## Title: Carl Maria von Weber an Friederike Koch in Berlin. Prag, Montag, 11. und Freitag, 22. April 1814 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A040676 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ An Mademoiselle Fried: Koch zu Berlin. per Einschluß. Meine gute theure Freundin! Es ist als ob der Himmel sich es einmal zum Gesezz gemacht habe mich stets mit neuen Prüfungen heimzusuchen. Seit Jahr und Tag hat sich manche Sorge, mancher Kummer mancher Verdruß verlohren, dafür hat sich eine gänzliche Freudenlosigkeit und Kränklichkeit eingestellt. ich stehe jezt vom dritten Krankenlager während meines Aufenthaltes in Prag auf. War die lezte 14 tägige nicht gefährlich so war sie doch peinlich genug für mich da alles gleich so heftig auf Kopf und Augen wirkt, daß ich weder lesen noch schreiben darf. Es war ein Friesel, eine KinderKrankheit, die mich pakte, und mir Gestern zum erstenmale auszufahren erlaubte. Ich benuzze den heutigen Morgen so viel es meine Kräfte erlauben mit meinen fernen Freunden zu plaudern. Es ist das einzige und schönste was ich habe, und ich will den Glauben daran festhalten. Unsere lezten Briefe haben sich gekreuzt. d: 18t Februar schrieb ich Ihnen durch Wollank und d: 20t erhielt ich Ihren lieben Brief mit Flemmings Bildniß. Es steht vor mir auf dem SchreibTisch und sieht mir jezt freundlich zu. Jeden Augenblik wo ich mich eine fliegende Hizze nöthigt die Feder auf ein paar Momente niederzulegen sehe ich zu ihm auf und spreche mit ihm, –– und Er versteht mich. Abends in meiner Krankheit wie ich schon wieder auf sein durfte stellte ich die Lichter neben ihn, und gieng dann träumend, im Zimmer auf und ab. | da war es mir ein paarmal ganz schauerlich und doch wohl und zu Muthe. Er allein beleuchtet im finstern Zimmer war wie mit einem HeiligenGlanz umfloßen und alle seine Liebe, Güte, Herzlichkeit und HimmelsSanftmuth in Ertragung seiner Nächsten, seine tiefe Seelenvolle Anhänglichkeit – stand so lebendig vor meiner Seele daß ich laut mit ihm sprach und ihm klagte und fragte — — — — Ihrem Tagebuche bin ich so recht Schritt vor Schritt gefolgt und habe mich bey jedem der Errinnerung und der Phantasie überlaßen. d: 18t Juni: d: 19[t] August sind mir theuere unvergeßliche Tage. Zelter hat sich durch seine wahre Theilnahme einen großen Platz in meinem Herzen gewonnen. Selbst dieß rauhe W esen muste dem Sanften huldigen. Ich komme nun schüchtern mit einer Bitte, die mir die Freundin Flemings, dem Freunde nicht abschlagen wird. das Monument an Flemmings Grabe muß ausgeführt werden. Soll ich einst nicht wißen wo die Asche meines Liebsten ruht? ich bitte Sie meinen Beytrag dazu nicht verschmähen zu wollen, schreiben Sie mir wie Sie es sezzen wollen, und wie viel das kosten könnte. ich hoffe wir sind zu sehr Freunde als daß hier kleinliche sogenannte Delicatesse Sie davon abhalten sollte. Bedenken Sie daß es mir ein Wonn wonniges Gefühl sein wird nur etwas mit zu seinem Andenken thun zu können. daß Sie übrigens diesen Wunsch und deßen Ausführung als unser Geheimniß ansehen versteht sich wohl von selbst. Wie es geschieht braucht Niemand zu wißen, genug daß es geschieht. Ihr guter alter Vater ist glüklich zu preisen. gepflegt von einer liebenden Tochter kann er nur alles im freundlichen Lichte sehen, und das Bewußtsein Ihrer schön erfüllten Pflicht muß Ihnen die Kraft geben auch das schwerste zu tragen. das Unterricht geben ist freylich ein Geisttödtendes Geschäft, aber wenn man dabey wie Sie doch mit so manchen guten Menschen umzugehen hat, so wird doch das bittere davon etwas versüßt. Nun der Sommer herannaht werden Sie auch die lieben Jordans aus Ihrer Nähe | verliehren. Könnte ich diesen Sommer nach Berlin kommen so würde wohl manche Fahrt nach Pankow unternommen, aber freylich nicht wie sonst! — — Jettchen Flek wünsche ich Heil und Segen mit Ihrem Gubiz. Ein paar glükliche Menschen ist ein so seltener als herrlicher Anblik; möge Ihre Mutter daßelbe Schauspiel geben. Von meinem Leben kann ich Ihnen nichts Neues, und noch weniger Erfreuliches sagen. Manches werden Sie aus Lichtensteins Brief hören den ich ihm Morgen schreiben will, und das ich nicht gerne 2 mal sagen wollte, weil es im Ganzen zu unbedeutend ist. ich lebe recht einsam, in jeder Hinsicht. Worunter ich freylich auch alle Dinèrs bey großen Herren pp als GeschäftsSache und nothwendiges Übel rechne. Kein Freund, keine Freundin steht mir zur Seite und theil[t] Freude oder Leid. ich habe nur meine 4 Wände, und selbst denen traue ich nicht recht. Mein Klavier berühre ich selten, und mein Geist ist am allerwenigsten in schöpferischer Stimmung. Uebrigens kann ich mir keine Unthätigkeit im Dienste vorwerfen, und erliege manchmal beynah unter der Last des Tages. Wollank scheint Repressalien auszuüben und mir recht lange nicht antworten zu wollen. Ich hoffe Sie haben die Hymne pp erhalten. Alle die sich meiner Err errinnern grüßen Sie herzlichst von mir. So weit hatte ich den 11t geschrieben, und bis jezt habe ich nicht dazu kommen können den Brief zu schließen und fortzuschikken. Meine Gesundheit ist sehr wandelbar. Ein heftiges Erbrechen ohne alle Ursache hat mich neuerdings überfallen. das wird auch vorübergehen wie alles nur meine Freundschaft und Liebe für meine Freunde nicht. nochmals Lebewohl von Ihrem Freund Weber. Prag d: 22t Aprill 1814.