d. 15. Sept
1814
Da geht heute eine Gelegenheit nach Gotha und da will ich den Brief
mitschicken, damit er vielleicht morgen zu seiner Bestimmung abgeht. Ich will hoffen daß
meine Lina beßer geschlafen hat als ich, da ich mich die ganze Nacht mit Kosacken und
anderem Teufelszeuge herumgeschlagen habe, so daß ich ganz müde aufgewacht bin. Es ist
einestheils gut, so habe ich doch einige Bewegung, denn außer einer kurzen Spazierfahrt
Nachmittags mit S: Durchlaucht komme ich nicht aus dem Zimmer. Wenigen Menschen würde im
ganzen diese Einsamkeit
besagen
behagen
in der sich der Herzog so wohl gefällt, wo er vom
lästigen Getummel des Hofes entfernt, nur die Menschen die er sehen will, um sich hat.
Ueberhaupt ist er mit seiner unendlich regen Phantasie überall zufrieden und zu
Hause.
Am liebsten sitzt er so neben mir am Clavier
und dicktirt mir gleichsam die Gefühle und Bilder die ich in Tönen ausdrücken soll, so
daß er ganze Geschichten erfindet und erzählt während ich sie zugleich in Musick bringe
und durch Töne erzähle. So mein gutes Mukkerl, vergeht der Tag und ich kann darauf
rechnen So ruhig wird es nun freilich bei Lina nicht sein; die hat ProbenBesuche, zu
lernen, ein bischen Ärger, und durch Abwechslungen mehr, um die ich sie übrigens nicht
beneide, und wo ich doch stolz genug bin zu glauben daß zuweilen ein Gedanke an den
fernen Carl sich zwischen durchdrängt. –
Wie geht es der guten Bach? was ich so von
ihr gehört habe macht mich besorgt um sie, ich fürchte daß der Himmel da ein recht
unglückliches Paar sehen wird, dievielleicht einst mit Mangel und Noth kämpfend, noch
den lezten Funken ehemaliger Anhänglichkeit erlöschen sehen.
Der Reitknecht ruft gebieterisch zum Schluße.
Werde ich bald etwas von Dir hören? Um dieser Ursache willen, will ich Gott danken wenn
wir in Gotha sind und ich die Post in der Nähe habe.
Lebe wohl mein geliebtes Leben, grüße die
Mutter, Grünbaums, und alle Bekannten aufs beste, und behalte lieb
Deinen unveränderlich treuen
Carl.