WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Konzertübersicht der Fastenzeit 1816 in Prag (Teil 3 von 7) Konzerte für die Hausarmen, Prag 22. und 29. März Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter

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Besprechung von zwei Konzerten unter Leitung von Weber; 1. Konzert mit Haydn-Sinfonie und Christus am Ölberge von Beethoven; im 2. Konzert wurde viel Weber gespielt: Ouvertüre zu Turandot, Arie (höchstwahrscheinlich WeV D.2) und 1. Ton Konzertübersicht der Fastenzeit 1816 Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung 3 119 28. April 1816 475 Kaiser (Schriften), S. 76–79 (Nr. 81 und 82) D Berlin Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (VI), Bl. 43a/r–43b/r

keine Überschrift über dem Ms; Incipit: D: 22t. und 29t. März wurden zum Besten des Fonds zur Unterstüzzung der Hausarmen; nach kurzem Strich Incipit Das 2t. Concert d: 29t. enthielt des Mannigfaltigen mehr; keine Datierung in A

auf Bl. 1r und v von DBl. (Format 33,6x20,1 cm, grünliches Papier, WZ: bekröntes Ornament mit Horn, Gegenmarke: IFOM, Kettlinien ca. 2,4–2,6 cm)von Weber pag. S. 99; Text quer mit Blei gestrichen von fremder Hand

HellS II, S. 176–181 MMW III, S. 108–110

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Deutsch 14., 17. und 18. April 1816 (laut TB) Kontrolle, Kommentare eingefügt, Status erhöht mit Entwurf verglichen und Abweichungen als Apparat vermerkt Text eingefügt und ausgezeichnet Metadaten korr. mit Schriftenliste abgeglichen Initiale Transformation aus der Schriftenliste.xml (Ticket #813)

Den 22. und 29. März wurden zum Besten des Fonds zur Unterstützung der Hausarmen imum 5 Uhr Nachmittags in dem Redoutensaale zwei Akademien unter der Anordnung und Leitung des Operndirektors C. M. v. Weber gegebenVgl. Webers Notizen im TB sowie den Themenkommentar., dessen Streben sichtlich immer dahin gehtH: v: W:s Streben geht schließlich immer dahin, das Publikum an ernstere Kost zu gewöhnen, und dadurch erhalten wir manches größere Werk, das die gewöhnlichen Konzertgeber aus Sucht durch das Mancherlei zu reizen, verschmähen. Wir hörtenAuch hörten wir in dem ersten dieser KonzerteConcert eine ganze SymphonieLt. Webers TB-Eintrag vom 22. März wurde die Sinfonie in Es-Dur aufgeführt. von Haydn, deren Ausführung, bis auf einige kleine Flecken im Adagio, lobenswert zu nennen war. Hierauf folgte Beethovens Oratorium Christus am Ölberge, von Herrn und Madame Grünbaum Herrn Siebert und dem ChorpersonaleChor des Landständischen Theaters gesungen.

Der geniale Geist des Komponisten verleugnet sich auch hier nicht und blitzt oft herrlich in einzelnen Stücken auf, wenngleich Ref. an dem Ganzen Haltung und Einheit des Stiles vermißt, sowie auch jene edle Einfalt desselben, die dem Geiste des Oratoriums ausschließend eigen sein sollte.

Die effektvollen Chöre erinnern oft an das Theater und erwecken den Wunsch, sie da zu hören, welches allerdings für ihre Lebendigkeit, nicht aber für denaber nicht für eigentümlichen Charakter der Musikgattung spricht. Auch entbehrte Ref. ungern die Krone des ernsteren Stils, die Fuge, von welcher zwar lockend ein Thema gezeigt, aber eben so schnell auch wieder verlassen wird. Wenn die hohen Meister der Kunst sich diese Abweichungen und flüchtige Behandlung bedeutender Dinge erlauben, wirkt das Beispiel nachteilig auf das ohnedies immer oberflächlicher werdende Studium der Kunst in ihren geheimsten Tiefen.

Die Ausführung war vonseiten des Orchesters gut und präzis, vonseiten der Chöre wirklich trefflich zu nennen; letzteres muß uns um so angenehmer ansprechen, da vor ein paar Jahren wir uns noch keines guten Choresnoch keineswegs uns eines guten Chores rühmen konnten und wir gegenwärtig mit Dank erkennen müssen, daß die Kraft und Präzision des unsrigen nur ein Werk des würdigen Operndirektors Herrn Carl Maria v. Weber sei. Das nicht sehr zahlreich versammelte Publikum war lau und zeigte, daß es diese ernste Musikgattung nicht sehr liebeIn Johann Nepomuk von Choteks Tagebüchern ist dazu zu lesen: Das Oratorium Christus am Oelberg von Beethoven […] hat einige hübsche Stellen, besonders sind die Chöre schön, der erste und auch der letzte haben eine schöne Fuge und der Wechselchor der Krieger und Jünger ist auch sehr schön, der Text ist schlecht. Das Publikum war nicht zahlreich, […]; vgl. Weberiana 19 (2009), S. 55..

