WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Aufführungsbesprechung: <q>Aschenbrödel</q> von Nicolo Isouard am 7. Mai 1811 in München, Königliches Hoftheater Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter

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kritische Betrachtung der Oper mit dem Fazit, dass deren zu sehr auf lokale Bedingungen berechnete musikalischen Anteile nicht für den Erfolg des Werkes in Deutschland verantwortlich sein können; lobt jedoch die sängerischen Leistungen in der Münchner Aufführung Zuschreibung: autographer Entwurf (s. Überlieferung); vgl. Bartlitz, S. 65; laut TB am 15. Mai 1811 entstanden und laut Brief an Gottfried Weber vom 15. Mai 1811 am selben Tag an B. Speth versandt Carl Maria von Weber [Miscellen.] München Kritischer Anzeiger für Litteratur und Kunst 5 20 18. Mai 1811 104 Fraktur

D; Berlin; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung; Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (IV), Bl. 34b/r–34b/v

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Miscellen. Königliches Hoftheater.

Am 7ten Mai gab man zum erstenmale: Aschenbrödel, (Cendrillon) Oper in drei Akten aus dem Französischen; Musik von Nicolo Isouard de MaltheWeber vermerkte seinen Besuch der Aufführung im TB; vgl. außerdem die Rezension im Journal des Luxus und der Moden, Jg. 26, Juli 1811, S. 464f..

Der ausgezeichnete Erfolg, mit welchem diese Oper in ParisUA: 22. Februar 1810 Opéra-comique, Salle Feydeau Paris gegeben wurde, bestimmte schnell das nach Fremdem haschende deutsche Publikum, sich auch dieses Produkt anzueignenAschenbrödel war zuvor in deutscher Sprache lediglich in Eisenstadt (9. September 1810) und in Frankfurt a. M. (1. Januar 1811) (Übersetzung von H. Schmidt) sowie in Wien (2. April 1811) gegeben worden. Für die EA in Berlin am 14. Juni 1811 wurde die deutsche Übersetzung von C. A. Herklots verwendet. Gottfried Weber hatte die Mannheimer Aufführung vom 26. Dezember 1810 besprochen; vgl. 1811-V-02. Jahre später wurde das Werk unter C. M. v. Webers eigener Leitung erstmalig in Prag (1. Januar 1814; vgl. TB und Notizenbuch) sowie Dresden (16. Januar 1819; vgl. TB-Eintrag und die Aufführungsbesprechung Teil 1 von C. A. Böttiger) gegeben.. Unter die darin wetteifernden Bühnen gehörte gleichfalls die unsrige.

Wenn man weiß, daß diese ganze Oper bloß wegen Mlle. St. Aubin geschrieben wurde, und daher so ganz auf ihre Individualität berechnet ist; daß man keine Nüance, sie in ihrem vortheilhaftesten Lichte zu zeigen, vergaß; daß alle ihre Umgebungen karrikirt wurden, um dadurch ihren Abstand von jenem anspruchlosen Wesen, für das man sich schon wegen des Druckes, unter dem es lebt, und der nie zu stark hervorgehoben werden kann, interessirt – desto größer und ergreifender zu machen; wenn man weiß, daß nebst dem Pomp, mit dem die Oper gegeben ward, auch alle lokalen Hülfsmittel ergriffen wurden, das reizbare Pariser Parterre zu entflammen; so ist wahrlich leicht zu begreifen, warum dieses Werk eine so enthusiastische Aufnahme erhielt.

Der Komponist hat auf seiner Seite nicht ermangeln lassen, alles zu benutzen, von dem er sich ein Applaudiren versprechen konnte. Der größte Beweis davon ist die Ouverture, die bloß auf den bekannten Harfenspieler Casimir, und den Hornisten Duvernoys berechnet ist; denn wären wohl sonst die eines Ouvertur-Styls ganz unwürdigen Cadenzen und kleinlichen Nüancen (die aber gewiß durch beide Spieler noch verziert und gehoben wurden) zu verzeihen?

