WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Carl Maria von Weber: Johann Sebastian Bach (Artikel über die Familie Bach) Weber, Carl Maria von Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Fukerider, Andreas

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erläutert zuerst die Bedeutung Joh. Seb. Bachs, ausgehend von seinem Stil und kompositorischen Besonderheiten; Hervorhebung von dessen Verbundenheit zur Kirche und zur Orgel; kurzer biografischer Abriss; Erwähnung der vier Bach-Söhne von Bedeutung bei Kaiser irrtümlich mit 20. April 1821 datiert Weber, Carl Maria von Johann Sebastian Bach J. S. Ersch J. G. Gruber Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste 7 Leipzig 1821 28-29

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29. April 1821 (laut TB) Deutsch Endkorrektur, Kommentare und keys ergänzt, Status erhöht letzten Abschnitt mit Enwurf verglichen und Abweichungen als Anmerkungen eingetragen Korrektur gelesen nach ED mit Schriftenliste abgeglichen Ergänzungen und Korrekturen Korrektur der Angaben von revisionDesc Auszeichnung des Textes Herstellung von Originalorthographie und Layout

BACH (Johann Sebastian), geboren zu Eisenach den 21. März 1685. – Von Zeit zu Zeit sendet die Vorsehung Heroen, die den gemächlich von einem Jünger auf den andern vererbten Kunst-Schlendrian und seine Modeformen mit gewaltiger Hand erfassen, und so ein Neues gestalten, welches nun lange in Jugendfrische vorbildlich wieder weiter wirkt, mit Riesenkraft seiner Zeit den Anstoß gibt, und den Heros, der es von sich ausgehen ließ, zum Licht- und Mittelpunkte dieser Zeit und dieses Geschmackes erhebt. In der Regel vergißt man dabei, ungerecht genug, daß diese Riesengeister doch auch nur Kinder ihrer Zeit waren, und daß viel Trefliches schon da vorhanden seyn mußte, wo so weithin leuchtend Großes erstehen konnte. – Seb. Bach gehört zu diesen Kunstheroen. Von ihm ging so viel Neues und in seiner Art Vollendetes aus, daß seine Vorzeit fast in Dunkelheit verschwand, ja, sonderbar genug, sein Zeitgenosse Händel wie einer andern Epoche angehörig betrachtet wird. Sebast. Bach's Eigenthümlichkeit war selbst in ihrer Strenge eigentlich romantisch, wahrhaft teutscher Grundwesenheit, vielleicht im Gegensatz zu Händels mehr antiker Größe. Sein Styl zeigt Großartigkeit, Erhabenheit und Pracht. Seine Wirkungen brachte er hervor durch die wunderbarsten Verkettungen der Stimmenführung, und dadurch erzeugte fortgesponnene seltsame Rhythmen, in den künstlichsten kontrapunktischen Verflechtungen, aus denen sein erhabener Geist einen wahrhaft gothischen Dom der Kunstkirche auferbaute, während alle kleineren Geister vor ihm, in der bloß herrschenden Künstlichkeit, untergingen, in Trockenheit das innere Leben der Kunst in der bloßen Form suchten und daher nicht fanden.

Nicht vergessen darf man dabei, daß die Musik damals vor allem der Kirche diente, und von ihr ausging. Der Orgelspieler lenkte die Gemüther, und die Tonwelt, die für einen schaffenden Geist in der Orgel liegt, gab hinlänglich jenen Stoff, den jetzt der Componist in allem Orchesterluxus suchen muß. – Die vollendete Beherrschung der Orgel, die S. Bach sich zu erringen wußte, bedingte auch seine ganze Kunstrichtung. Das Großartige, die immer in Massen sich aussprechende Natur dieses Instrumentes ist auch in ihm das Bezeichnende und Charakteristische, und die Größe seiner Werke in harmonischer Rücksicht entwickelte sich aus der Gewandtheit seiner Selenkräfte, die widersprechendsten Melodie-Linien zu einem Ganzen zu verknüpfen.

Diese Freiheit des Stimmenflusses in gleichwol strengster Gebundenheit, zwang ihn auch freilich Mittel zu erfinden, seine Erzeugnisse ausführbar zu machen. Daher verdankt ihm das Klavierspiel vor allem einen Fingersatz, den uns erst sein Sohn Karl Philipp Emanuel Bach in seinem Versuch, über die wahre Art Klavier zu spielen, mittheilte, und dessen Eigenthümlichkeit besonders darin bestand, daß er zuerst den Daumen wesentlich gebrauchte, da man vorher meist sich mit 4 Fingern beholfen hatte. Auch erfand er die sogenannte Viola pomposa, weil die damaligen Violoncellisten bei den figurirten Bässen seiner Werke nicht fortkamen. Es war dieß eine vergrößerte Bratsche mit fünf Saiten, der außer dem Violoncell-Umfang noch die höhere Quinte E beigegeben, und somit der Vortrag umfangsreicher Figuren erleichtert ward.

