## Title: Carl Maria von Weber an Georg Friedrich Treitschke in Wien (persönliches Schreiben). Dresden, Montag, 17. Dezember 1821 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A041821 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Mein sehr lieber theurer Freund! Je seltner wahrhaft redliche Theilnahme und Freundschaft in der Welt ist /: jemehr ich leider der trüben Erfahrungen in Menge aufzählen kann :/ je wohlthuender ist Ihr Begegnen, und man weiß sie doppelt zu lieben und zu achten. 1000 Dank mein lieber Freund für Ihre vertrauliche Mittheilung. Es ist mir ganz wohl geworden, seitdem ich meine Unterhandlungen in Ihren Händen weiß, und es nährt überhaupt mein Vertrauen zu den Einsichten der Administration, daß sie Ihnen die Hauptführung des Geschäftes vertraut. Tief fühle ich mit Ihnen den Verlust Ihrer trefflichen Direktoren, mit welcher Lust hätte das Werk empor blühen müßen. aber da nun die Verhältniße sich unabwendbar so gestaltet haben, da so manches fremdartige eindringen wird und muß, ist es glaub ich doppelt Pflicht den Muth nicht zu verliehren, und für das Gedeihen der Kunst zu thun, was man eben thun kann. Sie erhalten hier auch meine offizielle Antwort. ich habe Ihre und H: v. Mosel[s] treue Winke aufgefaßt; nach langer Ueberlegung es aber vorgezogen, gerade zu eine Summe auszusprechen, als mich erst auf irgend eine Weise, auf Roßini beziehend, einzulaßen. ich glaube daß da die Herren Ausflüchte und Einwürfe ohne Ende gefunden hätten. und am Ende hat es für mich etwas mir höchst wiederstrebendes, irgend eine Äußerung zu thun, die so aussähe als maßte ich mich an, mir selbst in der Welt einen Plaz bestimmen zu wollen. Ich habe es von mehrern Seiten her gehört, daß in Wien das Gerücht geht, H: Barbaja habe mir 300 # geboten. Nun, da habe ich also in öffentlicher Meynung, und Ihrem Rathe Gewähr genug für meinen Vorschlag. Das Buch das mir Helmina v Chezy dichtet, wird hoffentlich eine ausgezeichnete Dichtung werden. der erste Akt ist bereits zu meiner vollkommnen Zufriedenheit vollendet. | Bald schikke ich Ihnen das Ganze zu, und bitte um Ihre Erfahrungs- und Einsichtsvollen Bemerkungen. Die Hoffnung Sie im Frühjahr hier zu sehen erfreut uns alle sehr. Aber wissen Sie daß ich große Lust habe Ende Januar auf 14 Tage nach Wien zu komen? ich halte es fast unumgänglich nöthig das Personale selbst zu hören, und da die Eindrükke zu empfangen die mir erlauben mich dann mit größerer Freyheit und Sicherheit zu bewegen. ich kann natürlich der Administration nicht zumuthen auf dieß einzugehen. die Ausgabe wird nicht unbeträchtlich sein, aber ich hoffe viel davon für mein Werk. ich sage dieß blos zu Ihnen, und bitte daß Sie mir wo möglich mit umgehender Post sagen, ob ich soll oder nicht. Bis Anfang July die Oper zu vollenden, konnte ich unmöglich annehmen. erstlich habe ich eine komische Oper die 3 Pintos von Theodor Hell unter der Feder, die eigentlich für meinen gnädigsten Monarchen bestimmt ist, und die ich also nicht ohne ganz besondere Veranlaßung so liegen laßen kann. Zweitens erwartet meine gute Frau im May ihre Niederkunft, da taugt der Kopf auch mehrere Wochen nicht zum Arbeiten. und endlich schüttelt ein Deutscher, ders Ernst ernst mit der Sache meynt, die Opern nicht so aus dem Ermel. Dankbarst nehme ich Ihr gütiges Erbieten an, den Freyschützen an Ihre Provinzial Theater zu versenden. ich habe ehe ich auf Ihre Güte hoffen durfte, in H: Bäuerles Zeitung zwar an mich allein verwiesen, das hat aber nichts zu sagen. Nach Pesth und Prag habe ich sie selbst versandt. unter 20 # könnte man sie doch wohl nicht laßen? nach Abzug der Copiatur schmilzt das Honorar zusammen. Ich überlaße dieß | ganz Ihrer treuen Vorsorge und Freundschaft, und wir rechnen dann gelegentlich ab. In der Wiener Mus: Zeitung habe ich zu meinem großen Trost gefunden, daß man den Chor wieder verstärkt hat, der schon reduzirt worden war. das freut mich sehr. Nun genug für heute. Es ist tief in der Nacht. der Kirchen Dienst nimmt viele Stunden in dieser heiligen Zeit hier in Anspruch; auch bin ich jezt der einzige KapellMster im Dienst, da Signor Morlacchi in Venedig operirt, also muß man die Zeit nehmen, wie sie zu haschen ist. Gott erhalte Sie gesund und behalten Sie lieb Ihren herzlich ergebenen wahren Freund CMvWeber Dresden, d: 17t Xb 1821.