Ueberhaupt hat der Tonsetzer am wenigsten gethan, die Oper zu erheben; beinahe alle Musikstücke bestehen aus abgedroschenen Sätzen, die durch eine unbehülfliche Instrumentirung noch mehr ins Licht gesezt werden. – Der Hauptmoment im 2ten Akte, wo jede Schwester die andere zu übertreffen sucht, hätte durch allen Zauber der Melodie und Instrumentirung bei Aschenbrödels Romance so herausgehoben werden sollen, daß er wie ein glänzender freundlicher Stern über den Talenten der beiden andern schwebte. In seiner gegenwärtigen Gestalt aber ist es eine unbedeutende Melodie, von der gar nicht zu begreifen ist, wie sie Wirkung hervorbringen soll. Gewiß liegt im Bolero, den die Schwester zuvor singt, mehr Gehalt und Effekt. Am gelungensten aber ist ohnstreitig das Duett zwischen dem König und Aschenbrödel im dritten Akt, welches als eine leidenschaftliche Situation dem Komponisten freilich auch den meisten Stoff lieh, und das er besonders glücklich – durch die darein verwebte Melodie des vorerwähnten Liedchens im 2ten Akte, durch das sie des Prinzen Liebe gewann, und welches Bild sie ihm gleichsam hier wieder zurückruft – zeichnete. Nächst dem ist das erste Duett zwischen den beiden Schwestern das karakteristischste. Beide im wonnigen Uebermuthe und trunken von dem Glücke, das ihrer harret, bewegen sich in durchkreuzenden Läufen und Passagen, und indem jede, sich selbst bewundernd, ihr Talent auskramt, ruft sie nur manchmal die Schwester auf, ihr den schuldigen Tribut des Beifalls zu zollen. Die Romanze der Cendrillon im 1ten Akt, und die des Königs sind – französische Romanzen, und die übrigen Musikstücke so unbedeutend und gehaltlos, daß der musikalische Theil dieser Oper gewiß nirgends ihr Glück gründen wird.

Im Ganzen gelang die Vorstellung ziemlich gutBesetzung lt. Theaterzettel (München, Theatermuseum und BayHSA Staatstheater. Theaterzettel 1807–1818. sowie München, BSB, Musikabteilung, 2° Bavar. 827, Nr. 1, Theaterzettel Hoftheater München 1805–1822 ): Weixelbaum (Ramir) / Lanius (Alidor) / Mittermair (Dandini) / Muck (Baron von Montefiascone) / Helene Harlas (Clorinde) / v. Fischer (Tisbe) / Regina Lang (Aschenbrödel). Aschenbrödel, Mad. Reg. Lang, both alles auf, diese Rolle mit all dem ihr eigenen Interesse zu geben. Sie spielte das bei inniger Herzensgüte und reiner unverdorbener Seele gleichwohl unbeholfne, bildungslose Mädchen mit vieler Wahrheit und Naivetät. – Mad. Harlas als Clorinde und Fr. v. Fischer als Tisbe bezeichneten, besonders Erstere, das Alberne eines hochtrabenden Ahnen-Dünkels in vielen Stellen sehr treffend; doch würde Tisbe im Duett des ersten Aktes ihr Spiel weit mehr und richtiger karakterisirt haben, hätte sie es, im Kontrast neben der Singprobe ihrer Schwester, durch geeigneten Tanz – wozu sie sich selbst die Melodie trillert – mehr markirt und hervorgehoben. Hr. Muk, als Montefiascone, war dießmal ganz in seiner Sphäre, weit weniger Hr. Mittermair als Ritter Dandini. Sein Fleiß verdient gerechtes Lob; doch fehlt seinem Vortrage in dergleichen Rollen noch die erforderliche Gewandtheit. Ramir Hr. Weixelbaum sang, vorzüglich das Duett mit Aschenbrödel im dritten Akt, mit Ausdruck und Bewegung. Das Ballet zu Anfang des 2ten Aktes glich mehr einem vorbereiteten Hoffeste, als einer Feenscene. Bei einer leichten wolkichen Dekoration würden die Tänze weit ätherischer geschienen, und den Karakter von sanft umgaukelnden Träumen gewonnen haben.