WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Aufführungsbesprechung Prag: Konzerte von J. N. Hummel am 19. und 26. April 1816 Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter

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Besprechung von zwei Konzerten des J. N. Hummel in Prag; auf dem Programm überwiegend Werke Hummels; zweites Konzert verlief noch erfolgreicher als das erste Die beiden Hummel-Konzerte sind bei Kaiser, S. 88–91 getrennt aufgenommen; obwohl sie in derselben Zeitungs-Nr. enthalten sind; das Publikationsdatum ist bei Kaiser falsch mit Nr. 155 vom 3. Juni 1816 angegeben. Carl Maria von Weber Conzert-Musik zu Prag Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung 3 154 2. Juni 1816 615

D; Berlin; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung; Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (VI), Bl. 44b/r–44b/v

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Deutsch 14. Mai 1816 (laut A) Kontrolle und Kommentare ergänzt, Status erhöht mit Entwurf verglichen und Abweichungen als Apparat eingetragen Korrekturlesung Text eingefügt und ausgezeichnet mit Schriftenliste abgeglichen Initiale Transformation aus der Schriftenliste.xml (Ticket #813)
Conzert-Musik zu Prag.

Am 19. und 26. April erfreute uns Hr. Kapellmeister Hummel mit zwey musikalischen Akademien im k. k. Redouten-SaaleVgl. Webers TB-Einträge sowie die Anzeigen zu den beiden Konzerten.. Die erste enthielt:

1) Ouverture aus der Oper: Die Rückfahrt des KaisersSingspiel in einem Aufzug op. 69; UA im Juni 1814 in Wien (Theater an der Wien). Die Musik zum Werk ist verschollen, ein Textbuch von Emanuel Veith hat sich erhalten., von Hummel. Ein sehr lebendiges, galant und effektvoll geschriebenes Werk, und sehr gut exekutirt unter des Künstlers eigner Leitung.

2) Pianoforte-ConzertEvtl. Concertino G-Dur für Klavier und kleines Orchester op. 85 von 1816 = Bearbeitung des Mandolinenkonzertes G-Dur (1799), komp. und gespielt von Hummel, in welchem er den ausgezeichneten Ruf, der ihm vorangieng, auf das vollkommenste bewährte. Die Nettigkeit, Sicherheit und Rundung seines Spiels, die Ausdauer in den ermüdendsten fortgesetzten Figuren, und das außerordentlich glatte, elegante seines Vortrags erwarben ihm den rauschendsten Beyfall der zahlreich versammelten Menge. Das Conzert selbst gehört nicht zu den ausgezeichnetsten Arbeiten dieses Künstlers, und besonders ungern vermißte Ref. ein bedeutenderes Adagio.

3) Arie von Paer, gesungen von Mad. Grünbaum. Diese etwas lange und breite Szene wurde wie immer trefflich gesungen, und wir mußten blos die für den Sänger so nachtheilige Hitze für sie fürchten, die meist die Stimme etwas belegt.

4) Großes Septett für Pianoforte, komp. und gespielt von Hummel. Ohnstreitig eines der gelungensten Werke, auf das der Komponist viel Fleiß und Liebe verwendet zu haben scheint. Es enthält 5 Stücke, unter denen Ref. die Variationen und die Menuette die liebsten geworden sind; theils wegen der schönen Bearbeitung und Ausführung der Ideen, theils wegen schön verwebtem Ineinandergreifen der Instrumente. Das Trio der Menuette ist ungemein herzlich und ansprechend in seiner einfachen Horn-Melodie. Dieses treffliche Septett wurde nicht ganz gewürdigt, was nach einmaligem Anhören auch schwer vom großen Publikum zu verlangen ist, zumal als es für heute offenbar zu lang war, indem es aufs Allein Dastehen berechnet istJohann Nepomuk von Chotek äußerte sich in seinen Tagebüchern: […] das Septett sehr schön aber so schwer, daß er wohl wenig Praenumeranten auf deßen angekündigte Herausgabe erhalten wird, mir ist es aber weniger lieb als ähnlichen Compositionen von Mozart und Beethoven […] in Weberiana 19 (2009), S. 60..

