## Title: Heinrich Graf Vitzthum von Eckstädt an Carl Graf Vitzthum von Eckstädt in Dresden. Karlsbad, Montag, 15. Juli 1816 ## Author: Vitzthum von Eckstädt, Heinrich Carl Wilhelm Graf ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A047714 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Karlsbad, den 15. Juli 1816. Liebster Bruder! Deine 2 Briefe vom 6. und 12. dieses sind sehr schnell aufeinander gefolgt und hat mich der 2. über die Schicksale der deutschen Oper um desto mehr beruhigt, da ich zufällig heute Gelegenheit gefunden habe über Herrn Stögers Verdienste durch einen Mann sehr günstige Nachrichten einzuziehen, dessen Urtheil Dir wohl auch nicht zweideutig scheinen wird, wenn ich ihn Dir nenne: – es ist der Kapellmeister Maria von Weber. Dieser Mann Der Capellmeister Maria von Weber, scheint beinahe in der Absicht seinen Weg über Karlsbad genommen zu haben, | um meine Bekanntschaft zu machen. Dich rühmt er sich, früher schon gekannt zu haben und eine in den letzten Tagen eingetretene Erneuerung dieser Bekanntschaft scheint seinen Wunsch, in Dresden angestellt werden zu können, sehr bekräftigt zu haben. – Der Werth dieses Mannes als Compositeur und Musicdirector ist zu allgemein anerkannt, als daß ich hätte Bedenken tragen sollen, die sich darbietende Gelegenheit zu benutzen, um mit ihm vorläufige Unterhandlung anzuknüpfen, besonders da die Anstellung eines deutschen Kapellmeisters von der Errichtung einer deutschen Oper beinahe unzertrennlich ist. – Denn, Freund Franz Schubert ist ein guter Kirchencompositeur, aber bei seinem gänzlichen Mangel an Gefühl und Geschmack und bei der Uebermaße an kleinlicher Partheilichkeit durchaus zur fortwährenden Direction einer Oper nicht geeignet. Webern habe ich vorläufig bis auf allerhöchste Genehmigung vorläufig Hoffnung zu einem Gehalt von 1500 Thalern gemacht; er verlangte 2000 Thaler und jährlich, oder doch alle 2 Jahre, 2 Monate Urlaub zu einer künstlerischen Reise. Morgen will er mir sein Ultimatum bringen; ich vermuthe, er werde auf 1800 Thaler stehen bleiben. Zur Erleichterung und Abkürzung des Geschäfts würde es sehr gereichen, wenn Du sofort mit dem Minister, oder vielleicht lieber gleich mit dem Könige Herrn Minister sprechen, die Nothwendigkeit einen ausgezeichneten deutschen Künstler dieser Art anzustellen, kräftigst auseinandersetzen, die anerkannten Verdienste des Individui in’s Individuums ans gehörige Licht stellen und eine Autorisation für mich auswirken wolltest, mit dem Manne, vom Monat September d. J. an, wo sein Contract in Prag zu Ende geht, abzuschließen, ec. Da ich bis zum 23n dieses Monats ganz gewiß hier bleibe, so kann mich deine Antwort beynahe nicht verfehlen: a tout évérement aber würde ich auf der hiesigen Post Einleitung zur ohnfehlbaren Nachsendung nach Prag oder Nürnberg, – denn an einen der benannten beyden Orte, gehe ich von hier aus bestimmt in Theater-Werbungs-Angelegenheiten, – treffen, und mit Hn. von Weber dahin | Abrede nehmen, daß derselbe vor erhaltenen ferneren, schriftlichen oder mündlichen Eröffnungen von meiner Seite auf kein anderweites Engagement sich einlaße. Du fühlst selbst, daß man einem solchen Mann, einen solchen Anstand nur auf kurze Frist ansinnen kann; et puis il faut forgé le fer et pouis il faud battre le fer , pendant qu’il est chaud. – Ich leugne nicht, daß ich die Anstellung desselben sehr wünsche, da seine große Bekanntschaft mit der deutschen Musik, und mit fast allen deutschen Bühnen und mit dem eigentlichen Theater-Wesen, mir die Organisation der deutschen Oper und die künftige Erhaltung derselben in hohem Ansehen und daher auch in großem Nutzen für die Kasse, fast in demselben Maaße erleichtern | würde, wie mir solches durch Polledro’s Anstellung für die italien. Oper und die Kirchenmusiken gelungen ist. – Ueber letzeres ist unter den vielen hier zusammentreffenden Musikkennern und Fremden Freunden nur ein Rühmens, und zugleich allgemeine Stimme, daß Sachsen jetzt mehr als je die vielen ihm zu Gebote stehenden Hülfsmittel benutzen sollte, um sich immer mehr durch Ausbildung der Künste und Wissenschaften auszuzeichnen, da jede andere Art sich Ruhm und Ansehen zu verschaffen, veloren für uns ist. ec. auszuzeichnen. Heinrich.