WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Über das schweizerische Musikfest zu Schaffhausen 1811 Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Solveig Schreiter

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namentlich unterzeichnete Besprechung des Musikfestes, das Weber während seines Schweiz-Aufenthaltes besuchte; die Schweizerische Musikgesellschaft verleiht ihm die Ehrenmitgliedschaft Zuschreibung: Autograph (s. Überlieferung), namentlich gezeichnet (Carl Maria von Weber); vgl. den Brief von Weber an Jakob Ignaz Sendtner (Redakteur des Gesellschaftsblattes) in München vom 11. September 1811, der die Vorlage zur vorliegenden Schrift bildete Carl Maria von Weber Correspondenz-Nachrichten. <lb/> Solothurn den 11. Sept. 1811 Gesellschaftsblatt für gebildete Stände 1 75 21. September 1811 607-608

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Correspondenz-Nachrichten. Solothurn den 11. Sept. 1811Solothurn war eine Station von Webers Schweiz-Reise vom 18. August bis 21. Oktober 1811, bei der er u. a. Schaffhausen, Winterthur, Zürich, Luzern, Bern und Basel kennen lernte, aber auch die berühmte Berglandschaft, z. B. die Rigi und das Berner Oberland, erwanderte..

Nachdem ich einige sehr angenehme Tage bey dem Baron Hoggier auf dem Wolfsberg zugebracht, und mich an der einzig schönen Aussicht auf den Bodensee mit seinen freundlichen Umgebungen, die ich als einen schönen Vor-Geschmack auf die mich in der Schweiz erwartenden Genüsse ansah – gelabt hatte, kam ich den 19. August in Schaffhausen anWeber weilte bis 24. August in Schaffhausen, zu den Konzerten hier vgl. TB-Einträge vom 22. und 23. August sowie einen weiteren Pressebericht.. Das Zuströmen der Menschen von allen Seiten war so groß, daß, obwohl ich die Vorsicht gebraucht hatte, ein Quartier zu bestellen, ich doch nur in einem Nebenhause des Gasthofes zur Krone, untergebracht werden konnte. Der Grund dieses hier unerhörten Lebens und Webens ist aber auch in der That so einzig in seiner Art, daß er verdient, Freunde aus allen Gegenden herbey zu locken. Die große Schweizerische MusikgesellschaftZu der 4. Versammlung der Gesellschaft in Schaffhausen vgl. auch Brief an Gottfried vom 30. August 1811 und die dort genannten Dokumente. hatte für dieses Jahr Schaffhausen zu ihrem Sammelplatz erwählt, um da mit vereinten Kräften die Aufführung einiger Meisterwerke zu veranstalten. Ich muß gestehen, daß das Ganze meine Aufmerksamkeit in hohem Grade auf sich zog: der kühne einzige Gedanke, alle Musikfreunde und Ausüber eines Landes aus allen Teilen desselben, zu einer bestimmten Zeit in einer jährlich neu zu wählenden Stadt zu versammeln, und hier an der Aufführung eines großen Werkes sich gegenseitig zu erfreuen, zu belehren, und Proben der während dieser Zeit gethanen Fortschritte abzulegen, konnte nur von Herzen und Männern geboten werden, die mit warmer Liebe für die Kunst und dem vollendetsten Eifer für sie, auch Einigkeit genug besitzen, keine Aufopferung zu scheuen, um zum Wohl des Ganzen zu wirken. Jeder ist verbunden, auf seine Kosten zu reisen, nur in der Stadt selbst ist ein Ein-Quartirungs-Bureau errichtet, von dem er die Weisung erhält, in welchem Privat-Hause er Wohnen könne; und freudig wird jeder solcher Gast von dem Hausherrn empfangen. Auf die Ausführung selbst war ich sehr begierig. Leute, die sich nicht kennen, ein Direktor, der nur Wenige ihren Fähigkeiten gemäß kennt, und daher auch dem Zufall überlassen muß, ob die Würdigsten an den wichtigsten Stellen stehen etc., und zu alle dem, um die Kosten für die Mitglieder nicht zu bedeutend zu machen, nur eine einzige Probe – wahrhaftig, wenn ich alles dieß zusammen rechnete, schien mir ein trauriges Facit zu resultiren.

