## Title: Carl Maria von Weber an Friedrich Rochlitz in Leipzig. Dresden, Donnerstag, 27. Februar 1817 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A041058 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Seiner Wohlgeboren des Herrn Hofrath Friedr. Rochlitz zu Leipzig Wir kommen so recht in die Geschäfts-Correspondenz, item doch immer ein Lebenszeichen dabei. Mit Schulz werde ich mich wegen der Cantaten, deren Vertheilung und Proben, in Briefwechsel setzen. Dass Herr Härtel die Beilage nicht drukken will, empört mich wirklich. Wie ich von einem Honorar sprach, meinte ich ja eben scherzweise, da ich nie einen Groschen erhalten habe und auch keinen haben will, damit ich in keiner Beziehung mich den Ansichten und Willen des Herrn Härtels zu fügen nöthig habe, – dass er desto eher einmal etwas thun könne, und ich bitte Sie nochmals in meinem Namen darauf zu bestehen, denn liefere ich gleich selten Beiträge, so sind es doch wahrlich genug gewesen, um die kleinen Unkosten zu tragen. Ich begreife und fühle Ihre Lage recht gut, mein theurer Freund, und versichere Sie auf Ehre, dass Sie, nur Sie Derjenige sind, um dessen hohen Verdienstes um der Kunst willen kein anderes, ähnliches Blatt erschienen ist, weil es eine Art Kunstfrevel wäre, einer Zeitung, die unter Ihrer Leitung steht, eine andere gegenüberstellen zu wollen. Sollten Sie aber jemals veranlasst sein, diese Redaktion aufzugeben, so wird dies das Signal zum augenblicklichen Erscheinen einer andern sein. Den zweiten Theil Ihrer herrlichen Erzählungen habe ich nun auch mit Lust und Aufmerksamkeit gelesen, und möchte ich darin jedem Stücke in seiner Art den Preis zuerkennen. Besonders ehrenwerth erschien mir die Mannigfaltigkeit des Styles, die aus jedem Stoff ihre eigene Individualität schöpfte. Namentlich in der Musik Muse, und Sandrat, lebhaft contrastirend, hervorspringend. Ersteres ein mit so kühner, froher Hand aus dem vollen Lebensquell geschöpftes Bild, letzteres das Leben selbst so schön entfaltend; mit aller Würde der damaligen Kunstzeit und der einfach ehrenfesten Form biederer Deutschen. Mir aber, als ich, sind die Tage der Gefahr am nächsten getreten. Hier fand ich Sie, ganz Sie wieder, und durchlebte wahrhaft mit Ihnen jeden Augenblick in der Erinnerung. Dieses Gemisch von persönlichem Antheil, Interesse an der damaligen Zeit, zusammengestellt mit manchem unserer Briefe und den jetzigen Resultaten haben eine ganz eigene Stimmung und Bewegung in meiner Seele hervorgebracht, die ich vergebens auszusprechen bemüht sein würde. Uebrigens habe ich es doch wieder bewährt gefunden, dass es etwas gar Herrliches ist, wenn der Mensch sich so ganz selbst giebt, wie er lebt und webt, und dass über diesen Darstellungen ein geheimer Reiz schwebt, der eine Wärme in sie legt, die doch vor allem andern vorleuchtet. Nehmen Sie meinen herzlichen Dank für diese schönen Erzählungen, denen hoffentlich bald ein dritter Band folgen soll. Das schlechte Wetter und viele Arbeit hält mich zu Hause, doch arbeite ich mit Unlust und kann daher ans Componiren nicht denken. Ich freue mich darauf, dass wir uns recht ausplaudern können, ist doch ein ander Ding als der Gänsekiel. Die Musik-Zeitung werde ich mir hier bestellen. Von den lieben Gutschmidts habe ich seit acht Tagen nichts gesehen, weiss aber, dass sie wohl sind. Alles Erdenkliche in Ihr Haus von Ihrem Weber. Dresden, den 27. Febru[a]r 1817.