Wohlgeborner Herr.
Höchstzuverehrender Herr Geheimer CabinettsSecretair!
Ein erhaltener Urlaub für die lezten 3 Monate dieses Jahres, den ich zu einer Reise nach Berlin und zum Besuch einiger Theater des nördlichen Deutschlands zu benutzen denke, führt mich gegen die Mitte des Octobers durch Darmstadt. Unausprechlich beglückt würde ich mich fühlen, wenn die Gnade Sr Königlichen Hoheit des Großherzogs mich würdigte, in dem Tempel, den Höchstdieselben den dramatischen Musen geweiht, als Gast erscheinen zu dürfen. Die vielen Beweise unschäzbaren Wohlwollens, welche ich von Ew. Wohlgeboren ausgezeichneter Güte empfangen, machen mich so dreist bey Denenselben anzufragen, ob es zu wagen sey Sr Könglichen Hoheit meinen Wunsch vorzutragen. In diesem glücklichen Falle, wird Ew. Wohlgeboren vielvermögendes Vorwort, welches mich der Gnade des Huldreichsten Fürsten empföhle, am sichersten das ersehnte Ziel herbey führen, und im Vertrauen auf die anerkannte Milde Ihres Charakters, und auf den Schutz, den Sie als Kenner der Kunst, so gern ihren Sängern angedeihen lassen, wage ich es dieselben gehorsamst darum zu bitten.
– Zugleich bin ich so frey eine kleine praktische Arbeit, die ich so eben vollendet habe, die einigen geistreichen Männern hieselbst gelungen geschienen und die der Tonkünstler C. Maria v. Weber in Musik zu setzen und ins große Publikum zu bringen unternommen hat, Ew: Wohlgeboren competentem Urtheil zu unterwerfen. Mit großer Aengstlichkeit denke ich daran, daß diese Arbeit, die sich an einen so erhabenen Gegenstand gewagt hat, öffentlich bekannt werden soll, und indem ich sie dem feinsinnigsten Kenner des Schönen vor Augen lege, scheine ich mir einem verzweifelnden Spieler zu gleichen, der entweder alles gewinnen oder alles verlieren will. bei einer einstigen Aufführung ist weniger zu wagen, weil da das Gedicht in dem verschönernden Gewand der Musik, wie mit einem Venusgürtel erscheinen wird und Carl Maria ist ein bekannter guter Weber; wie sichs aber ohne seine Drapperien ausnimmt, das wünsche und – fürchte ich fast von Ew. Wohlgeboren zu hören.
Noch bauzevermutlich durchpausen gemeint ich ein Blättchen mit einem kleinen Verzeichniß von Rollen, aus denen, in dem erfreulichen Falle der gnädigsten Gewährung meines Wunsches, zu wählen ist, hier bey. Dero Schutz und fortdauerndem Wohlwollen mich ehrerbietigst empfehlend, bitte ich die Versicherung der höchsten Achtung zu genehmigen, mich welcher ich mich glücklich schätze zu seyn
Ew. Wohlgeboren
dankbarster und gehorsamster Diener
GWohlbrück.
München den 22t August
1815.
Beilage 2: Text zu "Kampf und Sieg" JV 170
Kampf und Sieg
Cantate
zur Feyer der Vernichtung des Feindes
Im Jahre 1815.
Völker Chor.
Reißt wieder sich die Zwietracht los
Und störet Gottes Frieden?
Noch nicht genug des Blutes fluß
Vom Norden bis zum Süden?
Du hast aus deinen Himmelshöh'n
Der Völker Qual und Kampf gesehn
O Herr! Ist nicht genug geschehn?
Für Fried und Freyheit floß das Blut,
Du schenktest Sieg dem frommen Muth,
Und wieder droht der Hölle Wuth
Recitatif.
Der Glaube.
Völker! Verzaget nicht
Zweifelt, und klaget nicht:
Wasnicht genug geschehn
Muß zur Vollendung gehn.
Bäumet des Bösen Macht
Sich aus dem Reich der Nacht
Gegen das Licht
Glaubet: Sie bricht.
Drey Stimmen.
Glaube. Liebe Hoffnung
Brüderlich, Hand in Hand,
Von edlem Zorn entbrannt
Walten die Herrscher der Erde.
Eintracht ist Siegespfand
Gott ist euch zugewand,
Spricht zu den Guten: es werde
Krieger Chor.
Wohlauf! Wohlan! das Schwerdt gezückt
Fest Mann an Mann geschloßen!
Die Hyder in den Staub gedrückt
Von wannen sie entsproßen
Horcht! ... das war Freundes Jubelklnag
Naht über Berg' und Thal entlang
Aus Welschland tönet Siegsgesang.
