Heinrich Marschner an den Rat der Stadt Dresden
Dresden, Montag, 11. März 1822

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Absolute Chronologie

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An

E. hochedlen und hochweisen

Rath

zu

Dresden.

Wohlgebohrne, Veste, Rechtshochgelahrte, Hochweise,
Hochzuverehrende Herren!

Bei der, durch den Tod des Herrn Musikdirektor Uber nunmehro erfolgten Erledigung dessen Stelle als Cantor und Musikdirektor an hiesiger Creuzschule, nehme ich, der gehorsamst Unterzeichnete, mir die Freiheit bey Einen Hochedlen und Hochweisen Rath um Wohlgeneigte Conferirung dieser Stelle hiemit zu suppliciren, und [hoffe] durch Beilegung einiger in öffentlichen Blättern über meine musicalische Bestrebungen ausgesprochnen Urtheile auf einiges Vertrauen Anspruch zu machen. Ueber meine frühere Laufbahn spricht ein | Aufsatz des Königℓ. Kapellmeisters Hℓ. v. Weber /: in der Abendzeitung abgedrukt :/ über meine neuste Composition der Musik zum Prinz von Homburg der Dr. L. Tiek, ebenfalls in der Abendzeitung*, und ein ungenannter Sachkenner im Mercur ausführlich*, so wie auch in den Blättern vom 4ten und 5ten März d. J. von Zittau meiner Vaterstadt aus, nicht unrühmlich über mich und meine Oper „Der KyffhäuserBerg“ berichtet wird*. In der Leipziger musical. Zeitung vom vorigen Jahre wird meine Messe, die ich die Ehre hatte, Allerhöchst Ihro Majestät, unserm allergnädigsten König überreichen zu dürfen, für meine vorzüglichste Arbeit gehalten*. Auch vermag ich nicht die huldreiche Aufnahme zu verschweigen, welche meine Compositionen und mein Pianofortespiel bey Ihro Königℓ. Hoheit der Prinzeßin Amalie gefunden, und daß Höchstdieselben gnädigst geruht haben, mir zu erlauben, Höchstdenenselben ein Divertissement zuzueignen*, welches nächstens nebst andern Compositionen in der Leipziger Musikhandlung erscheinen werden. Unterzeichneter würde freylich durch Anführung dieser Dinge einigermaßen unbescheiden zu er|scheinen fürchten müßen. Da ich aber hiemit die Bekanntschaft meiner Gönner mit mir, am leichtesten zu vermitteln glaubte, so konnte ich jener Bedenklichkeit nicht Raum geben. Was nun den im Singen zu ertheilenden Unterricht bey hiesiger Creuzschule und die Direktion der erforderlichen Kirchenmusiken anlangt, so bin ich auch hierzu durch meine frühern Engagements zu Presburg und Wien, wo ich sowohl bereits Unterricht im Gesange ertheilt, auch bedeutende Musiken aufgeführt habe, hinlänglich vorbereitet, und würde mich deßfalls jeder Probe unterwerfen.

Ich bitte daher gehorsamst:

Daß E. hochedler und hochweiser Rath bey der Besetzung obgenannter Stelle mich wohlgeneigtest zu berüksichtigen geruhen, und untch mit schuldigstem Respect und vorzüglicher Ergebenheit E. hochedlen und hochweisen Raths
Gehorsamster
Heinrich Marschner

Apparat

Zusammenfassung

Bewerbung Heinrich Marschners um das Amt des Kreuzkantors in Dresden

Incipit

Bei der, durch den Tod des Herrn Musikdirektor Uber nunmehro erfolgten Erledigung dessen Stelle als Cantor und Musikdirektor an hiesiger Creuzschule

