## Title: Carl Maria von Weber an Friedrich Gerstäcker in Kassel. Dresden, Samstag, 16. November 1822 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A041973 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Dem Großherzoglichen, Chur- fürstlichen heßischen Kammer- Sänger, Herrn Fried: Gerstäker Wohlgebohren zu Cassel Den Vierten November 1822 erhalte ich einen Brief /: ohne Datum :/ von meinem lieben Gerstäkker der mir herzliche Freude machte, da ich nur zu gut weiß wie man gerade zu denen Briefen die man am liebsten schreibt am schwersten komt, und den 15t habe ich den 2t der schon fast böse thut daß ich noch nicht geantwortet. hat denn mein guter Sprudelkopf so ganz den Anfang seines eigenen Briefes vergeßen? ich will aber nicht zanken, sondern Sie in Gedanken herzlich umarmen und Ihnen aus voller Seele Glük wünschen, zur Annahme Ihres eben so ehrenvollen als vortheilhaften Engagements. Ich bin nun völlig über Ihre Zukunft beruhigt, und bitte nur Gott daß er Ihnen Geduld verleihe manche Wiederwärtigkeiten die im Laufe der Jahre unvorhergesehen eintreten können, zu übersehen und vorüber ziehen zu laßen. wo müßte man nicht etwas ertragen? daß hier Jedermann dem ich es erzähle sich freut, können Sie gewiß glauben besonders Lotte, Tante pp meine Frau nicht erst zu erwähnen. diese ist gottlob so gesund wie sie lange nicht war, und Musje Max ist ein derber Bengel, der jezt aber ein wenig seine Zahnleiden beginnt. Mit mir geht es so ziemlich. den Sommer über war ich viel geplagt da Schubert krank war. Meine neue Oper wird daher kaum noch diesen Winter in Szene gehn. bei der Tenor Parthie höre ich dann immer unwillkührlich einen gewißen Gerstäkker, deßen Verlust wir noch immer nicht verwinden können. Neu engagirt sind, Minna Schröder, und H Siebert. außerdem ein braver ital: Tenorist Gentili, ein Baßist Zezi. die Zanetti hat Furore gemacht, und die Tibaldi ebenfalls schon früher. Uebrigens geht alles seinen stillen Gang fort, und ich thue was ich muß, da ich leider nicht mehr thun kann. Hellwig leidet sehr an zerrütteten Nerven. Wilhelmi ist nach Berlin gereißt um sich vom Bandwurm zu befreyen. das ist alles Neue was ich weiß. Und nun Punktum für heute; 52, sage zwei und fünfzig, unbeantwortete Briefe sehn mich mit starren Geisterblikken an, und drohen mir. Gott erhalte Euch alle gesund und froh, meine Lina grüßt mit mir herzlichst, Frau, Sie, und Kinder, und ich bin immer und immer Ihr gewiß theilnehmendster treuer Freund Weber Dresden d: 16t 9b. 1822.