## Title: Carl Maria von Weber an Friedrich Rochlitz in Leipzig. München, Sonntag, 27. August 1815 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A040818 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ S: Wohlgebohren dem Herrn Hofrathe Friedrich Rochlitz zu Leipzig gegen Recipisse Mein theurer Freund! So eben erhalte ich Ihren Brief vom 22t huj: und eile den heutigen Posttag sogleich zu benuzzen und Ihnen zu antworten. Es gehört mit zu den unglüklichsten Folgen der trüben LebensEpoche die seit 1 ½ Jahr auf mir lag, daß ich nicht nur auf dem Punkt stehend mich selbst zu verliehren, auch noch die Menschen, die ich am meisten liebe, deren Achtung mir am theursten ist — an mir zweiflen machen muste. Vor wenig Tagen verwundete mich ein bitterer Brief meines lieben Gottfried Webers, dem ich auch seit 8 Monaten todt geschienen, – tief, heute spricht der Ihrige eine Meinung aus, über deren anscheinende Wahrheit ich unter diesen Umständen ich Ihnen nur Recht geben kann. — daß es aber nicht so ist, kann nur ich wißen, und die Zeit wird hoffentlich auch als Beweis führend auftreten. Mir ist von nun an der Redakteur der Mus: Z: todt. — aber wahrlich ich werde diesen Verlust nicht im geringsten bedauern, wenn dadurch gewißer der Freund wieder auflebt, und nach einer Reihe von Jahren vielleicht mir doch einmal wieder die Hand drükt, und sagt, ich habe dir Unrecht gethan. — — Nach den Äußerungen Ihre liebenswürdige Tochter betreffend, wird Sie bald selbständig das Väterliche Haus verlaßen. möge Sie ein Loos finden das Ihrer Werth ist, und der Welt noch ein so herrliches Beyspiel als das Ihrer Eltern geben. Meine herzlichsten Wünsche begleiten Ihr Wohl. Für den Abdruk der Anzeige danke ich. Eben so für die mich betreffenden Worte in Beziehung auf Prag die nur ehrenvoll und einfach erkennend wie es dem wahren Künstler am liebsten sein muß, aus Ihrer Feder kommen konten. zugleich freut es mich sehr, daß Sie mit dem Aufsazze zufrieden sind. Den Brief an Bar: Poisl habe ich sogleich besorgt, und hoff Ihnen auch heute noch die Antwort beyschließen zu können. Wegen der Gemählde Angelegenheit, kann ich Ihnen vor der Hand folgende Notizen geben. die vorzü ausgezeichnetesten Gemälde Sammler und Kenner sind hier, S: Exellenz der Baron Asbek. der Graf Vichy, Oberst bey der Garde. und der Geistliche Profeßor Späth, lezterer selbst Mahler, Litterator, ehemals Herausgeber einer Zeitschrift, – hat viele Connexionen, und werde ich Morgen mit ihm darüber sprechen. die ersten beyden, kenne ich nicht persönlich, werde aber zu ihnen gehn, da es wahre Kunstfreunde nur dankbar erkennen können, wenn man sie auf etwas aufmerksam macht. außerdem will ich mit Schelling sprechen, der vielleicht durch die Adademie pp es an den König könnte. tentare licet. Ehe ich von hier abreise hoffe ich Ihnen darüber die ausführlichsten Berichte geben zu können, wobey ich es für vortheilhaft halte, wenn ich eine Correspondenz hierüber, zwischen Ihnen und dem Prof: Späth einleite. Antwort hierüber kann ich Ihnen von Ihnen hier nicht mehr erhalten, ich muß also schon auf meine eigne Meinung hin, verfügen, was ich für zwekmäßig halte. die Hauptsache ist vor der Hand die Existenz dieser Sammlung hier recht bekannt zu machen, und Späth quasi als Comissionär aufzustellen, der den grösten Eifer für die Kunst hegt, und selbst Schönes darin leistet. | Ich wünsche daß mein Brief auf H: Wiek so gut wirken möge, als er gut gemeint ist. aus Ihren Äußerungen aber scheint mir hervorzugehen, daß Er schon gar festgewurzelte Gewohnheiten und Glauben habe. d: 5t September reise ich von hier ab und hoffe d: 7t in Prag einzutreffen. Das Gedicht meiner Cantate hat die Tendenz die Sie wünschen. nie würde ich mich zu einem bloßen, Lob und Preiß schreyenden Gelegenheits Gedicht wo alle Augenblik Vivat Blücher Vivat Wellington pp vorkömt, – hergegeben haben. ich werde ihnen eine Abschrifft davon schikken, und bin Ihres Beyfalls gewiß. Nun leben Sie wohl, mein lieber Freund, sagen Sie alles herzliche Ihrer lieben verehrten Familie, denken Sie freundlich an mich, und wenn es Ihnen möglich ist so werfen Sie mich nicht unter jenen Haufen Egoisten der mir so verächtlich ist, und vertrauen Sie einer reinen Freundschaft die stets aufs innigste für Sie in mir lebt, seit ich Sie näher kenne. Gott erhalte Sie gesund und zufrieden. Ihr Weber. München d: 27t August 1815.