## Title: Carl Maria von Weber an Hinrich Lichtenstein in Berlin. Dresden, Donnerstag, 5. Januar 1826 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A042671 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ S. Wohlgebohren dem Herrn Profeßor, Dr: Hinr: Lichtenstein Director des zoologischen Museums pp Berlin Universitäts Gebäude Innigst geliebter Freund und Bruder! Heute sind es schon 8 Tage daß ich Berlin verließ, und noch bin ich nicht dazu gekommen dir von meinem Befinden Nachricht zu geben. die NeujahrsZeit mit allen ihren Schrekken, Besuche geben und Empfangen und so manches dringende Geschäfte das ich vorfand, hielten mich von dieser lieben Pflicht ab. Meine Reise hieher war abscheulich, der Wagen stieß entsezlich, ich fühlte mich doch mehr angegriffen als ich glaubte, und manchmal dachte ich kaum es mehr aushalten zu können. die Erholung und Samlung meiner Gedanken auf der Reise, auf die ich so gerechnet hatte gieng also im Unmuthe unter. Sonnabend d: 31t Nachmittags um 3 Uhr überraschte ich meine Lieben frisch und gesund. um 8 Uhr fuhren wir zum Minister Nostiz um im Liederkreise das neue Jahr zu begrüßen. dießmal war die Gesellschaft in 6 Partheyen getheilt, wovon jede ein kleines Stük, Gruppe, oder Szene ausführte. Winkler hatte eine Szene gedichtet, in der die Muse der Tonkunst, Er als Merkur, Kind als HöllenGott und meine Opern personifizirt vorkommen. die allgemeine Theilnahme und Liebe ergriff mich sehr, und so schloß sich das alte Jahr mit heiteren Gefühlen. desto unruhiger obgleich gottlob mit Nichts unangenehmem begann das Neue. die Nachricht von dem glänzenden Erfolg der Euryanthe in München, in Privat Briefen und Zeitungen, machte mich sehr froh, weil dieser ganz rein aus der Sache selbst hervorgieng, und vereint mit dem Berliner bedeutend in die öffentliche Meynung einwirken muß. Gestern Abend endlich kam ich wieder zum Arbeiten, und nun geht's unermüdet drüber her so weit die Kräfte reichen. in Berlin, in dem Drang von Einem zum Andern fühlte ich es nicht so, aber die Abspanung komt doch nach. doch bin ich im Ganzen wohl, und Gott wird weiter helfen. So eben komt denn auch ein Brief vom H: Geh. S. Tschukke, worin ich angewiesen werde eine Quittung für das Honorar der Eury: von 800 rh: einzusenden. Nun, dagegen ist nichts zu sagen, das ist anständig, und ich kann dir nicht sagen was ich darüber froh bin, und des dummen Geldes willen nicht erst wieder Worte verliehren zu müßen. Dienstag Mittag war ich bei Jordans. da müßen Euch wohl die Ohren geklungen haben. überhaupt wärst du zu bedauern | wenn sie dir so oft klängen als wir deiner gedenken. Wie glüklich hast du meine Frau durch deinen lieben Brief gemacht, und mit welchen Aufopferungen hast du mir die Freude bereitet dich täglich sehen zu können. Mein geliebter Bruder wie tief fühle und verdanke ich das Alles im innersten Herzen. Warum macht mich der Himmel nicht so glüklich mit dir an einem Orte leben zu können. so manches Trübe, würde deine klare Besonnenheit und Einsicht mir wegscheuchen, — — . Meine gute Lina grüßt mit mir herzlichst deine treffliche Viktoire und die guten Kinder. ich habe Max viel erzählen müßen, wie geschikt Marie schon ist. Grüße bestens meinen lieben Wollank, Logier pppp. Gott erhalte Euch Gesund, und behaltet lieb, Euren alten ewig treuen dankbaren Weber. Dresden d: 5t Januar 1826. Die Wein Geschichte bei Jagor hab ich doch vergeßen, bitte, bitte, laß dirs von Heinrich Beer geben, mit dem ich allerley abzurechnen habe.