No. 84. d: 25t Abends
Ja! ich will und muß glühende Kohlen auf dein Haupt sammeln, du garstiges Krokantill!!
Es ist keine Kunst Extra Briefe zu schreiben wenn man darüber die
ordentlichen Posttage leer ausgehen laßen will. da bin ich um 11 Uhr nach Pillnitz
gezappelt, habe bei Schmidel in aller Eule gegeßen, um um
2 Uhr bey S. Majestäten zu sein, die sich abermals ungemein liebenswürdig und freundlich
gegen mich zeigten, habe gespielt pp bin wieder zurük gekutscht um
vielleicht ein Briefel von der Mukkin zu finden – ja proßt die Mahlzeit –
nitz wars, da hab ich mich denn ganz still
ausgezogen, ein bißel ans Klavier gehott, dann kamen Bassi und
Mieksch und ich muste ihnen erzählen wies in Pillnitz gegangen war, und nun ließ es mir
keine Ruhe, ich must ein bißel zu der Mukkin krabbeln. Bin eigentlich recht unruhig und
muß mich zwingen nicht traurig zu sein, weil bei all dem Lieben und Guten Heute in
Pilln: mir doch etwas Zentnerschwer auf die Seele gefallen ist, was ich dir wohl
eigentlich nicht auch auf die Seele wälzen sollte da es noch nicht ganz gewiß ist, aber
ich kann nun schon nicht anders als alles meiner geliebten Braut erzählen, und zu der
Mukkin ins Ett gehen. Es ist nehmlich gerade heraus gesagt nichts geringeres dals daß
abermals ein neues Hinderniß unsre Vereinigung um 14 Tage zu verschieben scheint. die
Prinzeßin Mariane wird Anfangs 8br hier mit dem Großherzog von Toskana
per
Procurationem getraut. da giebts es natürlich nicht nur große Feste
bey Hofe, sondern auch der hiesige und der fremde Minister müßen welche geben. als da
sind, HofConcerte, Meßen Opern pp
Morlachi ist nicht da, also wäre es
wirklich arg wenn gar kein KapellMster bei einer so hohen Feyerlichkeit anwesend wäre.
ich glaube wohl daß wenn ich darauf bestünde mir doch der Urlaub nicht um die Zeit
fehlen würde, aber es bewiese auch von meiner Seite wenig Delikateße und Anhänglichkeit,
meine PrivatAngelegenheit nicht um d eines dem Hofe so wichtigen Ereignißes willen, etwas
in Schatten zu stellen und zu verzögern. so wie ich hoffen darf daß mir diese
Aufmerksamkeit hoch angerechnet werden wird, einige schöne Präsente ungerechnet. Man
erwartet täglich den Kurier, nach deßen Ankunft alles bestimmt werden wird. Meine gute
Mukkin diese Verzögerung wird dir gewiß so tief schmerzlich sein als mir, aber ich bin
überzeugt zudu wirst meine Ansicht billigen, da es uns doch auch sehr wichtig
sein muß, unds an dem Ort wo wir leben müßen so weich wie möglich zu betten, und daß –
wollen wir haben daß die Leute Antheil an Uns nehmen
sollen – wir auch denselben an Ihnen beweisen müßen. Ah!
es ist mir ordentlich schon leichter ums Herz da ich dirs mitgetheilt habe.
besann mich schon seit ein paar Stunden ob ich nicht erst die Gewißheit davon abwarten
sollte ehe ich dir davon schrieb, und so dir vielleicht eine unnüzze Betrübniß ersparen
könnte, oder doch so spät als möglich sie dir verursachen, aber ich konnts nicht bei mir
behalten, und man gewöhnt sich auch eher nach und nach an so eine trübe Idee als wenn
sie so unerwartet aus den Wolken fährt. Auch ist es nothwendig sich den Fall als möglich
zu denken wegen verschiedener Anordnungen. Z: B: dein Einziehen in die Stadt Wien, das
ich gar ungern viel vor meiner Ankunft sehen würdeAuch Weber logierte vom 31. Oktober bis 5. November 1817 in diesem Hotel.. pp doch genug
von diesem trüben Punkt, deßen gewiße Existenz ich erst in 8 oder 14 Tagen erfahren
werde. Aber gestehe, geliebte Lina, daß es uns der Himmel recht sauer macht, und immer
was Neues dazwischen schiebt um uns ja das endlich erreichte Glük der Vereinigung recht
im höchsten Maaße genießen zu laßen. Aber so ist es mir mein ganzes Leben hindurch
gegangen, das gehört zu meinem Stern, und doch kann ich nicht genug den Allmächtigen
preisen das er so glüklich Alles am Ende für mich gewendet hat, und jeder scheinbare
UnglüksFall nur eine Stufe höher zum Glüklichern Erfolge war. Deßhalb vertraue ich auch
fest und hoffend auf seine Wege. Und so brav wird meine Mukkin auch sein, pflegt sich
noch recht, spielt allenfalls noch ein paar Gastrollen in Prag, und endlich und endlich
– komt der Muks von Dresden geflogen und dann solls einmal einer probiren ihn wieder
von seiner Lina abzuhalten.du wirst lachen über mein Geschwäz und meine Breite aber ich
kann diesen Abend an nichts anderes denken als an dich. Es war mir wirklich recht
seltsam gemischt zu Muthe da draußen wie ich es erfuhr. Die wirklich große Herzlichkeit
und Güte des Königl: Hauses, macht es einem zur freudigen Pflicht für sie alles mögliche
zu thun, und von der andern Seite die größe des Opfers daß so innigst sehnsuchtsvoll
herbeigewünschte Ziel, wo jede Stunde ab und angerechnet wurde wieder um einige Zeit
weiter hinaus geschoben zu sehen, besonders für mich, der ich mich noch außer meines
innersten HerzensTriebes so gerne an die einmal selbst gemachten Bestimmungen, Tage,
pp halte, und höchst ungern von denen damit verbundenen und mit
Liebe gehegten Träumen, trenne, die ich und recht schwer
auf andere Zeiten verlege – kurz – mein Gemüth war zu voll und ich muste es dir
ergießen. und gelte du wirst darum nicht traurig? du ergiebst Dich auch mit möglichst
frohem Muthe. Wer weiß ob ich Morgen den Brief nach reiflichen Ueberlegungen noch
fortschikke, da ich dir vielleicht unnüz einen trüben
Augenblik mache, aber doch ist es beßer so etwas so früh als möglich zu wißen Nun muß
ich aber in Bett ich bin herzlich müde.
Ich drükke dich in Gedanken aufs innigste an
mein treues Herz, Gott segne dich + + + gute gute Nacht bald nicht mehr auf dem Papier,
bald ganz Nahe ins Ohr – Gute Nacht Muks. – –
d: 29t
Mein
lieber Muks. Alle Zeit die ich dir widmen wollte, ist mir von einem GeschäftsMann nach
dem Andern gestohlen wordenLaut Tagebuch hatten Wilhelm Müller und Karl Witte Weber aufgesucht., worüber ich recht böse bin, und sie manchmal alle
todtschlagen möchte. ich will es aber Morgen in einem Extra Brief
nachholen, und küße dich herzlichst und guten Muths, habe nun auch die
Arie componirtLaut Tagebuch Szene und Arie der Agathe Nr. 8 zum Freischütz. und wir wollen sehen wer es beßer
getroffen hat du oder ich.
1000 Dank für deinen lieben
heiteren Brief No: 85, in dem ich nur Besorgniß für deine
Gesundheit habe.
Gott segne dich + + + ewig dein treu
liebendster Carl.