## Title: Aufsatz über Friedrich Kaufmanns künstlichen „Trompeter“ ## Author: Carl Maria von Weber ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031165 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Der Trompeter,#lb#eine Maschine von der Erfindung des MechanicusNeue Maschine des Mechanikers,#lb#Hrn. Friedrich Kaufmann, in Dresden.Hr. Kaufmann in Dresden ist als Erfinder des Harmonichords, mit dem er verflossenes Jahr eine Reise durch einen Theil Deutschlands machte, rühmlichst aufgetreten. Seine neuern Schöpfungen aber sindsind aber so ausgezeichnet, merkwürdig, besonders für den Akustikerbesonders für den Akustiker merkwürdig, dass sie verdienen, der Welt so viel als möglich bekannt zu werden. – Der Mechanicus, Hr. Mälzel in Wien, ist bekanntlich der erste Erfinder der Vorrichtung, die die natürliche Embouchure des Menschen an der Trompete nachahmt. Er bereicherte dadurch die Orgel und andre ähnliche Werke bedeutend, die sich bis dahin nur mit Pfeifenregistern, (Rohrwerken) die dem Trompetenton ähnelten – behelfen mussten. Späterhin vervollkommnete er seine Erfindung so weit, dass er durch diese künstliche Embouchure auch auf Einer Trompete, wie ein Bläser, mehrere Töne zu erzeugen wusste; da er früher zu jedem Ton eine Trompete nöthig hatte. – Auf diesem WegeWeg ist nun Hr. Kaufmann weiter geschritten, und hat einen künstlichen Trompeter verfertiget, der den Mälzelschen in jeder Hinsicht weit übertrifft. Ref. hatte während seines Aufenthaltes in Dresden Gelegenheit, diese Maschine noch unvollendet auf dem Schraubstocke zu sehen und zu hören. Sie war aller Bekleidung beraubt, und jede Täuschung durch verborgene Mittel musste daher wegfallen. Die höchst einfache, compendiöse Maschine blies auf einer, ihr angesetzten Trompete (welche Ref. mehrere Male wechselte, um Versuche zu machen) mit vollkommen schönem, gleichem ToneTon, und fertigem Zungen stoße die Töne in verschiedenen Aufzügen, Fanfaren u. dergl. Schon hierin sind die Töne a und h nebst den Clarino-Tönen merkwürdig und bey Mälzel nicht zu finden. Aber noch interessanter und an das Unbegreifliche gränzendgränzende ist das Hervorbringen von Doppeltönen in der gleichsten Stärke und Reinheit. Ref. war sehr überrascht, als er nach einigen einstimmigen Sätzen auf einmal ein Paar muntere AufzügeStükkchen in Octaven, Terzen, Quinten etc. und einen sehr schönen Doppeltriller auf f[/]d zu hören bekam. Nach akustischen Erfahrungen ist freylich die Gewissheit des Mitklingens der zu gewissen Accorden gehörigen Töne bekannt, und einzelne Versuche, besonders auf Horn und Flöte, wurden schon von ausübenden Künstlern unternommen, aber nur als sehr unsicher in der Ausführung, und als Künsteleyen betrachtet. Es ist daher höchst merkwürdig für die Theorie der Tonerzeugung, dass ein Instrument dasselbe mit eben der Vollendung, wie zwey Trompeten, hervorbringen kann. Was einer Maschine möglich wurde, sollte wol dem Vorbilde – dem natürlichen Ansatze – auch nicht unmöglich seyn. Die Töne a-h konnten bisher nur vermöge des bekannten StopfensStopfen mit der Hand geblasen werden, und waren aus der Reihe der brauchbaren Töne ganz verbannt, weil sie sowol schwer zu blasen, als auch zu ungleich und abstechend im Ton von den sogenannten natürlichen Tönen waren. Hier stehen sie aber alle im schönen Verhältnis, in gleicher Kraft, und zwar ohne ein anderes