## Title: Carl Maria von Weber an Gottfried Weber in Darmstadt. Dresden, Mittwoch, 12. November 1823 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A042169 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Dresden den 12. November 1823 Vorgestern fand ich hier Deinen v. 1. d. M. […] dass die Herren den gescheuten Einfall gehabt haben, Dir das Doctordiplom, oder wie ihr Gelehrten es, glaub ich, zu nennen pflegt, den Doctorhut cum annulo et baculo, zuzusenden, das beweisst nur, dass solche gelehrte Herrn, neben ihrer Gelehrsamkeit, auch den guten Menschenverstand haben, einzusehen, dass Universitäten, gerade so wie grosse Herrn, durch Anerkennung ausgezeichneter Talente und Verdienste in Wissenschaft und Kunst, durch Diplome wie durch Ordensbänder, im Grunde sich selbst ehren, wesshalb auch wohl 25 andere Universitäten, schon längst vor dieser, auf denselben gescheuten Einfall hätten kommen können, Dir eben diese Aufmerksamkeit zu erweisen, so wie 25 grosse Herren ähnliche. — Gratulire Dir übrigens herzlich. Ist eben doch nichts Geringes! Brauch Dir natürlich nicht zu sagen, dass es mich freut als wärs mir selbst geschehen und, so wie ich Dich kenne, gewiss mehr als es Dich selber freuen mag; nur thut's mir leid dass ich mich künftig nicht mehr mit Dir trösten kann, das wir beide ohne äussere Ehrensignale unter den Leuten herumgehen. […] Rochlitzens Buch kann sehr interessant werden, wenn er es überall gut auswählt. Hast sehr recht gethan. Dass der [Schneider] in seinem Elementarbuch, wie der [Werner] in seiner Harmonielehre Dich elendiglich geplündert und schlechte Auszüge aus Deiner Theorie als Werke ihrer Feder ins Publikum senden, dass sie Dich dafür mit allgemeinen Lobsprüchen, Complimenten und Dedicationen abfertigen, statt ehrlich zu gestehen, dass Alles darin Dein, nur von ihnen verhunzt ist, — das, lieber Bruder, seh ich gar wohl ein, und jeder, der's vergleicht, wird's freilich auf den ersten Blick erkennen; aber alteriren darfst Du Dich darum nicht, denn das ist ein Schicksal, was Du mit so manchem andern Erfinder gemein hast, Du wirst den Lauf der Welt nicht ändern, dessen Motto da heisst: Wenn die Könige baun, haben die Kärrner zu thun. Denk nebenbei auch wie mir's mit meiner Oper geht; — nur dass die Herren mir wenigstens den Namen lassen. […] Mit alter Liebe Dein M. Weber.