Geliebter Bruder!
Deinen Brief vom 29t August, fand ich bey
meiner Ankunft d: 6t Sept: hier zu meiner großen Freude. daß ich
dir nicht eher antwortete geschah weil du mir schriebst, daß ihr erst Anfangs 8ber nach
Prag zurükkehren würdet. dieser Brief wird dich Schwärmer also wohl endlich treffen.
Ja freilich hätte ich in München bey euch
sein mögenGänsbacher war auf Einladung von Heinrich Baermann von Salzburg, wohin er mit den Firmians gereist war, nach München gefahren; vgl. Gänsbacher, Denkwürdigkeiten, S. 43.. wir wollen das alles noch einmal in Gedanken durchleben. ich habe dir so
viel zu erzählen, und dich so viel zu fragen, besonders aber auch über Beer. der junge schreibt weder an Gottfried noch an
mich mehr, spielt den Beleidigten weil wir ihm ein paarmal die Wahrheit gesagt haben pp so kömt er in der Welt nicht fort. — daß Papa Vogler und alle übrige Menschen Freude an deinen ArbeitenIn seinen Denkwürdigkeiten (S. 43f.) erwähnt Gänsbacher besonders sein Requiem, das Vogler in München begutachtet und aus dem Gänsbacher vor P. von Winter, J. N. von Poißl und P. J. Lindpaintner Ausschnitte (Dies irae, Domine) am Klavier vorgestellt hatte. hatten, dank ihnen der Teufel. ja Bruder, laß uns fest und männlich auf dem betretenen Wege fortgehen, und laß uns gegenseitig durch offenes Hinweisen auf unsre Fehler und Schwächen, immer vollkommener werden.
Es reut mich jedes Wort das ich schreibe, weil ich dich bald zu umarmen
hoffe, jezt also nur das nothwendigste. Meine Oper ist immer mit gleichem Beyfall
gegeben wordenIn Berlin hatte es bis zu diesem Zeitpunkt drei Aufführungen gegeben: am 10., 14. und 20. Juli 1812.. Berner ist unserMitglied des Harmonischen Vereins.. d: 1t Sept: verließ
ich Berlin mit schwerem Herzen weil
ich da unendliche viele Liebe und Freundschaft genoßen habe. in Leipzig blieb ich 3
Tage, hauptsächlich wegen Rochliz mit dem ich auch viel von dir sprachTreffen in Ermlitz am 3./4. September 1812; vgl. Tagebuch. Er äußerte
Zweifel wegen dir, und sagt er fürchte du möchtest bald nachlaßen in deinem Eifer für
die Musik: Zeitung. ich versicherte ihn vom Gegentheil. Strafe mich also nicht Lügen,
und sey fleißig, über deine Reise könntest du einen intereßanten Bericht erstattenEin solcher Bericht erschien nicht in der AmZ.. von
Härtel ließ ich mir deine Exempl: der Sonate geben die ich dir mitbringe. überall sprach ich so schlecht wie möglich von dir. Kühnel verlegt meine zarte Overture D moll.
neue Variat: und ein Clarinett Concertino, auch ein neues Clavier Concert /: aber nicht eher als bis es fertig ist :/ d: 6t kam ich hier an, und wurde äußerst gütig
vom Herzog aufgenommen. stekke seitdem in Arbeit bis über die Ohren, weil ich in Berlin nicht viel thun konnte, und mit so vielem Rükständig bin. da ich hier so eingezogen wie
in Darmstadt lebe, so fehlt es mir nicht an Zeit. Spohr mit seiner Frau wird Ende 8ber in Prag eintreffen. ich habe ihm Briefe an deinen Grafen, an Jung,
und an Liebich, gegeben, nimm dich seiner so viel als möglich an, es ist eine anscheinend kalte, aber treffliche Seele. Es wäre gut, wenn du eine vorläufige Anzeige seiner Ankunft in die Zeitung besorgtest. sein
jüngstes Gericht, hat einzelne treffliche Sachen, aber auch sehr viel überladenes buntesVgl. dazu auch Webers Urteil im Tagebuch zum ersten Eindruck am 16. September 1812..
Grüße ihn 1000 mal von mir. und mache ihn auch mit Victorine bekannt.
Wie steht es nun mit meinen Geschäften in Prag? allem Anschein nach werde ich schwerlich vor Ende November eintreffen, doch würde ich wenn es durchaus nöthig wäre vielleicht noch früher kommen. Wo werde ich logiren? bey Liebich oder Pachta, ich bitte dich mir über alles dieses ausführlich zu schreiben, denn ich möchte nicht gern nach Prag kommen, viel verzehren und nichts einnehmen. da ich hier alles frey habe. Ein Concert werde ich
auf jeden Fall geben. mit Einer neuen OperZu den Planungen vgl. auch die Briefe an J. Gänsbacher vom 20. März, 25. April und 16. Mai 1812. ist noch der fatale Umstand vorhanden daß ich
noch kein Sujet habe. ich habe zwar zwey versprochenZu Absprachen über zwei Bühnenwerke in Zusammenarbeit mit Gubitz (Libussa sowie Sappho) vgl. den Themenkommentar zu nicht ausgeführten Kompostitionsprojekten, aber es ist
doch noch nicht ganz sicher. vielleicht hat Liebich oder du etwas auf dem Korn.
Zweitens hier ist ein braver Mahler aus Dresden, der vortrefflich en Miniature malt, der hätte große Lust mit mir nach Prag zu reisen, wenn er Hoffnung hätte da etwas
zu machen. Er nimmt 12–14 Ducaten für ein Portrait. erkundige dich ein bischen darnach und schreibe mir ausführlich darüber. Wie ich den überhaupt
mich ganz auf dich verlaße, den ich so innig liebe. brauchst nicht eifersüchtig zu sein alter Jörgel. Was macht denn Victorine die hat mir in ewiger Zeit nicht geschriebenDer letzte Brief von ihr ist am 20. Juni 1812 im Tagebuch dokumentiert.. Schreibe mir nur sogleich wieder. der Prinz Friedrich bey dem ich eigentlich wohne, kömt künftige Woche von seiner Reise zurük. gegenwärtig arbeite ich an einer Hymne von Rochliz, wo eine rechtschaffene Fuge dran soll, dann an einem neuen Clavier Concert und an einem Melodram, Sappho. daßs wäre etwas für Mad: Löwe. wakkelt dir das Herz im Leibe, bey dem Nahmen? schau schau! die Dülken hätte er auch vergeßen. du bist doch ein guter Kerl.
Höre wenn du mir in Prag nicht ein paar hübsche Intriguen schaffst bist du unglüklich.
in Berlin war ich überflüßig versorgt, hier bin ich aber ganz auf dem Hund.
nun lebe wohl, empfehl mich überall bestens, Kleinwächters, Clamm, Pachtas, ppp besonders aber in deinem
liebenTextverlust durch Siegelabriss Hause. und antworte bald wieder
deinem treusten Bruder
Weber.
Gotha d: 14t 8ber 1812.