## Title: Carl Maria von Weber: Konzerte in der Margarethen-Kirche zu Gotha (29./30. September 1812) ## Author: Carl Maria von Weber ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031169 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Musik.Conzerte in der Margarethen-Kirche zu Gotha.#lb#Gotha, den 3ten October 1812.Bei der Seltenheit, mit welcher uns öffentliche Kunstgenüsse zu Theil werden, verdiente es wahrlich den besten Dank des Publicums, daß Hr. Kantor Schade es unternahm, uns den 29. und 30. September in der Margarethen-Kirche zwei Conzerte zu veranstalten, die, außer | den schon in hiesiger Stadt vorhandenen Kunstmitteln auch noch durch den Beitritt vorzüglicher, in der Nähe wohnender Künstler, einer vollendeteren Ausführung und Mannichfaltigkeit gewiß wurden. Zugleich hatte Hr. Schade dafür gesorgt, daß wir Musikstücke in den verschiedensten Stylen zu hören bekamen. Den 29. begann das Conzert Abends 5 Uhr mit der herrlichen Ouverture des Don Juan von Mozart. Dann blies Hr. Cammer-Musicus Sommer aus Rudolstadt ein Horn-Conzert von Duvernoy, mit schönem Tone und Sicherheit. Zu bedauern ist es, daß bei diesen, meistens höchst mittelmäßigen Compositionen des Hn. Duvernoy, das Horn auch zu einem so traurigen Zwitterwesen gemacht wird, in welchem weder die herrliche Kraft und Fülle der tieferen TöneRegionen, noch die singenden höheren Regionen benutzt werdensingende Höhe zum Vorschein kommt. In einem UmfangeRaum von höchstens anderthalb Octaven wirbeln und drehen sich alle Melodien und PassagenPaßagen und Melodien, und erzeugen eine, dem Instrumente ohnehin leicht eigene Eintönigkeit. Unser geschätzter Spohr nebst seiner Gattin erfreuteerfreuten uns hierauf mit einer Sonate für Violine und Harfe von seiner Composition, von der wir aber leider nur den ersten Theil des Allegro's, und das aus Mozartschen Thema's gewebte Potpourri zu hören bekamen. Selten hat Referent in peinlichern Gefühlen da gesessen, als hier, wo gegen Ende des ersten Theiles ein Pedal hängen blieb, dann, nach Wegräumung dieses Hindernisses eine Saite sprang etc. Wie störend für den Zuhörer, – und wie aus allem Gange und Gusse bringend solche Zufälle für den Spieler sind, ist nicht genug zu beschreiben, und doppelt erfreulich war daher die doch noch vorzügliche Aus | führung von beiden Seiten. Die Sonate selbst (die neueste)/: die neuste von Spohr :/ war sehr schön gearbeitet und dankbar für die Ausübenden. Die Krone aller Sinfonien, die große, allgewaltige, ergreifende, aus c dur von Mozart mit der Schlußfuge, eröffnete den zweiten Theil. Sie hatte das Orchester belebt – begeistert, und wurde mit einer, für ihre Schwierigkeit, seltenen, Vollendung gegeben. Die Tempo's waren feurig und gut, – Schatten und Licht durch genaue Beobachtung des Piano und Forte verbreitet, – und Blas- und Saiten-Instrumente wetteiferten im rühmlichsten Kampfe, das Ganze in Einem Gusse wiederzugeben. Bei Referent war dieser herrliche Genuß mit der wehmüthigen Gewißheit begleitet, hier nicht bald wieder etwas so Vollendetes zu hören, da unser Spohr schon den 5ten October eine größere Reise über Leipzig und Dresden nach Prag, Wien etc.nach Leipzig, Prag und Wien antritt, und mit ihm uns seine Schüler, – eine wichtige Stütze unserer Musik-Productionen; verlassen. Hierauf gab man den 84sten Psalm von demder Comp. des würdigen Musikdirektor Schicht in Leipzig. Fugen und Chöre sind mit einer seltenen Klarheit und Kraft gearbeitet; Arien und Solos möchten den neueren Melodisten nicht so recht behagen und vielleicht dem Ganzen der Vorwurf des zu breit gehaltenen, nicht ohne Grund zu machen seyn. Die Chöre wurdenwaren etwas schwach, übrigens aber gut ausgeführt. Den 30. früh