Von Seb. Bach ging das, was man eine Schule nennt, aus. Ohne die Stufen, die Er und Händel gebaut, wäre schwerlich Mozart zu seiner Höhe gestiegen. Die Kunst, seine Sachen wirkend vorzutragen, ist wol ganz untergegangen, da der davon zu erwartende Genuß weder auf der Oberfläche liegt, noch ob des Reichthums des harmonischen Baues, der äußere melodische Contour so vorherrschend heraustreten kann, als unser verwöhntes Ohr es verlangt.

S. B. war der Sohn des Hof- und Raths-Musikus Joh. Ambros. Bach zu Eisenach *)*) Die Familie stammt aus Preßburg in Ungarn von einem Bäcker, Veit Bach, der zu Anfange des 17. Jahrhunderts Ungarn verließ. In: Korabinsky Beschreibung der Stadt Preßburg 1784 findet man ein vollständiges Stammregister derselben. . Er erhielt, schon vor dem 10. Jahre verwaist, von seinem ältern Bruder, dem Organisten Johann Christoph in Ordruff, den ersten Unterricht; wie es scheint, nicht ohne Handwerksgrillen, da Sebastian sich den Weg zu den bessern Werken von Frohberg, Kerl, Pachelbel etc. heimlich, bei Nacht im Mondenscheine, bahnen mußte. Von hier kam er als Diskantist auf die Michaelisschule zu Lüneburg, von wo aus ihn der Trieb vorwärts zu schreiten öfter nach Hamburg führte, den berühmten Organisten Reinke zu hören. 1703 wurde er Hofmusikus in Weimar, 1704 Organist in ArnstadtAnstellung als Organist der Neuen Kirche in Arnstadt bereits ab 9. August 1703.. Von nun an entfaltete sich in regem Streben sein Geist. 1707 wurde er Organist in Mühlhausen, und im folgenden Jahre rief man ihn als Hoforganisten nach Weimar zurück, wo man ihn auch 1714 zum Konzertmeister ernannte. Kurz darauf erhielt er den Ruf als Kapellmeister zu dem Fürsten von Anhalt-Köthen; 1723 aber ging er nach Leipzig als Musikdirektor und Cantor der Thomasschule, wo er auch den 28. Juli 1750 am Schlage starb. 1736 hatten ihm der Herzog von Weißenfels den Kapellmeistertitel und der König von Polen den Titel als königl. poln. und kurfürstl. sächs. Hofcompositeur ertheilt **)**) Forkels geistreiches Werk, Über Joh. Sebastian Bach's Leben, Kunst und Kunstwerke, Leipzig 1802, darf nicht anzuführen vergessen werden. Am 19. November 1736 wurde Bach von Kurfürst Friedrich August II. zum Compositeur bey Dero HofCapelle ernannt; den Titel Fürstlich sächsisch-weißenfelsischer Hofkapellmeister von Haus aus erhielt Bach bereits 1729, dieser erlosch allerdings nach dem Tode des Herzogs am 28. Juni 1836..

Er hatte 11 Söhne und 9 TöchterAußerdem: Johann Christoph (*/† 1713), Zwillingsbruder von Maria Sophia, Leopold Augustus (1718–1719), Christiana Sophia Henrietta (1723–1726), Christian Gottlieb (1725–1728), Regina Johanna (1728–1733), Christiana Benedicta (*/† 1730) und Johann August Abraham (1733–1734).. Von den Söhnen, obwohl alle mit Talent begabt, haben 4 sich besonders ausgezeichnet.

Wilhelm Friedemann, genannt der Hallesche, geboren 1710 zu Weimar, ein gründlicher Orgelspieler, Fugist und Mathematiker, gest. zu Berlin 1784. Carl Philipp Emanuel, geboren zu Weimar 1714, gemeiniglich der Berliner genannt. Er neigte sich mehr zum galanten Styl, und war ein Liebling des Publicums. Der Kunst hat er den wichtigsten Dienst durch die Herausgabe des Werkes geleistet, worin er die Vervollkommnung des Klavierspiels der Welt mittheilte, die sein Vater erfunden hatte. Er starb zu Hamburg 1788. Ab hier Entwurf in Kopie vorhandenJoh. Christoph Friedrich, der Bückeburger, geboren 1732 zu WeimarJohann Christoph B. wurde in Leipzig geboren., und gest. zu Bückeburg 1795Sterbedaten fehlen im Entwurf, kam im Geschmack seinem Bruder Emanuel am nächsten. Johann Christian, genannt der EngländischeIm Entwurf: englische auch Mayländische, geboren zu Leipzig 1735 und gest. zu London 1782 als Kapellmeister der KöniginSterbedaten fehlen im Entwurf, war der galanteste dieser Brüder in seinen Arbeiten, daher zu seiner Zeit eben so beliebt, als jetzt gänzlich vergessen.

Überhaupt ist der Reichthum von musikalischen Talenten, den die Bachsche Familie geliefert hat, unglaublich ***)***) Gerber hat in seinem älteren und neuern Tonkünstler-Lexicon allein 22 ausgeführte Artikel..Die drei im Artikel integrierten Fußnoten stehen im Entwurf am Ende des Textes hintereinander.

(Karl Maria v. Weber.)