hätten Sie sich nicht von Ihrer Oper so großen Beyfall versprochen, so würden Sie nicht darüber, daß dieselbe allgemein mißfiel, so sehr entrüstet gewesen seyn; würden nicht die unverdiente Schuld davon mir beygemessen haben, da sie bey der Aufführung Ihrer Oper, Ihnen den verdienten Lohn dadurch, wie Sie sich in der Ihnen eigenen bescheidenen Sprache ausdrücken, schändlich untergraben, daß ich das reine Einstimmen des Orchesters vernachläßiget, kein einziges forte und piano kein crescendo und decrescendo beobachtet und kein Tempo noch Vorschrift marquiret hätte. Allein hierbey mögen Sie sich doch zu erinnern belieben, daß bey der Aufführung Ihrer Oper ein Musikdirektor zugegen war, dem ich als Vorspieler hierinne allenthalben nachstehen mußte und dem die gerügte Vernachläßigung, (wenn sie anders Grund hätte,) nicht aber mir, beyzumessen wäre. Dieser gute Mann mochte aber eben so sehr, wie ich, in Verlegenheit seyn, in Sätze Kraft und Nachdruck zu bringen, die der Componist mir dergleichen so schlecht ausgestattet hatte. Und was in aller Welt hätte mich wohl veranlassen können, Ihre Oper durch schlechte Aufführung zu vernachlässigen? Sie sagen: Die Probe isey gut gegangen, – da will ich nur fragen: was nennen Sie gut: Doch ich will Ihnen gern die Antwort schenken. – Sie meynen ferner, daß mich Neid und Mißgunst dazu verleitet hätten – Ey, wie käm ich dazu? – denn um so eine Arbeit als Ihre Composition, ist wohl niemand zu beneiden. Ferner sagen Sie, es sey nicht genung zu tadeln, man müsse es auch besser verstehen. Ich habe blos erinnert, daß es Ihnen an hinlänglicher Instrumentalkenntniß, die ich mir eigen gemacht zu haben mich schmeichele, fehle, und diese meine Erinnerung, will jetzt mit Gründen belegen: So haben Sie z. B. dem Pikoloflötchen in einem Satz Passagen in der Höhe gegeben, die kaum auf der flauto traverso praktikabel sind; ferner im finale des ersten Akts, den Pässen Passagen gesetzet, die wohl auf dem Claviere, von dem Sie dieselben entlehnet haben mögen, keinesweges aber auf dem Contreviolon zu spielen sind. Gleiche Fehler fanden sich in den Fagotts und Trompeten; so wie Sie auch eine fehlerhafte Stelle in der Oboe, bey der Probe, auch aus Ihrer Partitur nicht zu verbessern wußten. Die Instrumentalkenntniß ist also als praktischer Musiker mein Leisten, bey dem ich jederzeit stehen bleiben werde, und den ich auch Ihnen recht angelegentlich empfehlen will. Hätten Sie jedoch Ihre Componistenlaufbahn allhier, mit englischen Tänzen, statt der Opern angefangen, so würden sie vielleicht mit ersteren glücklicher gewesen seyn. Sie beruffen sich bey Ihren Taufschein auf Ihren Herrn Vater, den Churbayerischen Major v. Weber! Das hätten Sie aber nicht thun sollen, denn wenn Ihr Herr Vater um diese Ihre gedruckten Frivolitäten wüßte: so würde er als ein bekannter artiger Mann von guten Ton Ihnen dergleichen gewiß ernstlich untersagt haben. Sollten Sie aber wirklich, was Sie mich so gewiß versichern, am 18 Decbr. 1787. Abends halb 11 Uhr geboren und also nur erst 13 Jahr alt seyn: so freue ich mich dessen in Ihre Seele, denn da haben Sie ja noch viel Zeit, sowohl Ihr musikalisches Talent auszubilden, als auch – Bescheidenheit zu lernen.

Noch eins. Sie beruffen sich auf die Allg. Musikalische Zeitung, worin Ihre Fugetten als reife Früchte gepriesen worden? Gut – aber so eben lese ich in dieser Zeitung 3r Jahrg. Nr. 15 des Jahres 1801 S. 255. "VI Variationen fürs Klavier oder Pianoforte, dem Hrn. Kalcher – gewidmet und componirt von Marie v. Weber, Nr. 1. Preis 6 gr. Diese Variationen sind ohnstreitig besser gemeynt, als abgefaßt. Der Verf. widmet sie seinem Lehrer. Kunstwerth haben sie nicht. Auch ist der Stich auf Stein unkorrekt, und von einem Graveur besorgt, der gar nichts von Noten und ihrer Geltung zu verstehen scheint." Sind das auch reife Früchte? –

Und nun mein Herr Componist stehet es Ihnen frey, noch ein langes und breites über diesen Gegenstand schreiben und drucken zu lassen, ich versichere Ihnen aber im voraus, daß ich denselben für unwichtig halte, um noch ein Wort darüber zu verlieren.C. G. Siegert.