## Title: Wilhelm Assmann an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Königsberg, Sonntag, 19. Juni 1881 ## Author: Assmann, Wilhelm ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A044336 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Königsberg den 19 Juni 1881. Ew Hochwolgeboren beschämen mich in der That durch die so überaus freundliche Aufnahme der wenigen Freischütz notizen, die ich Ihnen zu geben im Stande gewesen bin. Umso mehr beeile ich mich, Ihrem jetzt geäusserten Wunsche, soweit ich es vermag, zu entsprechen. Daß die erste Aufführung gedachter Oper im Frühling des Jahres 1822 hieselbst stattgefunden, glaube ich mit Bestimmtheit angeben zu können. Meine Erinnerungen nach Verfluss von fast 60 Jahren knüpfen sich an den Umstand, daß ich der ersten Aufführung des Freischütz als candidatus juris beiwohnte. Am 22sten Mai 1822 bestand ich mein Auscultatorexamen, und so kann die erste Aufführung des Freischütz nur am Ende März oder Anfangs oder Mitte oder Ende April – denn es war draussen noch gar nicht | mailich – stattgefunden haben. Indessen – errare humanum! – Daß der Freischütz sehr vielemal hintereinander gegeben wurde, wenn auch nicht gerade an jedem Theaterabend, ist mir genau erinnerlich. u ja auch notorisch. Späterhin wird er, wenn auch noch sehr ofr, doch nicht gerade jeden Opernabend gegeben worden sein. Dabei ist aber wol zu berücksichtigen, daß die Königsberger Theatergesellschaft alljährlich von Juni bis zum 1sten September Königsberg verläßt und in anderen Städten spielt, und so wird dies wol auch im Jahr 1822 der Fall gewesen sein, so daß hier noch eine Anzahl von Freischützvorstellungen, welche in diesen drei Monaten hätte stattfinden können, wegfällt. Auf den Tag der ersten Aufführung mich zu besinnen ist mir ganz unmöglich. Musikdirektor an hiesiger Bühne war damals, wie ich bestimmt mich erinnere, der jüngere Sohn des Theaterdirektor Huray, Bruder des ersten Tenor Clemens Hu | ray, welcher den Max gab. Da besagter jüngerer Huray aber seltsamer Weise auch Opernsänger (Bariton) war, – ich habe ihn mehremal den Don Juan spielen gesehen – so mußte natürlich, wenn er spielte, ein Anderer dirigiren. Wer das aber gewesen ist, habe ich nie gewußt. Möglich, daß es schon damals Edmund von Weber gewesen; daß derselbe im Jahr 1824 erster Capellmeister hieselbst gewesen will ich und kann ich nicht bestreiten, da ich in diesem Jahre von Königsberg abwesend gewesen bin. Noch will ich in Bezug auf die erste Besetzung der Oper hinzufügen, daß der Samiel höchst wahrscheinlich von Lanz, Vater der Agathe Lanz, wird gegeben worden sein, indem dieser für das Fach der Bösewichter sowol für Oper als auch, rezitirendes Schauspiel, engagirt war. Auf die Huraysche Gesellschaft folgte die Schrödersche. Wann? weiß ich nicht mehr. Nur das ist mir | erinnerlich, daß sie im Jahr 1827 schon bestand. Wer zur Zeit der Schröderschen Gesellschaft, wenigstens in den ersten Jahren derselben Musikdirector war, weiß ich nicht mehr. In der letzten Zeit dieser Gesellschaft, welche nachmals Bankerot machte, war ein Herr Keller Musikdirector. Vor demselben mag es – schon bei Schröder – H v Weber gewesen sein. – Ein Mehres, hochverehrter Herr Professor, vermag ich beim besten Willen und bei aller Anstrengung meines Erinnerungsvermögens, nicht zu geben! Bei meinem bald 80jährigen Alter und meiner Kränklichkeit, die mir schon seit langem das Zimmer zu hüten befiehlt und bei dem Mangel an Zeitgenossen, – sie alle deckt der Grabeshügel – bei welchen ich vielleicht Erkundigungen einziehen könnte – das jetzige Theater ist mir seit mehren Jahren fremd und auch jetzt nicht anwesend – ist mir etwas Näheres in Erfahrung zu bringen unmöglich. Soweit empfehle ich mich Ihrem freundlichen Andenken und gebe mir die Ehre, mit vollkommenster Hochachtung mich zu zeichnen als Ew Hochwolgeboren ganz ergebenster Assmann.