Generalvermerk

Karl Held überliefert in der Geschichte des Kreuzkantorats: „Um die [im März 1822] erledigte Stelle sandten nicht weniger als 14 Bewerber ihre Gesuche ein : 1) Heinrich Marschner aus Zittau, der seinem Schreiben eine warme Empfehlung C. M. v. Weber’s und eine günstige Kritik seiner neuen am 19. Juli 1820 zum ersten Male in Dresden aufgeführten Oper ‚Heinrich IV. und D’Aubigné‘ aus dem ‚Litterarischen Merkur‘ (Juli 1820) beilegte.“; vgl. Karl Held, Das Kreuzkantorat zu Dresden. Nach archivalischen Quellen bearbeitet, in: Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft, Jg. 10, Heft 3 (Juli 1894), S. 387. Christian Theodor Weinlig beurteilte die Probeaufführungen von drei Bewerbern (Heinrich Marschner, August Blüher, Friedrich Wilhelm Agthe) in seinem Pro Memoria vom 14. Mai 1822 (Stadtarchiv Dresden, Bestand 2.1.2 Ratsarchiv, Signatur: B. VII, 48, Bl. 214–216).

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Stadtarchiv (D-Dsta), Bestand 2.1.2 Ratsarchiv
    Signatur: B.VII, 48, Bl. 169f. (mit Beilagen Bl. 171-173)

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S.)
    • Ausfertigung von Schreiberhand mit Gebührenstempel (Zwey Groschen)
    • mit Präsentationsvermerk vom 10. März 1822

    Beilagen

    • beigelegt eine Abschrift von Webers Marschner-Aufsatz aus den Dramatisch-musikalischen Notizen (Bl. 171f.) sowie (auf Bl. 173) die anonyme Kritik zu Marschners Oper Heinrich IV. und d’Aubigné aus: Literarischer Merkur, oder wöchentliches Unterhaltungsblatt für alle Stände, hg. von Ferdinand Philippi, Jg. 1820, Nr. 60 (27. Juli 1820)

    Einzelstellenerläuterung

    • „… , ebenfalls in der Abendzeitung“Ludwig Tieck, Brief an einen Freund in Berlin über die Aufführung des Prinzen von Homburg auf dem hiesigen königlichen Theater, in: Abend-Zeitung, Jg. 5, Nr. 303 (19. Dezember 1821), wo es heißt: „Eine treffliche Ouverture, so wie bedeutende Musikstücke in den Zwischenakten und am Schluß, von einem genialen jungen Compositeur, Hrn. Marschner, verherrlichten die Darstellung“.
    • „… ungenannter Sachkenner im Mercur ausführlich“Gemeint ist die anonyme Kritik zu Marschners Oper Heinrich IV. und d’Aubigné in: Literarischer Merkur, oder wöchentliches Unterhaltungsblatt für alle Stände, hg. von Ferdinand Philippi, Jg. 1820, Nr. 60 (27. Juli 1820).
    • „… Oper Der KyffhäuserBerg berichtet wird“Vgl. die „Correspondenz-Nachrichten“ aus Zittau vom Januar 1822 mit Berichten über die dortigen Aufführungen der Theatergesellschaft von Franz Maschek, u. a. von Marschners Oper Der Kyffhäuser Berg, in: Abend-Zeitung, Jg. 6, Nr. 54 (4. März 1822), S. 216 und Nr. 55 (5. März 1822), S. 220.
    • „… für meine vorzüglichste Arbeit gehalten“Vgl. AmZ, Jg. 23, Nr. 18 (2. Mai 1821), Sp. 310; dort wird lediglich Marschners „Messe (sein neuestes Werk), welche die Beachtung der Kenner verdient“, genannt.
    • „… erlauben, Höchstdenenselben ein Divertissement zuzueignen“Marschners Grand Divertissement für Klavier zu vier Händen erschien noch 1822 bei Friedrich Hofmeister in Leipzig; vgl. u. a. Zeitung für die elegante Welt, Jg. 22, Intelligenz-Blatt Nr. 16 (20. August 1822), Sp. 34.

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