Augsburg, den 12. Juny 1804.
Bruder!
Voll Freuden empfing ich gestern deinen lieben Brief vom 7. und eile nun schnell ihn
zu beantworten, und zugleich durch Beylage des versprochenen Liedes den ersten Punct
unsers so feyerlich beschwornen Contracts zu erfüllen. Sämtlichen Contrahenten alles
Schöne besonders Wallner & Familie, denen ich für Ihre gütige Erinnerung
danke. Jetzt von mir. Daß ich ganzbeinig hier angekommen und zwar den 5. zeigt dieser
Brief, ob aber die Seele ganz ist, ist eine andere Frage. Die Freude meiner lieben
Tante war unbeschreiblich, die gute Frau hat viel ausgestanden, und wird jetzt wohl
noch mehr ausstehen müssen. Gott erhalte sie mir noch recht lange Jahre. Sie grüßt
dich herzlich. Papa – Semper idem – das liebe Weibchen war schon mit mir in der Stadt
bey Doctor Breiting, Munding und Hrn. Gombart in der Judengasse, wo sie überall mit
der ihr würdigen Liebe empfangen worden, alle waren noch die alten Herzlichen, ich
schreibe nicht umsonst die Namen so aus, du kannst dich, wenn du hieher kommen
solltest, ihrer bedienen. Du nennst nur meinen Namen, und du wirst gewiß gut
aufgenommmen. Vergiß nicht mein Lied ich sah sie hingesunken
an die Musik Zeitung
zu schicken, verlange aber eine Anzahl Exemplare dafürJähns vermutet (S. 56), Susan sollte ein gedrucktes Ex. zur Rezension übersenden; es könnte sich aber auch um ein Manuskript als Stichvorlage für eine beabsichtigte Publikation gehandelt haben. Der Erstdruck erschien allerdings erst bei Hirschberg in: Uhu. Monatsmagazin 1926, Heft 9, S. 17–19. Die Recension von Vogler's Oper nächstensVgl. auch AmZ, 6. Jg., (30. Mai 1804), Sp. 581–583 , ich habe schon einen Brief von ihm erhalten. Übermorgen reise ich ab
über Carlsbad, von dort aus ein Mehreres. Ein paar Exemplare von meinen Petites
Pieces werde morgen schicken. Gleich den ersten Tag war ein Concert, den 6., das ein
gewisser Tollmann, Churf. badenscher Hof Musiker aus Mannheim nebst seiner Schwester
und seinem jüngeren Bruder gab; er spielte ein ViolinconcertVermutlich Nr. 1 d-Moll, welches Tollmann in Leipzig spielte; vgl. Rez. zum Konzert der Geschwister in Leipzig im März 1804 (AmZ, 6, Sp. 413f.). von Rhode recht brav,
hat aber eine etwas steife Manier. Die Schwester, ein Mädchen von achtzehn Jahren,
kann brav werden, singt aber Violinmanieren, und hat den nemlichen gepreßten
affectirten Vortrag. Der Bruder, ein Junge von zwölf Jahren ist – ein Junge von zwölf
Jahren. – Das Concertante für Violine und Bratsche von allen drey gespielt (componirt
von Girowetz) war höchst mittelmäßig.
Die Post geht, ich muss schließen. Lebe wohl. Dein ewig treuer Freund
C. M. v. Weber m. p.
Den 14.
Statt daß der Brief vorgestern fort sollte, geht er erst heute nebst den zwey
Exemplaren ab. Zu sagen weiß ich weiter nichts, als daß ich dir noch die letzte
Stunde meines Hierseyns widme; denn um 11 Uhr heißt es einsitzen. Wenn ich in
Carlsbad aufhalte, bekömmst du einen Brief von dorther. – Alle Augenblicke werde ich
noch abgerufen, bald schreyt hier ein Maurer und dort ruft ein Zimmermann, denn es
wird in unserm Hause stark gebaut. – Vergiß nicht ein Thema für Flöten-Variationen
bald zu wählen, ich habe große Lust, mich auch öffentlich in dieser Gattung zu
zeigen, ich werde dir immer die Skizze davon schicken, und dich um Anmerkungen,
Verbesserungen in Ansehung des echten Flötensatzes bitten.
Bemerkung.
Voglers Oper hat das Theater an der Wien gerettetUA 17. Mai 1804, indem viele vorher gegangene Opern
durchfielen. Die Ouverture, eine echte Schilderung des Inhalts, von Rache und
Edelmuth, ein äußerst kräftiges, streng gearbeitetes Ganze aus G-moll, an dem sich die
äußerst fließende Introduction aus B-dur (Chor) rein siebenstimmig und wohlthuend
anschließt, gefiel sehr: Nr. 2. Duett zwischen Maha, der ersten Liebhaberinn und
Tochter des Rama, Sterndeuters, worin sie ihn um ihr Verhalten gegen den ihr
verlobten Tyrannen Tamburan befrägt, ein echtes Declamationsstück aus E-dur und
vortrefflich von Mad. Campi gesungen, auf das wieder der Chor Nr. 3. aus G-dur, wo
Tamburan seiner Braut die Geschenke überbringt, äußerst angenehm folgt. Nr. 4
Cavatina vom Pando, Liebhaber der Maha, worin sich die beyden, Rama und Mahadowa, sein
Erzieher, zum Terzett anschließen, ganz italienisch mit oblig. Clarinett und Flöte,
aber doch nicht ohne Voglers Geist und Neuheit. Gefiel sehr. Nr. 5 Naive Arie von der
Naga, der Geliebten Tamburans aus B-dur (worüber meine Variationen), welche im
Anfange nicht ganz mit der ihr gebührenden Wärme aufgenommen wurde, sie ist zu fein
und delicat behandelt, um gleich vom großen Publicum gefaßt und verstanden werden zu
können. Madm. Müller führte sie mit der ihr eigenen Naivität und Leichtigkeit aus.
Nr. 6 Terzett aus C-dur, bloß mit Bratschen und Bässe. Zwischen Pando, Mahadowa und
dem Höfling Baradra (vortrefflich von Herrn Caché gespielt) der gerne beyde
ausforschen möchte, was sie am Hofe Tamburans wollen. Äußerst, aber fein komisch,
auch vom Dichter sehr glücklich, wurde mit Enthusiasmus aufgenommen und muß jedesmal
wiederholt werden.
Ich lasse Raning zu seinen Namenstag Anton gratulieren.
Nächstens mehr. Leb wohl.