Hilfsmittel, als das des Mundstückes. Wenn auch die Doppeltöne für den gewöhnlichen Gebrauch unausführbar wären, welche Bereicherung wüchse uns | nicht schon durch jene Töne zu! Wie viel effectvoller und zweckmässiger könnten künftig die Trompeten benutzt werden! – Sonderbar ist, dass Hr. Kaufmann, trotz aller angewendeten Mühe, bis jetzt noch keine Sexte zugleich, erzwingen konnte, da er doch sogar Secunden, grosse und kleine Terzen, Quarten, Quinten und Octaven hat. – Hr. Kaufmann ist der Vollendung des Aeussern nahe, (ein Trompeter in altspanischerSpanischer Tracht, in dessen Kopfe auch eine Uhr angebracht wird, vermöge welcher man es bestimmen kann, zu welcher Stunde er von selbst blasen soll etc.) und wird dann hoffentlich mit diesem interessanten KunstwerkeKunstwerk, das auf jeden Fall Stoff zu vielen neuen Ansichten und Versuchen darbietet, eine Reise unternehmen. Nächst diesem ist bey Hrn. Kaufm. noch zu finden: 1) Ein Trompetenwerk mit Uhr von 24 Trompeten und 2 Pauken, welches mehrere Stücke spielt. Hier hat zwar jede Trompete nur Einen Ton: die Zahl derselben erzeugt aber doch Mannigfaltigkeit, und Ref. fand daran besonders auszeichnungswerth, dass sie die Abwechslungen des Piano und Forte besitzt. Bey dem Paukenwirbel wird das Crescendo durch einen4 auf besondere Art gefertigtengefertigte Klöppel hervorgebracht, wo auch zugleich das Unangenehme des unwillkührlich doppelten Anschlags derselben bey Mälzel – vermieden wird. Das Gehäuse von Mahagoni und Bronze, wo die Trompeten selbst eine natürliche Trophee bilden, ist geschmackvoll und zweckmässig. – Diese Maschine ist im Ganzen den Mälzelschen Trompetenwerken nachgebildet, doch vollkommner, namentlich des Piano und Forte wegen etc. 2) Eine Maschine eigner Erfindung, mit Uhr. Sie spielt auf dem Fortepiano, (nicht, wie bey gewöhnlichen Spieluhren, auf Harfe) Flöte und Flageolet mehrere Ouverturen, Concerte Arien etc. Ganz neu bey Spieluhren ist hier der wirklich natürliche Anschlag des Fortepianos durch Hämmer, so wie der bey denselben übliche Gebrauch der einzelnen Dämpfer oder Züge, welche, so wie es der Vortrag verlangt, von der Walze selbst gehoben werden. Da übrigens auch durch willkührlichen, schwächeren und stärkeren Anschlag der Hämmer selbst, Piano, Crescendo, Decresc., Forz. etc. hervorgebracht wird, und die Flöte ebenfalls sich durch Cresc. und Decresc., und zwar in aushaltenden Tönen auszeichnet – so ist natürlich, dass dadurch weit mehr Geist und Leben in die Musik gebracht werden kann, als bis jetzt bey dergleichen Maschinen der Fall war. Ein Bureau von Mahagoni mit einem Tempel auf Marmorsäulen geziertMarmorsäulen Tempel, in dessen Kuppel sich eine Uhr befindet, – umschliesst das Ganze. Ausserdem hat Hr. Kaufmann seit seiner letzten Reise wieder ein neues Harmonichord gebaut, welches stärker und voller im Ton und in der Höhe weniger spitzspizig ist, auch geschwinderen Anspruch, und daraus entspringende grössere Deutlichkeit, vor dem ersten voraus hat. Die beyden Spieluhren sind von der Erfindung des Vaters, H: J. G. Kaufmann; das Harmonichord ist durch gemeinschaftlichen Fleiss entstanden, der Trompeter aber alleinige Schöpfung des Sohnes, Friedrich Kaufmann. Möge dieser thätige, genievolle, junge Mann die Unterstützung und Aufmunterung finden, die seines rühmlichen Strebens würdig ist! – #lb#September 1812.#lb#Carl Maria von Weber.