## Title: Über Leppichs Panmelodicon (Teil 1/2) ## Author: Gottfried Weber ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A030730 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Leppich’s Panmelodicon. *)*) Zwar enthält das jüngste Blatt der Leipziger musikalischen Zeitung schon einen Aufsatz über eben diesen Gegenstand; allein die Tendenz desselben hat mit der der gegenwärtigen Abhandlung eben so wenig gemein, als das Urtheil eines Geometers über eine Landschaft von Claude Lorrain mit dem eines Malers über denselben Gegenstand gemein haben würde. Jener Aufsatz behandelt die Sache eigentlich blos von der mechanischen, dieser von der akustischen und musikalischen Seite. Jener beurtheilt das Instrument als Maschine, dieser als ein physikalisches Experiment und als musikalisches Instrument: jeder hat also sein eigenes von dem andern unabhängiges Interesse. Anmerkung der Redaktion. Herr Leppich, Erfinder dieses neuen musikalischen Instrumentes, gab, vereint mit dem bekannten Clavier-Virtuosen Creuzer, am 7. Januar 1811 zu Mannheim ein Konzert. Er zeichnet sich vor so manchen andern Künstlern, welche mit neuerfundenen Tasten-Instrumenten Europa durchziehen, schon dadurch sehr zu seinem Vortheile aus, daß er die ganze innere Einrichtung seines Instrumentes nicht nur nicht geheim hält, sondern dieselbe sogar mit der größten Bereitwilligkeit einem jeden bis auf die kleinsten Details erklärt und vorzeigt; ein Benehmen, welches wenigstens weit edler, und mehr eines Künstlers ist, als die Geheimnißkrämerei mancher seiner Kollegen. Das ganze, einfach aber geschmackvoll dekorirte Instrument hat, nach meinem Augenmaße, etwa 4 Fuß Breite, 4 Fuß Höhe und 2 Fuß Tiefe, und ist vorne mit einer gewöhnlichen Orgel- oder Clavier-Tastatur versehen. Die innere Einrichtung ist höchst einfach, und im Wesentlichen folgende: In einen massiven Block oder Balken ist eine Reihe massiver Metallstäbe von verschiedener Länge senkrecht eingeschlagen, deren oberes Ende sich in einem rechten Winkel gegen eine messingne sehr glatt abgedrehete konische Walze **)**) Kegelförmigen Zylinder nennt es die Allgemeine musikalische Zeitung Nro. 8 dieses Jahrgangs! hinneigt, ohne sie jedoch ganz zu berühren. Durch den Druck des Fingers auf die Taste wird der mit dieser korrespondirende Metallstab vollends bis an die Walze beigezogen, und mit ihr in Berührung gesetzt, doch nicht unmittelbar, indem zwischen die Walze und den Stab kleine Lamellen von Leder und Sammt eingeschoben sind. Der an die Walze angedrückte Metallstab wird durch die Anlehnung und Reibung an die sich drehende Walze in Schwingung gesetzt, und gibt, so lange die Anlehnung an die Walze währt, den seiner Länge angemessenen höhern oder tiefern Ton an, und zwar stärker oder schwächer, je nach der größern oder geringern Kraft, mit welcher er an die reibende Walze angedrückt wird. Ein Schwungrad, welches mit den Füßen regiert wird, erleichtert und unterhält die Rotation der Walze. Das Instrument möchte vorzüglich in physikalisch und acustischer Hinsicht Aufmerksamkeit verdienen, um einiger Anomalien willen, durch welche die Art der Tonerzeugung sich von den bisher anerkannten Grundsätzen zu unterscheiden scheint. Es hat fürs erste keinen Resonanzboden, die Metallstäbe sind, wie ich schon erwähnte, in ein massives Stück Holz eingeschlagen. Herr Leppich versichert, durch Versuche sich überzeugt zu haben, daß ein Resonanzboden dem Tone nicht nur nicht nütze, sondern sogar schade. – Die Stäbe klingen ferner ungehindert auch dann fort, wenn man sie mit der Hand derb berührt. Ich habe sie sogar ganz nahe an dem obersten freien, dem ganzen übrigen Stabe die Schwingung mittheilenden Ende, zwischen zwei Fingern möglichst fest zu halten versucht, ohne das Fortklingen unterdrücken zu können, da doch jede Darm- oder Metallsaite und jede metallene oder gläserne Glocke durch Berührung mit dem Finger augenblicklich gedämpft wird. Herr Leppich schließt daraus, daß sein Ton nach ganz eignen von allem bisher Bekannten abweichenden Prinzipien erzeugt werde, und daß in seinem Instrumente gar kein klingender Körper in dem bisher angenommenen Sinne vorhanden sey. Er hat, so erzählt er, um sich hiervon zu überzeugen, ein Instrument gebaut, dessen Walze von Wachs, die die Stäbe aber von Talg ***)***) Er sagte bestimmt Talg nicht Talk, wie es die Allgem. Musikal. Zeit. am Ende des angeführten Blattes lieber verstanden wissen möchte. und auf einem Blocke von Korkholz befestigt waren; und dieses aus gänzlich unelastischen und nach den bisherigen Erfahrungen zu Hervorbringung eines Klanges ganz unfähigen Körpern gebildete Instrument habe einen noch schönern Ton gegeben, als das gegenwärtige. Das alles ist nun freilich schwer zu vereinigen mit dem Umstande, daß die Vibration der Metallstäbe doch durch Berührung deutlich gefühlt werden kann, und die Höhe oder Tiefe des Tones sich nach der Kürze oder Länge der Stäbe bestimmt, was alles doch den Metallstab als den eigentlich tönenden Körper ziemlich unzweideutig karakterisirt. Auf jeden Fall wäre es zu wünschen, daß an den Orten, wo künftig dieses Instrument gezeigt werden wird, gewandte Physiker dasselbe noch näher als mir zu thun möglich war, untersuchen, und die Art der dabei stattfindenden Tonerzeugung aufklären möchten. Herrn Leppichs eigne Erklärungen befriedigen wenig. der Beschluß folgt