WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Über die Auseinandersetzungen Webers innerhalb der Presse um Meyerbeers <q>Alimelek</q> und <q>Emma di Resburgo</q> Anonymus Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Solveig Schreiter

Version 4.9.1 vom 5. Februar 2024

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Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe
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Anonymus Literarischer Kriegs-Courier. No. 6 Originalien aus dem Gebiete der Wahrheit, Kunst, Laune und Phantasie Lotz, Georg Hamburg 4 63 24. Mai 1820 505-507 Fraktur

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In Dresden hat ein kleines Corps sich zusammengezogen, um die beliebte Abendzeitung zur Abtretung eines mäßigen Landstrichs mit einer unbestimmten Anzahl lesender Seelen zu nöthigen. Name des Corps: Literarischer Merkur, Commandant: Philippi (noch zur Zeit in der Kriegsgeschichte wenig bekannt), Armee-Intendant: Hilscher. In der ersten Nummer schildert Herr Philippi die vornehmthuende Protection der Mittelmäßigkeit, das literarische Coterie-Wesen und das theegesellschaftliche Manus manum lavat der sogenannten zahmen Conversationsblätter, und man glaubt wirklich, in dem Herrn, welcher in dem ästhetischen Garten chapeau-bas herumgeht und Komplimente macht dem Nachbar rechts und dem Gevatter links, und mit dem Kopfe vorn, mit den Füßen hinten, mehr als Einen Kunstrichter der Abendzeitung zu erkennen. Doch wurde da noch niemand genannt. Aber schon im Februar fielen die ersten, ungezweifelt der Abendzeitung geltenden Schüsse des Merkur, und trafen den Herrn Kapellmeister Maria von Weber, welcher in No. 17. u. 18. (der A. Z.) dem Publikum die Oper des jungen und reichen, israelischen Componisten Meyer Beer, Emma von Roxburg, und desselben angebliches Meisterwerk, die Oper Alimelek, im Voraus zur Ungebühr angepriesen haben sollte. (S. Lit. Merk. No. 13.) Herr M. v. W. hat in No. 14. sich weitläufig vertheidiget, und zwar unartig, indem er gleich über pasquillantenhafte Persönlichkeiten schrie, die wir nicht haben entdecken können, da der Aufsatz gegen ihn bloß seine Versuche anging, als Directeur der Dresdener Oper eine öffentliche, kritische Stimme in der A. Z. in Betreff der von ihm dirigirten Opern zu führen, und damit den Geschmack des Publikums zu lenken. Das scheint uns wirklich nicht recht zu passen; auch giebt er in seiner Vertheidigungsschrift einige Blößen. In der angez. Nr. letzte Sp. bekennt er unumwunden, es habe ihm schmerzlich wehe gethan, daß Herr Meyer Beer die Emma so (so rossinisch?) componirt habe; (und doch hat er sie öffentlich gepriesen? ei, ei!) und im Extrablatt Sp. 2. gesteht er ein, daß die Oper Alimelek schon unter zwei anderen Titeln (die zwei Califen, und Wirth und Gast) an zwei anderen Orten (in Wien und Stuttgard) durchgefallen sey. Das beweist freilich nichts wider den möglichen Werth der Oper, aber doch etwas gegen den Autor: denn eben weil eine Oper in Wien und Stuttgard durchfallen und doch gut seyn kann, muß der Autor den Titel nicht ändern, um das Publikum in Dresden zu überreden, daß es eine andere sey. Das sieht nach israelitischer Handelspraxis aus, die freilich auch häufig von der lieben Christenheit getrieben wird. Der anonyme Offizier des Lit. Merk. hatte sich übrigens dem Herrn von Weber zu einer mündlichen Discussion der Gründe (für und wider die fraglichen Opern) anerboten; aber der Herr Kapellmeister fertigen ihn diesfalls mit dem (nachher auch in der Abendz. von einem andern Mitarbeiter besonders herausgehobenen) Wortwitze ab: Da ich weiß, wie er einsieht, bin ich gar nicht begierig zu wissen, wie er aussiehtFriedrich Kind zitiert Webers Wortwitz in Teil 4 seines Aufsatzes Fragen und Rügen; vgl. Abend-Zeitung Nr. 57 (8. März 1820).. Warum denn nicht? Es wär' immer besser gewesen, der Herr v. W. hätte dem Gegner in's Auge gesehen, ehe er so gegen ihn geschrieben. Das konnte keinen besseren Erfolg haben, als den, daß der Herr K. Mstr. (im Int. Bl. der Eleganten No. 5 v. 28. März) mit seinem Wortwitze dahin abgefertigt wurde: Wir wußten zum Voraus, wie der Herr C. M. v. W. einsieht und aussieht, und scheuen sein Ansehen nicht, u. s. w.

Was übrigens die Opern von Meyer Beer anlangt; so vernehmen wir aus Berlin, daß auch dort um die Emma von Roxburg Krieg ausgebrochen istIn Berlin gab es nur drei Aufführungen der Oper (11. und 22. Februar sowie 23. April 1820), dann verschwand sie vom Spielplan.; vgl. AmZ, Bd. 22 (1820), Sp. 183 sowie Meyerbeer-Briefausgabe, Bd. I, S. 412–417., und zwar eine Art von Religionskrieg, indem im Theater ein jüdisches Klatschen und ein christliches Zischen zu hören gewesen seyn soll. Auch hat christlicher Seits der Spenersche Opernrecensent auf dieses Beer'sche Musikwerk mit Kartätschen gefeuertBerlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, 1820, Nr. 50 (25. April) und Nr. 51 (27. April), gezeichnet O. Resultat: Herr Meyer Beer aber kann nichts Besseres thun, um seine deutsche Künstlerehre rein zu waschen, als, wo möglich, statt solcher Alfanzereien bald eine wirkliche Oper zu schreiben. Das wollen wir hoffen und ihm dann diesen Baaldienst verzeihn! In Nr. 61 (20. Mai) wurde (wohl als Reaktion auf den Verriss des eigenen Kritikers) die sehr positive Stellungnahme zur Münchner Erstaufführung der Oper (8. Mai 1820) aus der Münchner Politischen Zeitung Nr. 111 (10. Mai 1820), S. 549f. zitiert, die ihrerseits auf die Berliner Rezension Bezug nimmt. , und Hoffmann (der Componist der Undine, Verf. des Kater MurrLebens-Ansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern ist ein satirischer Roman von E.T.A. Hoffmann in 2 Bänden (1819 und 1821). u. s. f.) hat gegen das Gerücht protestirt, daß er es gewesen sey. Wir unserer Seits haben zwar weder die Emma, noch den Alimelek, noch sonst etwas von Herrn Meyer Beer gehört, ja nicht einmal die Tragödie Clytemnestra von seinem Bruder, die jüngst in Berlin aufgeführt worden ist; aber wir finden alle diese ästhetischen Productionen schön, weil wir hören, daß Herr Beer, einer der allerreichsten Israeliten in Berlin, und sehr generös gegen die Theaterdirecteurs, Regisseurs, Kapellmeister, Musiker, Sänger, Schauspieler und – Theaterrecensenten ist.