No: 93. Dresden d: 21t Sept: Nachts.
Mein vielgeliebtes Bräutlein!
Mitten in der Nacht muß ich noch ein bißel zu dir komen weil ich wohl
Morgen früh vor Abgang der Post gar keinen Augenblik finden werde, denn um 8 Uhr komt
der Zwik zu mir, um 9 Uhr gehe ich in eine Auktion wegen Spiegel, und um 10 Uhr ist
GeneralP: von den vorn: Wirth:
Müde, matt, und abgetragen komme ich gekrabbelt. Nach unzählichen
Conferenzen und Laufereyen habe ich endlich Heute Abend 7 Uhr den
Text der Cantate bekommen, und mich sogleich drüber her gemacht um
die Sache so bald als möglich los zu sein, habe also gedacht, gesungen, gesprochen
pp bis ich nicht mehr konnte, und zur Erholung ein bißel mit
der Mukkin pabsen muß. Zuerst laß mich ein bißel in Ett gehen und klagen. es geht mir
recht übel, nicht nur das Verschieben meines schönsten so lange erwarteten Augenblikes,
sondern auch der Andrang von unangenehmen Dingen, eine große Kantate komponieren zu
müßen, ohne Lust dazu, und in der störendsten unruhigsten Umgebung, dazu der neue
anzutretende KirchendienstNach der Bestätigung von Webers lebenslanger Anstellung als Hofkapellmeister war er ab dem 27. September 1817 in die wöchentlich wechselnde musikalische Leitung der Musik in der Dresdner Hofkirche eingebunden., von dem ich noch gar nichts
weis, und in den hinein zu arbeiten auch viele Zeit verlohren geht. Andrang von
Arbeiten, Aufsäzzen und Briefen aller Art, kurz ich bin wirklich manchmal ganz wüst im
Kopfe, und sehe mit der grösten verdoppelten Sehnsucht der Ruhe entgegen, deren
Zeitpunkt leider Gottes noch immer nicht bestimmt ist.
bis den 2t 8b erwartet man nun den lezten Kourier, und dann solls schnell gehen – –
Gott gebe es. Heute früh ½ 11 Uhr wurde ich abermals
S: Majestät präsentirt, er war ungemein freundlich, drükte mir die Hand die ich ihm
küßte, und sagte, ich erfreue mich Ihrer Talente. Die
Prinzen und Prinzeßinen waren außerordentlich erfreut und gütig. Prinz Anton fragte, nun
wie ists denn mit der Heyrath? ja! Ihro Hoheit ich kann ja nicht fort! da
sagte der Prinz Max gar gutmüthig, ach Gott daran bin ich Schuld pp
Sie sind wirklich ungemein lieb und gut. Dienstag muß ich hinaus nach Pillnitz um noch
extra meinen Krazfuß zu machen. vor Michaelis d: 27t komt der Hof ganz herein, da thue
ich meinen ersten Kirchen Dienst, und damit mich ja alles gleich recht
tüchtig trifft, habe ich in einer Woche
6 mal Dienst. das ist lustig – gelte? Gott läßt mich
alles sehr schwer erringen. das geht sogar bis auf Kleinigkeiten, so habe ich Z. B:
schon mit 2 Malern alles abgesprochen, akkordirt pp gehabt, und
immer musten sie mir wieder den Handel aufsagen, weil sie die Zeit nicht halten konnten,
jezt hoffe ich aber einen desto beßeren bekommen zu
haben, und so wird denn am Ende jede Verzögerung einer Sache noch zum
Besten gewendet. dieser Glaube ist mir durch eine
lange und immer wiederholte Erfahrung tief eingeprägt worden, ich halte gerne fest an
ihm, denn er hat ungemein viel tröstliches und Kraftverleihendes in trüben Zeiten wo
unsern Wünschen sich Hinderniße entgegen thürmen. Schreib mir nur recht oft mein lieber
MukkenKönig, deine Briefe sind immer eine solche Erquikung und Freude für mich. ich
kann sie jezt freilich nicht so wieder vergelten,
aber du must schon ein bißel Erbarmniß haben mit deinem sehr geplagten Hamster König.
Nun gehe ich in Bett, /: es ist richtig deine Bettstelle,
der andern habe ich Gestern auch die Füße abschneiden laßen :/ und will gut schlafen und
Kräfte sammeln, damit die Lina einen gesunden Muks kriegt, dem das bißel abarbeiten
nichts anhaben kann. Gottes Engel mögen dich auch umschweben + + + Gute gute Nacht mein
vielgeliebtes theures Leben. Ewig Dein Carl.
d: 22t
Einen schönen guten Morgen. geschlafen habe ich wie ein Raz, und wollte gar
nicht heraus aus dem Bett so daß es jezt schon ½ 8 Uhr ist, der Kaffee durchläuft, und
ich geschwind noch der Mukkin einen freundlichen guten Morgen sage. Da komt auch schon
der Tapezier. Es ist entsetzlich wie langsam die
Arbeitsleute sind und was man treiben muß, kaum wird das
Quartier in 14 Tagen fertig sein, und da hätte ich mich auch schön geärgert wenn ich
hätte fortgehen müßen und es unvollendet laßen und dich dann in den Troubel führen. Es
wird ohnedieß manches nicht so vollständig als ich wohl wollte, aber es geht nicht es
kostet zu viel, und zum nachschaffen muß ja auch noch etwas bleiben. und du must auch
noch was zu ordnen haben, gelte?
So eben war Zwik da und erzählte mir viel von
dir, wie freundlich du gewesenWährend Zwicks Gastspiel in Prag (26. August bis 12. September 1817); vgl. den Kommentar zum Brief vom 31. August / 1. September 1817. und wie gefällig die Liesel übernommenDie Lisette in Das neue Sonntags-Kind (Zwick spielte am 12. September als letzte Gastrolle den Hausmeister) war eigentlich die Rolle von Babett Allram., auch mit deinem
Benefiz zurükgestanden pp was mich alles sehr freute und ganz in
der Ordnung war. am Ende sagte er, und es war schön von ihr, und ich hoffe da wir
künftig an einem Theater sind es vergelten zu können, – – da lachte ich ihn denn
freilich aus – aber es ärgerte mich doch fast daß den Leuten das noch nicht aus dem
Kopf will, daß du und ich von einer festen Ueberzeugung abgehen könnten. Nein Nein, Muks
gehört meinem und ihrem Hause, ich will schon für Sie und
durch Sie der Welt etwas schaffen, was nicht
geschehen würde wenn Sie ihr auch angehörte.
Nun heißts aber schließen. Gott segne dich.
+ + + heut krieg ich ein Brieferl von dir, und hoffentlich ein Gutes, denn es wird die
Antwort auf meine Anstellung sein. Alles Erdenkliche an Drs und die
Mutter. Ewig Dein treuer Carl.
Millionen Bußen.