## Title: Carl Maria von Weber an Friedrich Rochlitz in Leipzig. Dresden, Mittwoch, 15. Mai 1822 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A041942 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Dem Herrn Hofrath Fried: Rochlitz. Wohlgebohren zu Leipzig. frey. Theurer hochverehrter Freund! Zürnen Sie nicht Ihrem Weber wenn er nicht früher dazu kam Ihren herzlieben Brief zu beantworten, ja, wenn er überhaupt nicht von selbst früher schrieb, und erst noch die Pflicht des Antwortens abwarten mußte. ich wollte es gleich thun nachdem Sie an Kind so sehr erhebend und lieb über meine Oper geschrieben hatten; aber leider wächst der Andrang an mich durch Dienst und Welt Geschäfte und schnellen Gesundheits und Krankheits Wechsel dergestalt daß ich manchmal einer Art von Verzweiflung nahe eben gar nichts thue. in dem Augenblike wo ich dieses schreibe wird um mich herum ausgeräumt und in 2 Stunden ziehe ich nach Hosterwitz; ich freue mich kindisch auf die schöne Natur und die zu hoffende Ruhe, wenn auch nur für einzelne Tage. Lina und ich danken herzlichst für Ihre Glükwünsche zu Ankunft des kleinen Max , der arme Kleine hat schon eine gefährliche Drüsen Geschwulst überstanden, die Hedenus operiren mußte. dazwischen habe ich auch wieder gelegen. — Nun aber geht es Gott sei Dank Mutter und Kind gut, und ich befinde mich beßer. Welche herrliche Aussicht eröffneten Sie mir, die aber im Augenblik des Anschauens wieder schwinden mußte. ich Ärmster, beklagen Sie mich, noch keine Note ist von meiner Euryanthe fertig, und es wird Spätherbst wo nicht Winter werden ehe sie gebohren wird. auch fühle ich durchaus keinen Willen in mir die Sache zu übereilen. der Freyschütz ist ein sehr gefährlicher Vordermann geworden, und ich habe wohl Ursache für fernere Erfolge zu zittern. Meine beste Hoffnung seze ich darauf, daß ich während der Arbeit Gottlob weder rechts noch links schaue, sondern | nur mein KunstZiel vor Augen habe, und thue was ich nicht laßen kann. habe ich früher nicht um des Beyfalls willen gearbeitet, und ihn fast bei gänzlicher Verzichtleistung darauf, doch erhalten, so wird mich ja jezt wohl Gott stärken meine redliche Bahn weiter zu verfolgen. Ich hoffe viel von Wien für Ihr geistig und körperliches Wohlsein. Wenn Sie nehmlich sich aller kritischen Anfoderungen an die Wiener im Vergleich mit den Norddeutschen entschlagen, und sich an ihrem offen heiter empfangenden und dankbar ergreiffenden kindlichen Gemüth erfreuen, und begnügen. und beim Himmel man kann sich damit begnügen denn ihre Kritik geht durchs Herz erst in den Kopf. Wenn doch der glükliche Zufall wollte daß ich Sie bei Ihrer Durchreise sehen könnte, ich komme oft nach der Stadt und wohne dann im goldenen Engel. ich werde in mehreren Gasthöfen für Sie Fallen legen, um Sie vielleicht zu fangen und herzen zu können. ich muß schließen der Troubel um mich wird gar zu groß. Gott schenke Ihnen Gesundheit und Zufriedenheit, und behalten Sie lieb, Ihren innigst treu ergebenen alten Freund Weber Dresden d: 15t May 1822.