## Title: Carl Maria von Weber an Gräfin Caroline von Egloffstein in Dresden (Entwurf). Dresden, Samstag, 10. Juni 1820 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A041610 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ An die Frau Gräfin von Egloffstein, gebohrene Baronin von Buddenbrok. aus Königsberg. dermalen in Dresden. Hochgebohr: Gräfin, Gnädige Frau! Erlauben Sie mir hochverehrte Frau Gräfin daß ich mit jener Offenheit mit zu Ihnen spreche, die ich mir von jeher zur Pflicht gemacht habe, und ohne welche vielleicht eine mir wahrhaft sehr schmerzliche Miß Verstimmung in unser bis jezt so erfreuliches Verhältniß Plaz greiffen würde. Es wird mir diese Offenheit seit langer Zeit zum erstenmale schwer, da ich Dinge berühren muß die namentlich dem Künstler ein zarter Ehrenpunkt sind, und ihn beinahe immer verwunden, da er das ihm Theuerste, seine Kunst, in die gewöhnlichsten LebensVerhältniße | wo es auf Mein und Dein ankömt, herabgezogen sehen muß. Eine an sich ihn verlezzende Sache, doppelt, wenn er selbst von ihr sprechen muß. Meine Verhältniße stehen leider nicht hoch genug, um über allen GeldErwerb hinweg sehen zu könen, ja, im Gegentheil ich bin durch die Pflichten für mein Haus genöthiget, darauf ernstlich daran zu denken. die Zeit die mir meine DienstGeschäfte frey laßen, ist diesem gewidmet. Indem ich dieses hier ausspreche was eigentlich streng genommen hier gar nicht nöthig wäre, glaube ich Ihnen einen wiederholten Beweis, meiner vertrau[u]ngsvollen, wahrhaft freundschaftlichen Hochachtung für Sie und meine talentvolle liebe Schülerin zu geben. – Als ich im Winter verfloßenen Jahres, der Ehre Ihrer Bekanntschaft theilhaft wurde, sprachen so wohl Ihr seelger H: Gemahl, als Sie selbst, den Wunsch aus, meinen Unterricht für Comtesse Fanny zu erhalten. Sie waren mir damals ganz fremd, es ist unmöglich daß sowohl Ihr Hochsel: H: Gemahl als Sie selbst je sollten geglaubt haben, daß ich Zeit und Willen haben könnte, ohne eine Entschädigung für die Anwendung dieser Dinge, Unterricht zu ertheilen. Daß dieser Punkt niemals erwähnt worden war, gab mir einen erfreulichen Beweis Ihrer Delikateße, und ich konnte darauf bauen, daß eben diese, den Künstler in allen seinen Verhältnißen angemeßen behandeln werde. Als die trüben Ereigniße in Ihrer Familie mir und meiner Frau Gelegenheit gaben, Ihnen beweisen zu dürfen daß wir mit herzlicher Theilnahme den Fremdlingen ihre für den Augenblik drükkende Lage zu erleichtern suchen wollten, so weit es unsere Kräfte erlaubten, kam wahrlich kein Gedanke irgend einer Vergütung der mancherley kleinen Entsagungen die dadurch vielleicht veranlaßt wurden in unsre Seele. Wir thaten was uns Pflicht schien. Aber eben so ist es mir Pflicht, den Ehrensold in Anspruch nehmen zu müßen, der auf jeden Fall mit der Aufopferung meiner Zeit, ich mag Sie benuzzen wie ich will verbunden ist. Ich darf daher mit Recht hoffen, Sie selbst einer Verlegenheit zu entziehen, wenn ich nach dem Preiß den ich bisher stets erhielt wo ich mich entschließen konnte Unterricht zu geben und der einen Dukaten in Golde per Lection beträgt, Ihnen ergebenst anzeige, daß ich Comtesse Fanny bisher 84 Lectionen zu geben die Freude hatte. Ich gestehe daß das Geschenk des geschmackvolen Dejeuners mich in Verlegenheit sezte, weil ich vermuthen mußte, daß Sie dadurch einen Dank für die Ihnen in unserm | Hause aus reinem Herzen bewiesene Bereitwilligkeit, abtragen wollten. Ja ich würde in dieser Beziehung müßte ich nicht fürchten Sie zu beleidigen Sie fast um deßen Zurüknahme bitten. Ich bedaure wiederholt daß meine Verhältniße es mir nicht erlauben den Spruch, ein jeder Arbeiter ist seines Lohnes werth – übersehen zu als für nicht existirend ansehen zu könen, und schließe mit der freudigen Hoffnung, daß Sie meine Offenheit nicht verkennen, und stets glauben mögen daß ich mit wahrhaft herzlicher Hochachtung stets sein und bleiben werde E: H: ergebener [ohne Unterschrift] Dresden d: 10t Juny 1820.