um 10 Uhr begann der zweite Ohrenschmaus[.] Referent kann nicht läugnen, daß ihm Conzerte bei'm Tageslichte, noch dazu Morgens, immer in eine etwas unbehagliche Stimmung versetzenversezten; wobei der Markt | tag und das mit demselben verbundene Fahren, Peitschenknallen etc. dicht an der Kirche, – eben nicht geeignet waren, ihn von seinem Widerwillen zurück zu bringenabzubringen. Besondere Rücksichten mochten wohl den Hrn. Cantor Schade zu dieser Einrichtungdiesem Arrangement bestimmt haben. Die schöne, kräftige, in großen Massen sich bewegende Ouverture aus d dur von Bernhard Romberg begann, und wurde mit Präzision und Feuer gegeben. Hierauf folgte der mit Recht hoch gefeierte Hermstedt, mit dem trefflichen Clarinet-Conzert aus c moll von Spohr. Es wäre überflüssig, hier noch etwas zu seinem Lobe sagen zu wollen. Im Adagio schien er sich heute besonders zu übertreffen, und wenn er nach mehreren Reisen, und dem Hören vorzüglicher Sänger seine Gesangs-Methode noch etwas mehr gerundet hat, möchte wohl kaum mehr etwas zu seiner Vollendung fehlen. In Hinsicht der Composition sprach das Rondo Referenten am meisten an. Der aus Berlin vor Kurzem zu uns gekommene bekannte Componist und Clavierspieler Carl Maria von Weber spielte nurtrug nun eine kurze Phantasie und Variationen über die schöne Romanze aus der Oper Joseph von Mehul (dem Vernehmen nach erst hier von ihm vollendet) auf dem Forte-Piano vor. Einige verstimmte Töne in der Höhe des übrigens volltönenden schönen Instruments, schienen auch ihn für einen Augenblick zu verstimmen, aber alsobald verschwand dieses, und er spielte mit dem an ihm bekannten Vortrage. Hr. Cammersänger Methfessel aus Rudolstadt sang mit Mad. Scheidler ein Duett von seiner Arbeit, in angenehmerComp: mit der ihm eignen angenehmen Manier. Das Duett selbst ist im bessern Italienischen Style geschrieben. | Den Beschluß machte die Glocke von Schiller mit der Musik des Andreas RombergComp: Andreas Rombergs. Es ist schon so Vielesviel über dieses Werk die Kreuz und Quere gesprochen worden, daß Referent sich damit begnügt, die Ausführung als sehr gut zu preisen. Die Solo-Partien wurden von MIle. Caroline Schlik und dem Hrn. Methfessel und Schiffner vorgetragen. MIle. Schlik trat hier nach langer Zeit zum erstenmale wieder öffentlich auf; und obwohl ihre Stimme nicht die stärkste ist, so erhob sie sich doch hinlänglich durch deutliche Aussprache und gute Methode. Mlle. Schlik war lange in Italien, und wir müssen nur wünschen, Sie recht oft öffentlich zu hören, damit Sie eine gewisse natürliche Furchtsamkeit überwinde, und dann im Stande sey, ungestört Ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Daß wir übrigens eine recht fertige, geschmackvolle Clavierspielerin inin Ihr besitzen, ist bekannt. – Da Herr Conzert-Meister Spohr Gelegenheit gehabt hatte, dieses Werk in Hamburg unter des Componisten Direktion zu hören, so können wir gewiß seyn, die so oft vergriffenen Tempo's hier richtig gehört zu haben. Zum Schlusse muß Referent noch bemerken, daß es im Ganzen Schade war, diese Aufführung in einer Kirche halten zu müssen; theils geht manche kleine Nuance in dem großen Locale unter, und theils geht der einzige Lohn des Künstlers, der augenblickliche Enthusiasmus eines Beifall zollenden Publicums verloren, und eine gewisse tötende Kälte bemächtigt sich des Ganzen. Gewiß hätten sowohl die kunstliebenden Einwohner unserer Stadt, als auch die zahlreich herbei geeilten Fremden, gern laut ihren Dank ausgesprochen. | Die Durchlauchtigste Herzogin erfreute beide Conzerte mit ihrerdurch Ihre Gegenwart. Deren des gnädigsten Herzogs waren wir leider durch eine bedeutende Unpäßlichkeit desselben beraubt. #lb#Melos.