Die Ausführung von Seiten unsrer braven Künstler Clement, Kutschera, Sellner, Janusch, Zalnžan und Hause war sehr gut, und vom Komponisten natürlich trefflich zu nennen.

5) Die Orakelglocke, von Tiedge und der Stein der Treue, von Bürger, gesprochen von Dem. Brandt. Zwey recht artige Kleinigkeiten und mit all der Herzlichkeit und Anmuth vorgetragen, die wir an dieser vielseitigen jungen Künstlerin so oft zu bewundern Gelegenheit haben.

6) Phantasirte Hr. Hummel allein auf dem Pianoforte. Hier entfaltete er erst ganz wie meisterhaft er Figuren aller Ard beherrscht, und wie sie ihm in ungestörter Folge in den verschiedensten Wendungen und Lager, zu denen ihn seine augenblickliche Laune führt, zu Gebote stehen. Man kann nicht präciser und reiner ein notirtes Tonstück spielen, als hier Hr. Hummel phantasirend alles ausführte; das Gediegene seines Spiels und gewisse ihm eigene kleine zarte Gesangsschweifungen entzückten allgemein. Seiner Ansicht zu Folge setzt er das Höchste im Pianofortespiel in das Passagenreiche und deutlich Vollendete, diesem weitere Vortheile der Natur des Instruments abzulocken und zu gewinnen, verschmäht er vielleicht allzusehr. Uebrigens können sich nebst vielen andern auch jene Klavierspieler, die immer die Dämpfung bey Läufen etc. in die Höhe heben, an ihm ein Beyspiel nehmen.

Ein Beyfall, wie ihn Ref. hier kaum noch gehört hat, belohnte verdient den trefflichen Künstler.

Das 2te Conzert Chotek besuchte dieses Konzert ebenfalls, vgl. Weberiana 19 (2009), S. 62. eröffnete die Ouverture zu dem Trauerspiel Marpha, von Hummel. Ein ernstes Tonstück mit kräftiger und gründlicher Ausführung.

2) An die EntfernteNr. 1 aus 5 Lieder op. 84Neidisch trennen Thal und Hügel, Romanze am Klavier von Hummel, gesungen von Mad. Grünbaum. Eine liebliche Kleinigkeit, und auch ebenso prunk- aber nicht schmucklos deshalb vorgetragen.

3) Pianoforte-Conzert, komp. und gespielt von Hummel, in dem sich alle seine schon bewährten Vorzüge abermals in ihrem schönsten Lichte zeigten.

4) Lo Sentinelle, gesungen von Hrn. Pohl, mit Variationen für Violine, Guitarre und Pianoforte, gespielt von Hrn. Clement, Sellner und Hummel. Ein angenehm erfundenes, und dem neuen Zeitgeschmack gemäß ausgeführtes Musikstück, das mit Vergnügen gehört wurde.

5) Phantasirten Hr Hummel und Hr. Clement frey ohne Vorbereitung, mit einander auf dem Pianoforte und der Violine. Ohne einen vorher einigermaßen abgeredeten Plane, der dem ohngeachtet der Phantasie der Spieler keine engen Schranken setzt, ist es eine mißliche Sache um eine solche Verein-Phantasie. Man muß seine Zuflucht zu lauter bekannten Melodien nehmen, und zuletzt wird das Ganze einem Pot-Pourri ähnlicher, als einer Phantasie. Dem Ideenstrome und der Harmoniefülle des Hrn. Hummel so zu folgen, daß alles als dazu gehörig und nicht wie ein ängstliches Einschieben und Eindrängen aussieht, ist beynahe unmöglich, besonders wenn auch nicht von beyden Theilen mit einer, gewissen Rücksicht nehmenden Schonung zu Werke gegangen wird. Die Sache hatte großes Interesse erregt, ob sie es auch zurückließ, will Ref. nicht entscheiden.

So viel ist gewiß, daß Hr. Hummel einer Aufnahme und Würdigung sich zu erfreuen hatte, wie sie vor ihm Wenigen zu Theil geworden ist. Das zweyte Conzert war womöglich noch voller als das erste, und somit hoffen wir, daß auch Er zufrieden, Böhmens Hauptstadt verlassen hat.