Das zweite Konzert, den 29., enthielt des Mannigfaltigen mehr, ohne deshalb besuchter zu sein. 1. Ouvertüre zu Schillers Turandot, nach einer echt chinesischen Nationalmelodie, bearbeitet von C. M. von Weber. Trommel und Pfeifen tragen die seltsame, bizarre Melodie vor, die dann, vom Orchester ergriffen, in verschiedenen Formen, Figuren und Modulationen festgehalten und ausgeführt wirdist. Gefälligen Eindruck kann es, ohne sich ganz an die Tendenz der Sache zu halten, nicht hervorbringen, doch muß es alsaber ein ehrenwert gedachtes Charakterstück anerkannt werdenmag es sein.

Madame Grünbaum entzückte in einer ArieVermutlich die der Sängerin gewidmete Szene und Arie für Sopran zu Méhuls Helena op. 52 (WeV D.2) von C. M. v. Weber durch ihren seelenvollen Gesang, der die in dieser enthaltene große Aufgabeenthaltenen großen Aufgaben mit bewunderungswürdigerbewundernswürdiger Leichtigkeit so schön löste daß gewiß des Komponisten Zufriedenheit in den lauten Beifall des Publikums einstimmte.

3. Phantasie für das Pianoforte, mit ganzem Orchester und Chor von Beethoven, gespielt von Herrn Freytag aus Berlin. Wir hörten diese geistvolle Komposition zum ersten Male und waren sehr erfreut, unter dem Titel einer Phantasie, der uns einer vielleicht etwas ausschweifenden Regellosigkeit zur Schutzwehr zu dienen schien, ein schön gedachtes, planvolles Werk zu hören, dessen Bau erst am Ende durch die Worte des Chores ganz verständlich und klar wird, daher bei einem zweiten Anhören sehr gewinnen müßte. Herr Freytag, der von Berlin hierher gekommen ist, um bei unserm Operndirektor von Weber die Komposition zu studieren und sich im Pianofortespiel zu vervollkommnen, trug seine Partie mit Geschmack und Sinn vor und überwand, die zuweilen sehr bedeutenden Schwierigkeiten mit Kraft und Sicherheit. Das Studium des Trillers glauben wir ihm jedoch vor allem noch empfehlen zu dürfen, uns aber übrigens einen ausgezeichneten Klavierspieler in der Folge versprechen zu können. Die ungemein schwierige Begleitung ging sehr präzise, welches jenen Pragern, die wissen, daß in Wien selbst unter Beethovens Leitung einmal gar ein arges Unglück damit geschah, immer ein angenehmes Gefühl mit Recht erweckt.

4. Duett von Farinelli. Obwohl lieblich, stand der leere italienische Kling-Klang doch sehr mager da unter der üppigen Fülle deutscher Harmonie. Herr Siebert schien sehr heiser zu sein, und Mad. Grünbaum konnte demdiesem Duett nicht allein den Beifall erringen.

5. Der erste Ton, Gedicht von Rochlitz mit Begleitung des Orchesters und Chors von C. M. v. Weber, würdig gesprochen von Herrn Wilhelmi. Schon bei dem ersten Hiersein des Herrn von Weber wurde diese Arbeit beifällig aufgenommen; er scheint bei Komposition dieses Gedichts dasselbe gleichsam dadurch etwas in Schatten gestellt zu haben, daß er es fast bloß als anregendes Mittel zur Schaffung großer Tonbilder brauchte. Glücklich scheint Ref. die Idee, daß, nachdem der Redner die Schöpfung und die heilbringenden Wirkungen des Tons ausgesprochen hat, nun der Chor als Repräsentant der versammelten Menge in das Lob desselben ausbricht und, in einer kräftigen Fuge das Ganze beschließt. Die Ausführung war tadellosAuch dieses Konzert besuchte Chotek und resümierte in seinem TB: Die Chinesische Overture war aber so sonderbar als künstlich ausgeführt, doch gefiel sie nicht und war auch für ein großes Publikum nicht geeignet. Die Arie von Weber war äußerst schwer, ordentliche Violonpaßagen für die Stimme […] Der erste Ton […] würde gesungen weit mehr Effekt gemacht haben als gesprochen, die Musik dabei war hübsch, oft sehr sonderbar, besonders die Einleitung […] Im Chor […] war eine sehr schöne Fuge.; vgl. Weberiana 19 (2009), S. 56..