Ludwig von Poißl an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
München, Dienstag, 30. Juli 1867

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Sehr geehrter Herr!

Betreffs Ihres Wunsches habe ich gestern noch mit meiner Mutter* Rücksprache genommen, ich muß aber zu meinem größten Bedauern Ihnen nachstehende Eröffnung machen.

Nach dem Tode meines Vaters ließ meine Mutter nach Durchsuchung aller Papiere, und sich noch der Worte erinnernd, daß die Manuscripte seiner Werke sich im Besitze deren Käufer befänden, die in den Kästen liegenden Noten nur Bruchstücke von Concepten seien, diese angehäuften Papiermassen mit vielfachen Effecten der Versteigerung übergeben. Wie ich Ihnen berichtete, fanden sich in den Papieren keine Briefe von Carl M. v. Weber vor. Da nun Werke meines Vaters im Besitze der „Musikalischen Akademie“, des Hoftheaters, der Staatsbibliothek sind, so glaube ich, daß vielleicht unter denselben Ihnen Wünschenswerthes vorkommen möchte. |

Sie haben gestern des Herrn Bärmann senior Erwähnung gethan; dessen Sohn, der hier engagirte Klarinettenvirtuose Herr Carl Bärmann ist ein Schüler meines Vaters gewesen; er möchte Ihnen, wie vielleicht auch der Hofmusiker Herr Carl Hieber senior /: Violist :/* manche interessante Auskunft über meines Vaters Beziehungen zu großen Tondichtern geben können.

Mein Schwager Tiez, dessen letzter Brief /: er ist sehr karg mit schreiben :/ aus Dresden stammt, in dessen nächster Umgebung er die Villa Sophia besitzt, wird wol in Manches eingeweiht sein, was mir völliges Geheimniß blieb, ihm aber bei seinen schriftstellerischen Arbeiten wissenswerth war.

Indem ich daher nochmals mein größtes Bedauern ausspreche, zeichne ich hochachtungsvoll

Ihr
ergebenster
L. Bar: v. Poissl

Apparat

Zusammenfassung

teilt mit, dass alle Manuskripte seines Vaters versteigert worden seien und dass sich darunter keine Briefe Webers befanden; weist auf Baermann und Hieber hin, die Auskunft über Poißls Beziehungen zu großen Musikern geben könnten, vielleicht auch sein Schwager Tiez, der bei Dresden die Villa Sophia besitzt

Incipit

Betreffs Ihres Wunsches habe ich gestern

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 515

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (2 b. S. o. Adr.)
    • auf dem sonst leeren Bl. 2v von F. W. Jähns ergänzt: „Baron vonPoissl. in München. 30. Juli | 1867.“

    Einzelstellenerläuterung

    • „… gestern noch mit meiner Mutter“Catharina von Poißl, geb. von Weinbach (1798–1873).
    • „… Hieber senior /: Violist :/“Die Hofmusiker Carl Hieber (gest. 1894, Violinist und Bratschist) und Michael Hieber (ca. 1813–1887, Violinist und Tenor) waren zu jung, um sich noch an Webers Münchner Aufenthalte (zuletzt 1815) zu erinnern.

      XML

      Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
      so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.