## Title: Georg Goltermann an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Frankfurt/Main, Freitag, 16. Oktober 1868 ## Author: Goltermann, Georg Eduard ## Version: 4.13.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A043319 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Frankfurt a/M 16 Octbr. 68 Mein verehrter Freund! Herzlichen Dank für Ihren lieben Brief, der mir auf’s neue bewiesen, dass Sie mich und meine Familie nicht vergessen haben. Kann ich auch nicht in gleicher Weise meinen Gefühlen Worte verleihen, so seien Sie doch fest überzeugt, da ich Ihre Freundschaft hoch zu schätzen weiß, und mich jedes Mal innig freue, wenn ich von Ihnen einen Brief erhalte. Politik hat allerdings Nichts mit der Kunst zu schaffen, und deßhalb treibe ich auch wenig Politik. Hätte unsrer früherer kleiner Freistaat weniger Politik getrieben – es wäre ihm gewiß manches Unangenehme und Harte erspart geblieben. Da haben Sie mein Glaubensbekenntniß! Doch zu etwas Anderem. Wenn ich erst heute Ihren Brief beantworte, so hat dies seinen Grund in den vielen Amtsgeschäften, die mir im Laufe dieser Woche oblagen. Am Mittwoch den 14t habe ich Auber’s Glückstag zum 1sten Male zur Aufführung gebracht, und da hatte ich mit den Proben sehr viel zu thun. Heute ist ein ruhiger Tag für | mich, und da sind Sie der erste, an den ich einige Zeilen richten will. Leider kann ich Ihnen diesmal nicht dienen, wie ich es gerne möchte. In den Einlagen der Oper Helene befindet sich nur der deutsche Text. Was nun die fehlenden Blätter zur Oper Schmoll betrifft, so besitzt mein College Lachner dieselben nicht, – für Sie eine gewiß schmerzliche Lücke. Ich hoffe, daß Sie mir bald Gelegenheit geben werden, Ihnen besser dienen zu können als heute. – Die mir aufgetragenen Grüße an meine Familie soll ich auf das Herzlichste erwiedern, noch besser wäre es, wenn Sie uns einmal wieder Gelegenheit geben würden, Sie hier persönlich begrüßen zu können; ein Wunsch von mir, dem sich meine Frau auf das wärmste anschließt. Für die mir übersandten Compositionen sage ich meinen Dank, und werde ich dieselben in diesen Tagen mit großem Interesse mir vorführen. Und schließlich noch die freundschaftlichsten Grüße von Haus zu Haus von Ihrem stets ergebenen Georg Goltermann