## Title: Max Maria von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Dresden, Montag, 8. Januar 1849 ## Author: Weber, Max Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A046335 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ […] Die Ehren, die Wilhelm widerfahren und die ihn gewiß sehr freuen, freuen in seiner Seele auch mich, obwohl ich für mich selbst ihrer nicht froh werden würde. Seine „Germania“ gefällt mir sehr wohl; sie ist ernst und würdig gehalten, ohne düster zu sein. Das Lied ist eine Euryanthe im kleinen. Wilhelm hat hier, wie mein Vater dort, Erstaunliches aus einem höchst mittelmäßigen Texte gemacht. Die Launen der Musiker fallen wunderlich; es ist, als ob sie sich größtenteils tote Körper von Gedichten aussuchten, um ihnen dann Odem und Seele einzublasen. Strachwitz gibt nur Worte, nichts als Worte und oftmals wunderliche, wie z. B. „septembrisieren“. Doch darüber ist mit einem Komponisten nicht zu rechten, der ja seine Töne überall in die Worte hineingelegt und so Musik findet, wo andere einen hohlen Klang vernehmen. […] Die Freude, die Sie beide an Ihren Kindern zu erleben alle Hoffnung haben, fühle ich lebendig mit. Ihre Schilderung von Reinharts Wesenheit deutet klar an, daß er in die Jetztzeit paßt, wo bloß das kecke Herausgehn, das mächtigste Selbstvertrauen imstande ist, die Kränze zu erwerben, die in stillen Friedenszeiten durch emsigen Fleiß und maßloses Schaffen des geheimnisvoll wirkenden Genius errungen wurden. Welcher von beiden Pfaden zum Ziel der bessere sei, läßt sich nicht entscheiden. Ist der erstere tüchtiger und rascher, so gewährt der zweite untrüglichere und dauernde Resultate […] Aber das allein macht den Mann, daß er überall weiß, was er tut und im Reinen ist mit seinen Zwecken und Begriffen. Wenn ihre Jungen ordentlich denken lernen, so haben sie alles, was sie brauchen; denn von Vater und Mutter haben sie gewiß an Gefühl so viel im Herzblute, daß sie dazu keine neuen Schätze zu sammeln brauchen. Deshalb ist mir auch um Max nicht bange. Er wird zeitig genug dahinter kommen, dass in den Büchern wenig, desto mehr aber im eigenen Geist geschrieben steht, und daß man, wenn man den nur tüchtig lichtet und zu Zeiten die Phantasie ganz aus ihm hinausfuchtelt, damit die beste Basis für alles Sein und Werden hier wie dort gelegt sei! […]