## Title: Über das mechanische Klavier des Leopold Sauer ## Author: Anonymus ## Version: 4.10.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031367 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Neue ErfindungenDer rühmlich bekannte Prager Mechanicus, Hr. Leopold Sauer, hat in diesem Augenblicke im Müllerschen Gebäude, nächst dem rothen Thurm, ein kunstreiches Fortepiano aufgestellt, das, als gelungenes Resultat eines zwanzigjährigen Fleißes, die Aufmerksamkeit aller Freunde der Tonkunst und Mechanik auf sich zieht. Es ist aus Mahagonyholz verfertigt, und stellt aufrechtstehend einen Tempel vor, der mit 20, aus Florentiner Marmor und vergoldeter Bronze bestehenden Säulen und Pilastern geziert ist. An der Vorderseite sieht man die von zwei Karyathiden getragene, 80 Töne umfassende Claviatur (sie fängt mit Contra C in der Tiefe an und reicht in der Höhe bis zum viermal gestrichenen G). Die Ausladungen der Gesimse sind sämmtlich von schwarzem Ebenholze und in der untern Abtheilung des Ganzen ist ein Flötenwerk aus Buxbaumholz von 44 Tönen angebracht. Doch so zierlich und reich die Außenseite seyn mag, so bilden doch die innern Vorzüge den Hauptwerth dieses Meisterstücks, das als ein wahrhafter Fortschritt in der Instrumental-Mechanik betrachtet werden kann. Der Künstler hat nämlich die unsichern Drathfäden der gewöhnlichen Fortepiano’s durch eigens gestählte und gekerpte Uhrfedern ersetzt, das Hammerwerk, ohne alle wandelbare Stefte, ganz aus Elfenbein verfertigt, statt der bisher üblichen Tuchunterlagen einen eigens erfundenen, bleibenden Stoff gebracht, und endlich bei dem Flöten werk den bisher allgemeinen Fehler des Windstoßes glücklich vermieden. Bereits im August v. J. ordnete die höchste Landesstelle zu Prag eine Gubernial-Commission zur Prüfung dieses Werkes an, wobei die vorzüglichsten Tonkünstler und Compositeurs von Prag Theil nahmen, welche dem Künstler folgendes ehrenvolle Zeugniß ausstellten: Die Endesgefertigten bezeugen hiermit, daß Vorzeiger dieses, Hr. Leopold Sauer, ein aufrechtstehendes Pianoforte mit Flötenwerk verfertigte, welches sowohl in Hinsicht der besonders schönen äußern Form als auch der innern, auf Leichtigkeit und Dauer auf eine neue Art eingerichtete Mechanik, und des reinen, vollen und starken Tones die Aufmerksamkeit eines jeden Kunstfreundes und Musikliebhabers in vollem Maaße verdient, und in jedem Betracht als ein vorzüglich gelungenes Kunstwerk anzusehen ist, dessen reeler Werth bei der am 12. Aug. d. J. auf Anordnung des hochlobl Guberniums deßhalb abgehaltenen Commission auf 500 Species-Ducaten geschätzt wurde. Prag, den 8. October 1814. () Joseph Roth mp. bürgerl. Orgelbauer. (L.S.) Jacob Weimes mp. bürgerl. Fortepianomacher. (L.S.) Joh. A. Wittasseck mp. Kapellmeister an der Domkirche. (L.S.) Vinc. Mascheck mp. Kapellmeister und Regens-Chori an der Hauptkirche zu St. Nicolaus. #lb#Dem Urtheil obiger Herren stimmt auf Verlangen bei Carl Maria v. Weber mp. Wenzl J. Tomascheck, Compositeur beim Hrn. Georg Grafen von Buquoy. Auch hier hat Hr. Sauer von den Compositeurs und Musikfreunden bereits reichen Beifall eingeerntet. Möge er so glücklich seyn, bald einen würdigen Kunstfreund zu finden, der ihn für seinen Fleiß und seine Erfindsamkeit nach Würden lohne und ihn auf diese Weise Gelegenheit zu weitern Unternehmungen verschaffe!