Lieber Bruder!
Tausend Glük und Heil der lieben Wöchnerinn
die so Heldenmüthig den großen Kampf gekämpft, und der Welt einen
gesunden braven Bürger
schenkte. ich kündigte sogleich die Nachricht dem ganzen Hause an
und Vogler
läßt dir recht herzlich gratuliren. Aber so sehr es
mich im Ganzen freute so ärgerlich ist es mir doch eines Theils daß es
ein Bub ist, der Componisten
mit dem Nahmen Weber werden zu
viel, denn daß der Kerl ein Comp: wird ist ausgemacht,
und ich hoffe daß du ihm schon vorläufig etwas vom GeneralBass
beygebracht hast, auch muß er ja offenbar schon die
Akkorde noch vom Mutterleibe her kennen, denn die Frau Baaß
studirte ja die lezte Zeit gar fleißig. ich möchte dich wohl sehen
in deiner Vater Glorie sehen und etwas mit von dem KindtaufKuchen verzehren
helfen, aber so gut wird es mir wohl nicht werden, und so muß ich mich armer
Teufel mit dem Gedanken daran begnügen. Du schreibst mir zwar in deinem lieben
Brieflein, daß du mir nächstens eines Breitern schreiben wolltest, ich bin aber
so frey, das vor der Hand nicht zu glauben, auch müste ich sehr unvernünftig
seyn es zu Verlangen, denn die ersten Tage gehören deinem lieben Weibchen, und
ich glaube doch, daß in Eurer freudigen Stimmung auch manchmal des verwaißten
Webers gedacht wird, der fern von euch herzlichst
mit euch fühlt. — ich muß ein bischen die Feder weglegen, wenn ich nicht weich werden will —
Von Gänsbacher hat Vogler
vor ein paar Tagen einen Brief erhalten,
er ist wohl, in Prag, hat seine
kleine Oper von Treitschke,
fertig, – und wollte den 8t dieses Monats nach
Wien reisen, um da für deren Aufführung zu sorgenEine Aufführung in Wien kam nicht zustande,
vgl. Brief Webers an Gottfried Weber vom 1. November 1810.. ich habe ihm schon dahin geschrieben,
und werde ihm /: der dich auch grüßen ließ nebst allen andern
Mannheimern :/ sobald er mir geantwortet hat, die
frohe Neuigkeit deiner Vaterschaft zu wißen thun. ich bin überzeugt daß er
warmen Antheil nimmt, es ist eine reine, wahre, Seele, und ohnstreitig der Beste von uns allen,die Anwesenheit
KalkhoffsVgl. Tagebuch 10. Oktober hat mir viele Freude gemacht, denn so ein Mannheimer Gesicht
ist ein belebendes Wesen für mich. er wird dir hoffentlich deinen
Kirnberger mitgebracht habenVermutlich: Johann Philipp Kirnberger, Die Kunst des reinen Satzes in der Musik, Bd. 1 und 2, Berlin und Königsberg 1776–1779
. Kaum war er abgereißt, so bekam ich deinen Brief.
ich wäre gar zu gerne mit in den Wagen geseßen und hin kutschiert, da wäre ich just zu der
Ganzen Geschichte
zurecht gekommen. A propos, wie ist es denn, meinst du nicht daß jezt etwas bey der
Prinzeß zu machen wäre?Tatsächlich war später nach einer Begegnung mit Prinzessin Stephanie eine mögliche Anstellung Webers in Mannheim im Gespräch; vgl. den Brief an Gänsbacher vom 7. Dezember 1810. wenn ich nur einigermaßen Voraussehen
könnte die Reise nicht umsonst zu machen so besuchte ich mein theures Mannheim
noch einmal, schreibe mir doch darüber etwas deine Meinung.
Ich bin leider seit ein paar Tagen in der schreklichen Stimmung nichts arbeiten zu können, von denen verfluchten
6 Sonaten sind 5 fertig
Vgl. den Brief Webers an Gottfried Weber vom 8. Oktober 1810. Die Bemerkung ist insofern nicht ganz richtig, als laut Tagebuch am 12. und 17. Oktober Satz 1 und 3 der 6. Sonate entstanden, die beiden Sätze der 5. Sonate in A-Dur aber ebenfalls erst am 13. bzw. 16. Oktober. Die 4. Sonate hatte Weber bereits am 9. Oktober komponiert.
und die lezte kann ich nicht zusammen kriegenGemeint ist die A-Dur-Sonate,
die in Webers Autograph noch an letzter Stelle steht (Darmstadt LHB),
von Weber jedoch in der Nummerierung nachträglich zur vorletzten verändert wurde,
wie dies dann auch im Druck bei Simrock der Fall ist. Vgl. auch vorstehende Anmerkung.
, und doch möchte ich sie
André schikken damit ich hier fortkomme, es leidet
mich nicht länger auf einem Flekke die gute Zeit komt näher, und nun gehe ich los.
Was macht Dusch? und werde ich nie das Glük haben
einen Fezen Papier von seiner Hand bemahlt zu bekommen.
nun leb wohl lieber lieber Bruder, empfiehl mich deiner
theuren guten Gattin bestens, und sag ihr in
meinem Nahmen alles was du glaubst daß ich für Euer Glük empfinde. ich küße
deinen lieben Buben in Gedanken und bin ewig dein treuster Bruder
Weber.
Darmstadt d: 12t 8ber 1810Im Tagebuch ist dieser Brief unter dem 14. Oktober eingetragen..