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es naht der Feind in wilder Wuth
Wähnt uns noch nicht gerüstet
Ha! Wie es ihn nach unserm Blut
Nach unrer Freyheit lüstet!
Wie fletschet er den Schlangenzahn!
Verzweiflung treibt ihn wüthend an
Mit Gott sey unser Werk gethan.
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Aus der Ferne tönt ein kecker verwegener Marsch des Feindes
Während deßelben singen die Krieger aus Th. Körners Gebet:
Wie auch die Hölle braust
Gott! deine starke Faust
Stürzet das Gebäude der Lüge
Führ' uns Herr Zebaoth
Führ' uns dreyeinger Gott
Führ' uns zum Kampf und zum Siege.
Wüthender Angriff des Feindes. Schlacht. Heißer Kampf.
Noth der Krieger. Uebermuth des Feindes. Dazwischen:
Ausruf der Krieger.
Des Feindes Spott! Verläßt uns Gott
O Höllengraun! Die dir vertraun!
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Des Feindes Hohn nimmt überhand – Hörnerschall, erst
aus der Ferne, dann immer näher.
Die Krieger.
Ha! Welch ein Klang!
Auf Windes Flügeln
Sprengt's von den Hügeln
Die Flur entlang
Die Fahnen wallen
Die Hörner schallen;
O Himmelslust in Todesdrang:
Das ist Freundes muthiger Schlachtengesang!
Dumpfes Brausen der Schlacht, bis zu einer Pause erlöschend
dann erneut sich plötzlich der Kampf mit dem
Krieger Chor.
Den Kampf erneut Wie er auch dräut
Gegen den Feind! Wir sind vereint
Trefft ihn wie Hagelschlag WachseVerderben!
Glühende Ballen! Heut muß er sterben;
Heut sey sein lezter Tag Die Rachegötter
Heut muß er fallen Singen dem Spötter
Grimmig wie Feuersgluth ein Todeslied
Schnell wie des Bergstroms Fluth Schadest nicht länger
Fällt seine Glieder! Nur enger und enger
Stellt er sie wieder: undrängt den Dränger.
Nieder, nur nieder! Hurrah! Er flieht!
Hurrah! durch dunkle Nacht
Muthig das Werk vollbracht
Setzt an den versprengten, flüchten Troß
Den lezten Hauch von Mann und Roß.
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Stille nach dem Siegeskampf. –
Recitatif.
Der Glaube.
Söhne des Ruhms!
Die aus den Wehn der Schlacht
Blutend der Sieg gebracht,
Nicht auf die Wunden hin,
Blickt auf den Hochgewinn
Wie die Gebärerin
lächelnd das Weh verschmerzt
Wenn sie ihr Kindlein herzt
Heilig Vollendete!
Die ihr das Leben
In feurigem Streben
Dem Glück der Menschheit dahin gegeben,
Mitwelt und Nachwelt, Nahe und Ferne
Blicken auf euch als auf leuchtende Sterne
Preisen euch als der Jahrhunderte Glanz
Wo ewiger Friede ist
Wo keine Thräne fließt
Sich jede Wunde schließt
dort, in der Unsterblichkeit ewigen Hallen,
Wo Herrmann und Alfred, die Siegenden, wallen,
Winkt euch die Palme, lohnt euch der Kranz.
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Drey Stimmen.
Glaube. Liebe. Hoffnung.
Des Herren Werk ist
Wo auch nur zwey im festen Bund
Vereint sind mir zu dienen
Da bin ich unter ihnen. [*](#fn01)*) Math. 18 v. 20
Die ihr der Unterdrücker Macht
Zu fällen, ausgezogen,
Seht ihr in Himmelsfarbenpracht
Des alten Bundes Bogen? [**](#fn02)** Man sah während der Schlacht bey la belle alliance einen Regenbogen am Himmel
Ihr hab des Herren Hand gesehn
Ihr mußtet wohl im Kampf bestehn.
Es mußten in's Verderben gehn
Die zum Verderben kamen.
In Eintracht ward der Sieg vollbracht,
Das ist der Tag den Gott gemacht,
Das ist des schönen
Bundes Schlacht:
preißt Völker, Gottes Namen!
Völker Chor.
Herr Gott! dich loben wir
Ewiger Urquell des Guten!
Nimmer verlöschen im Menschengeschlecht
Die gefühle für Wahrheit und Recht:
Deines Odems heilige Gluthen
Herr Gott! wir danken dir
Du hast des Unrechts Macht gefällt
Daß wir auf den geweihten Altären
Ewig die heiligen Gluthen ernähren:
Gieb und erhalte den Frieden der Welt.
Gottfried Wohlbrück.