Desto angenehmer wurde ich vom Gegentheile überrascht, und ich muß gestehen, daß ich nie geglaubt hätte, daß nach allen dem, was ich voraus geschickt habe, ein solches Ensemble zu Stande zu bringen wäre. Hrn. Dollmann aus Mannheim, gegenwärtig Musikdirektor in Basel, gebührt vor Allem ein ausgezeichnetes Lob wegen seiner fleißigen und feurigen Leitung des Ganzen. Nächst ihm verdienen Mad. Egli, eine schätzbare Dilettantin aus Winterthur (die vor Kurzem noch in München sich aufhielt, und dort zu ihrem Vortheil den Unterricht der Mad. Harlas genoß) und Mad. Egloff, aus Schaffhausen selbst, rühmlichst genannt zu werden. Die Chöre waren sehr brav besetzt, und vom Hrn. Musikdirektor Auberlen in Schaffhausen den anwesenden Liebhabern fleißig einstudirt. Es mochten etwas über 100 Sänger und circa 130 Instrumentisten seynGerhard Bucky, Die Rezeption der Schweizerischen Musikfeste (1808–1867) in der Öffentlichkeit. Ein Beitrag zur Geschichte der musikalischen Berichterstattung in der schweizerischen Tagespresse des 19. Jahrhunderts, Diss. Zürich 1934, gibt im Anhang eine Tabelle der Mitwirkenden für 1811 wieder, in der je 19 Violinen, 16 Violen, 8 Celli, 6 Kontrabässe, 12 Flöten, 4 Oboen, 10 Klarinetten, 8 Fagotte, 8 Hörner, 2 Trompeten und 1 Pauke genannt sind, dazu kam ein Chor aus 33 Sopranen, 40 Alten, 16 Tenören und 20 Bässen.. Manche waren wegen der Entlegenheit der Stadt von ihren Wohnorten abgehalten worden. Das große Conzert ging den 22. August vor sichVgl. dazu die Berichte in Der Erzähler (St. Gallen), Jg. 4, Nr. 36 (6. September 1811), S. 163 und Post- und Ordinaire Schafhauser Zeitung, Nr. 69 (28. August 1811). Gegeben wurde die Simph. aus C-Dur von Beethoven, und Himmels Vater Unser im 1sten Theil; im 2ten der Frühling und Sommer aus den Jahrszeiten von Hayden, und das herrliche Gloria aus C-Dur aus Abbé Voglers Messe aus C-mollHierbei handelt es sich um einen Lesefehler der Redaktion, vgl. Brief an Gottfried Weber vom 30. August 1811 sowie den Bericht über das Schweizer Musikfest im Badischen Magazin. Aufgeführt wurde das Gloria aus Voglers Missa d-Moll.. Den Tag darauf war wieder ein Conzert, in welchem einzelne Liebhaber in Arien etc. etc. auftraten und das sich sehr gut zur Aufmunterung für keimende Talente eignet. Im ersten Conzert waren gewiß über 1500 Zuhörer, im zweyten bedeutend weniger, weil viele Fremde wieder wegeilten. Das Lokale selbst, (wenn ich mich recht erinnere die KreuzkircheGemeint ist die Münsterkirche, vgl. Arnold Niggli, Die Schweizerische Musikgesellschaft, eine musik- und culturgeschichtliche Studie, Zürich u. Leipzig 1886, S. 16.) war nicht sehr günstig für Musik, indem sie sehr nachhallte, welches den ersten Tag durch die große Anzahl Zuhörer gemildert, aber den zweyten Tag desto merkbarer wurde, besonders da Conzerte etc. etc. sich nicht für ein so großes Lokale eignen, in dem nur Musikstücke von großen Massen Effekt machen.

Daß die Musikgesellschaft mir gleich nach ihrer ersten Sitzung die Ehre anthat mich zu ihrem außerordentlichen Ehrenmitgliede zu ernennenWeber wurde als außerordentliches Ehrenmitglied in die Schweizerische Musikgesellschaft bei deren Sitzung am 21. August aufgenommen; vgl. Brief an Gottfried Weber vom 30. August 1811 und TB 20. – 22. August sowie Versammlung der Schweizerischen Musik-Gesellschaft zu Schaffhausen, Bericht über das Schweizer Musikfest in Schaffhausen 1811 und Schweizer Musikfest in Schaffhausen 1811– Verleihung der Ehrenmitglied der Schweizerischen Musikgesellschaft an Weber., sey Ihnen nebenher gesagt; mich aber interessirte es besonders auch dadurch, daß ich Gelegenheit hatte, Ihren Sitzungen beyzuwohnen. Zum Präsidenten für künftiges Jahr wurde durch absolute Stimmenmehrheit neuerdings W. H. G.Nägeli, als Verleger, musikalischer Schriftsteller und Componist gleich der musikalischen Welt bekannt, – erwählt; so wie auch Zürich zum Versammlungs Ort für künftiges Jahr erwählt. Ich bedaure, daß mir der Raum nicht gestattet, Ihnen etwas ausführlicheres über die Verfassung der Gesellschaft zu schreiben. Gewiß ist es, daß dieser Verein die wohltätigsten Folgen für die Erhebung des Kunstsinns im Allgemeinen haben muß.

Daß es nebenher an Vergnügungen aller Art nicht fehlte, können Sie denken. Die Stadt Schaffhausen that Alles, um die sie besuchende Gesellschaft zu erfreuen. Besonders zeichnete sich darin die geschlossene Gesellschaft im Fäsen StaubDie Gesellschaft der Freunde zum Fäsenstaub (Fäsenstaub hieß das wenige Jahre zuvor erbaute Gesellschaftshaus mit Park) stellte ihre Räumlichkeiten für die Sitzung der Schweizerischen Musikgesellschaft und ihren Garten für diverse Unterhaltungen zur Verfügung; vgl. Post- und Ordinaire Schafhauser Zeitung, Nr. 69 (28. August 1811) und Arnold Niggli, s.o., S. 18. aus. Bälle, Feuerwerk, Illumination, Alles drängte sich, und herzlich ergriffen mußte jeder von dem freundschaftlichen, fröhlichen Tone werden, der sich bey den Mahlzeiten der Musikgesellschaft, so kräftig und bieder äusserte. National Lieder von dem ehemaligen Präsidenten Häflinger, dem eigentlichen Stifter der Gesellschaft, und Hebel in schweizerischem Dialekt wurden gesungen etc. etc. und froh trennte sich jedes Mitglied von dem andern, in der Hoffnung, sich das nächste Jahr froh wieder zu sehen. Auch ich verließ Schaffhausen den 24. und gab im Winterthur und Zürich Conzerte zur Zufriedenheit des Publikums, bestieg den Rigi, labte mich an dem Ueber-Blick von 13 Seen, und bin nun hier in Solothurn, um bald meinen Stab weiter in das Berner Oberland, oder nach GenfNach Genf kam Weber während seiner Schweiztour dann doch nicht. fortzusetzen.

Carl Maria v. Weber.